Essen als Selbstbestrafung?

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  • Ich bin ziemlich therapieerfahren, d.h. ich habe schon einige Therapeuten hinter mir. Ich lese phasenweise auch viel Fachliteratur zum Thema Essen/Depression/Eßstörung, etc. Relativ oft, auch in der jetztigen Verhaltenstherapie, komme ich mit dieser Aussage in Berührung: [B]"Ich esse, um mich zu bestrafen"[/B] Bisher habe ich das immer zur Kenntnis genommen und abgehakt, denn wie kann man sich mit so etwas "Schönem" und "Angenehmen" bestrafen? Aber so langsam komme ich doch auf den Trichter, das was Wahres in der Aussage steckt. Z.B heute morgen habe ich mich gewogen, hatte mehr wie angenommen und -schwupps- hatte ich drei Muffins verdrückt. Quasi im Vorbeigehen. Zusätzlich zum Frühstück. War das nun Frust oder Selbstbestrafung? Spontan ordne ich es als Frust ein, aber einen Schritt tiefer hat mein Kritiker schon wieder gebrüllt, was ich doch für eine zügellose schlimme Loserin bin. Also - so verstehe ich es - ich esse zu viel - fühle mich sch... - habe mich selbst "bestraft". (weil ich unterbewusst wusste, das ich mich dann schlecht fühle). :confused:
  • Ich esse, um mich zu bestrafen gehört in den Bereich "selbstverletzendes/selbstschjädigendes Verhalten". Menschen, die das machen, essen bis ihnen schlecht wird oder der Bauch weh tut oder sie essen Dinge, die sie hassen. Mit drei Muffins bist Du da nicht dabei! Ich glaube eher, Du hast nach dem wiegen die Frustration "Jetzt kommt es auch nicht mehr darauf an!" Oder ist deine haltung eher: "Jetzt zeige ich der ganzen Welt, was für eine verfressene blöde kuh ich bin!"? liebe grüße Lisa
  • Lisa, meinst du dazu gehört immer fressen, bis der Bauch platzt? Das ist nicht ironisch gemeint, sondern eine ganz ernsthafte Frage (um Missverständnisse vorzubeugen!)
  • Hallo Ge-wichtig, ich weiß was du meinst, aber ich interpretiere das anders. Du hast die Muffins nicht gegessen weil du dich bestrafen wolltest, sondern weil es so weh tut dass der innere Kritiker dich so beschimpft. In dem Moment als du die Muffins gegessen hast, hast du vermutlich einen Augenblick lang eine Erleichterung von dem Schmerz gespürt, denn das ist es was Essen tut: uns den Schmerz nicht spüren lassen. Dass zwei Sekunden später der Kritiker noch schlimmer brüllt und noch mehr weh tut, ist eine andere Sache. (Denn Essen ist ja nicht wirklich eine Lösung.) Manchmal hilft das Essen auch nicht mal einen Moment, aber dann essen wir es weil wir hoffen dass es was nützt. bei mir ist das oft so wenn ich Schnupfen habe und nichts schmecke und eigentlich shcon weiß dass ich gar keinen Genuß vom Essen habe. Ich esse dann trotzdem aus der Hoffnung heraus dass ich vielleicht doch was gutes spüre.
  • Ich glaube auch, dass die Muffins nichts mit Bestrafung zu tun hatten, sondern mit sich trösten, also Reaktion auf Frust. Natürlich kann ich mich dabei auch irren, weil ich ja nur vorstellen kann, wie es bei mir wäre.
  • *seufz* Ich weiß es auch nicht genau. Mich macht es momentan verrückt, nicht zu wissen warum ich esse. Es gibt 1000 Mutmaßungen, von mir, von Ärzten, Therapeuten, Büchern, etc.... und ich nehme es zur Kenntnis und esse weiter. Irgendwie warte ich auf den Tag X, an dem ich "es" weiß und "es" dann lassen kann. Kann ich hier meinem Gefühl trauen oder doch dem was Andere sagen? Vielleicht wissen Sie es ja doch besser? Vielleicht ist es auch eine Mischung aus ganz vielen Gründen? Ich bin frustriert...
  • Liebe Ge-wichtig, ich kann nur von mir sprechen. Bei mir ist es wirklich ein komplexes Geschehen. Und das Gemeine ist: nur zu wissen warum ich esse reicht nicht. Davon geht der Essdruck nicht weg. Im Gegenteil: es kann sogar neue Kritiker auf den Plan rufen. Solche die sagen „wenn du weißt aus welchen Gründen du essen willst, dann mußt du halt was dagegen tun.“ Oder: „Bei dir ist ohnehin Hopfen und Malz verloren. Du weißt aus welchen Gründen du essen willst, und trotzdem schaffst du es nicht das eigentliche Bedürfnis zu stillen., du versagst total.“ Ich habe auch schon eine Phase in mir in der ich sehr intensiv ein Esstagebuch geführt habe, also nicht mit Augenmerk auf die Mengen, sondern auf die Gefühle. Ich wußte dann warum ich esse, konnte es aber immer noch nicht sein lassen. Das war eine sehr schmerzhafte Erfahrung des „Versagens“ und der Hoffnungslosigkeit, die ich irgendwann abgebrochen habe weil es zu sehr weh getan hat. Sowas entmutigt extrem! Dabei hatte ich doch gar keine Chance da einfach raus zu kommen. Nicht mal normale therapeutische Begleitung hat mir hier nicht geholfen, weil mein Therapeut meinte ich müsse ja „nur“ mein Verhalten ändern, ich müsse mir ja z.B. nur klar machen dass ich genauso wertvoll bin wie andere Menschen. Aber das ist der Knackpunkt: ich kann 1000 mal im Kopf WISSEN dass ich genauso wertvoll bin wie jeder andere Mensch, und trotzdem FÜHLE ich mich als hätte ich keine Daseinsberechtigung, als wäre ich von Grund auf „schlecht“. Ich mache jetzt eine Therapie die weit über das Mentale und die Verhaltensebene hinaus geht, in der auch der Körper mit einbezogen wird, in der mit verletzten inneren Kindern gearbeitet wird. Ich wüsste nicht wie ich da hätte allein hinkommen können, und auch drei vorangegangene rein verhaltenstherapeutische Therapien habe mir nicht wirklich helfen können (natürlich haben die Therapien mir bei vielen Dingen geholfen, aber wir kamen wir nie in diese tiefe Ebene.) Sorry, jetzt habe ich gerade Zeitdruck, wir fahren gleich zu einem Besuch, deshalb kann ich auch erst am Abend wieder reinschauen. Und kann jetzt auch nicht noch mal korrigieren wie ich das sonst tue. Einen schönen Sonntag! Viele Grüße Claudia [FONT=&quot][/FONT]
  • Am Thema "Esstagebuch" bin ich jetzt auch wieder angelangt. Ich habe immermal wieder eins geführt und wie du schon berichtest, es gibt viele Möglichkeiten, die ein Überessen auslösen. Und ich kann mir auch gut vorstellen, daß es mir geht wie dir, im Prinzip weiß ich die Auslöser - aber das alleine hilft nicht. Das ist der Punkt an dem ich jetzt auch stehe. Daher habe ich eventuell nach dem Thema "Selbstbestrafung" gegriffen - so ganz ist das noch nicht aus meinem Kopf - darüber muß ich noch reflektieren. [QUOTE]Nicht mal normale therapeutische Begleitung hat mir hier nicht geholfen, weil mein Therapeut meinte ich müsse ja „nur“ mein Verhalten ändern, ich müsse mir ja z.B. nur klar machen dass ich genauso wertvoll bin wie andere Menschen. Aber das ist der Knackpunkt: ich kann 1000 mal im Kopf WISSEN dass ich genauso wertvoll bin wie jeder andere Mensch, und trotzdem FÜHLE ich mich als hätte ich keine Daseinsberechtigung, als wäre ich von Grund auf „schlecht“.[/QUOTE] Da bin ich zu 100% bei dir! Das ist momentan ebenfalls nicht meine erste Therapie und es stimmt, sie "helfen" nur bedingt. Eine körperbetonte Therapie habe ich noch nicht in Betrachtung gezogen, habe aber bereits eine kurze Erfahrung in einer Klinik gemacht. Dort sollten wir in einer Übung mit einer Stange leicht die Körperteile abklopfen und beim linken Arm wurde etwas ausgelöst, von dem ich bis heute nicht weiß wo das herkam. Aber das hat mir solche Angst gemacht, da traue ich mich nicht hin. :eek: Ich wüsste gerne mehr zu dieser Therapie, würde das (wenn es deine Zeit zulässt und du das auch möchtest) gerne über PN weiterschreiben. Ich danke dir erstmal, das du dir die Zeit für mich genommen hast. Wenn ich könnte, würde ich dich mal drücken! :knuddel2:
  • Hallo Ge-wichtig, ich habe dir eine pn geschrieben. Danke für das virtuelle Drücken :) Liebe Grüße Claudia
  • [quote='Ge-wichtig','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127470#post127470']Lisa, meinst du dazu gehört immer fressen, bis der Bauch platzt? Das ist nicht ironisch gemeint, sondern eine ganz ernsthafte Frage (um Missverständnisse vorzubeugen!)[/QUOTE] hallo Ge-wichtig, ich meine nicht "immer", aber manchmnal, wenn das Essen zur Bestrafung dienen soll. ziel ist es, sich konkret mit Schmerzen zu fühlen, also einem schmerzendem Bauch. Es ist das Ess- Pedant zum Ritzen. und das gegenteil vom essen als Trost. Frauen ( es sind meistens Frauen) , die das tun, benutzen oft noch andere Methoden des selbstschädigendem Verhalten. liebe grüße Lisa
  • [quote='Ge-wichtig','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127518#post127518']*seufz* Ich weiß es auch nicht genau. Mich macht es momentan verrückt, nicht zu wissen warum ich esse. Es gibt 1000 Mutmaßungen, von mir, von Ärzten, Therapeuten, Büchern, etc.... und ich nehme es zur Kenntnis und esse weiter. Irgendwie warte ich auf den Tag X, an dem ich "es" weiß und "es" dann lassen kann. Kann ich hier meinem Gefühl trauen oder doch dem was Andere sagen? Vielleicht wissen Sie es ja doch besser? Vielleicht ist es auch eine Mischung aus ganz vielen Gründen? Ich bin frustriert...[/QUOTE] Ich habe mich vor langer Zeit mal ausgiebig mit einem trockenen Alkoholiker unterhalten. Deine Fragestellung und seine Erklärung könnten vielleicht eine Hilfe für Dich sein. Das Trinken hat ihm alles kaputt gemacht. Seine berufliche Karriere, seine Partnerschaft, er hat sein Haus verloren und so weiter. Also alles ganz ganz schlimme und schmerzliche Verluste und trotzdem trank er immer wieder. Er konnte nicht aufhören und er konnte nicht verstehen warum. Ähnlich wie bei Dir. Als er mit Hilfestellung analysierte was das Trinken gefühlsmäßig mit ihm macht, kam er dahinter, dass er sich während des Trinkens wohlig, gut stark, gefeit fühlte. Zumindest zu Beginn des Trinkens. Zwar wusste er, dass es ihm letztlich gar nicht hilft und dieses gute Gefühl vorübergehend ist, aber er brauchte es wie das Atmen, denn er konnte sich die gleichen Gefühle nicht anders verschaffen. Ich denke das Gefühl von gutem Essen im Mund, der Geschmack, das kauen, der Wunsch nach Sättigung sind völlig normal. Bis man damit zu viel anderes kompensiert und damit ein Hunger gestillt werden soll der nichts mit körperlichem Hunger zu tun hat. Ich versuche das mal mit meinen Worten auszudrücken: Wenn die Seele Hunger hat, wird nicht buchstäbliche Nahrung zu sich genommen um sie zu sättigen. Das ist ein vorübergehend gutes Gefühl, macht sie aber nicht wirklich satt, denn diese Nahrung braucht sie nicht. Da man aber ihre wirklichen Bedürfnisse nicht kennt, nimmt man eben die Nahrung zu sich. Was sie wirklich braucht, ist manchmal oder sogar oft gar nicht so leicht zu ergründen. Bei dem Mann kam in den Therapien zutage, dass er mit der anerzogenen Rolle ein immer starker Mann zu sein, nicht klar kam. Er hatte in diesem Punkt irgendwie sein ganzes Leben lang eine Rolle gespielt und seiner Seele unbewusst starke Schmerzen zugefügt. Wenn er trank fühlte er sich so, wie er sein zu müssen glaubte. Mit den ersten Tränen und dem vor sich und anderen zugeben, nicht immer und unentwegt stark zu sein, kam die Erleichterung und - kurz gefasst - schaffte er es schließlich von der Sucht / vom Alkohol los zu kommen.
  • Ja, dieses Gefühl von "Nicht-in-die-vorgesehene-Schablone-passen" kennen glaub ich viele Menschen. Die vorgesehene Schablone ist bei Männern und Frauen (meistens) verschieden, vielleicht greifen Männer und Frauen deshalb auch zu unterschiedlichen Kompensationen. Trinken, Spielen, Sex sind eher männertypisch, bei Frauen sind es eher Shoppen, Tabletten oder Essstörungen. Mann muss immer stark sein. Frau muss immer lieb sein. Mann darf keine Gefühle zeigen. Frau darf nicht gefühllos wirken. Jungs interessieren sich für Technik. Mädchen spielen mit Barbiepuppen. Mann muss Karriere auch zu Lasten der Familie machen. Frau darf Beruf keinesfalls zu Lasten der Familie ausüben (Karriere ist erst recht igitt). Mann muss andere übertrumpfen. Frau muss immer für andere da sein. Mann muss reich sein. Frau muss schön sein. ...undsoweiterundsofort... Wer auch immer diese Schablonen nicht erfüllen kann oder erfüllen will, wird für schlecht, minderwertig, böswillig erklärt. Das tut weh. Das ständige Schwimmen gegen den Strom ermüdet. Wen wundert es, wenn man sich trösten oder betäuben oder aufputschen will?
  • Danke für die ausführlichen Gedanken - ich habe auch weiter darüber nachgedacht - nicht zuletzt durch einen Gedankenanstoss von [I]claudiathomas[/I]. Ich weiß es jetzt. Ich habe einen starken inneren Kritiker, der ständig nörgelt und mich schlecht macht. Weil ich also "schlecht" bin, muss ich mich bestrafen. Aber nicht mit Essen, sondern ich verbiete mir zur Strafe alle angenehmen Dinge, die ich gerne machen würde. Ein Kunstkurs, einen Kaffee in einem schönen Cafe, ein Buch lesen... das sind alles schöne Dinge, die ich mir nicht "verdient" habe und so bestrafe ich mich. Das Essen kompensiert einmal den Frust, weil ich nicht tun kann was ich will und gleichzeitig ist das ein Zeichen von Widerstand, denn umso mehr meine Eltern geschimpft haben/Menschen mich gehindert haben, umso mehr habe ich gefressen. Das fühlt sich vom Bauch her total logisch an (auch wenn es "bekloppt" klingt).
  • Ich finde nicht das es sich bekoppt anhört! Es ist vermutlich wie so ein kleiner "Trotzkopf" in dir, der meint "Jetzt erst recht!". So ein kleiner Trotzkopf steckt auch in mir und ich versuche ihn regelmäßig zu überzeugen das ich nicht immer nur "dagegen" sein kann, sonder mir auch mal zu gönnen (jetzt nicht in der Hinsich: "Her mit dem Futter! - Wenn eh schon keiner mit mir zufrieden ist, dann ist es eh egal, dann machen ein paar Pfunde mehr auch nichts mehr aus..." Sondern eher: Pfah, wenn die meinen ich kann das nicht, dann werde ich es denen aber zeigen!). Klappt zwar nicht immer, aber doch ab und zu...;)
  • In einer meiner früheren Therapien habe ich einiges über die inneren Persönlichkeitsanteile gelernt. Da gibt es das Eltern-Ich, das meistens als dieser harte innere Kritiker wahrgenommen wird, oder übervorsichtig alles Riskante abwehrt. Im Idealfall hat man hier aber (sozial-)lebensnotwendige Spielregeln verinnerlicht. Dann gibt es das Kind-Ich, das entweder verängstigt ist oder trotzig dagegen hält. Im Idealfall ist das innere Kind der kreative, neugierige verspielte Teil der Persönlichkeit und sorgt für den Spaß im Leben. Und dann gibt es das Erwachsenen-Ich, das "vernünftig" und sachlich reagiert, das Alltags-Ich. Das sind die drei Persönlichkeitsanteile aus der Transaktionsanalyse (mal danach googeln, ist echt interessant). Für mich habe ich noch einen vierten Teil ausgemacht, das "Tier im Keller", nämlich das Unbewusste, das nach uralten vormenschlichen Mustern (Fressen, Schlafen, Kampf, Flucht oder Totstellen) agiert. Mir hat es sehr geholfen, mir diese Persönlichkeitsanteile als reale Figuren vorzustellen, die in meinem Geist echte Dialoge führen. Ich habe dadurch auch viel über mich selbst lernen können.
  • [quote='Sophie','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127579#post127579'] Für mich habe ich noch einen vierten Teil ausgemacht, das "Tier im Keller", nämlich das Unbewusste, das nach uralten vormenschlichen Mustern (Fressen, Schlafen, Kampf, Flucht oder Totstellen) agiert. Mir hat es sehr geholfen, mir diese Persönlichkeitsanteile als reale Figuren vorzustellen, die in meinem Geist echte Dialoge führen. Ich habe dadurch auch viel über mich selbst lernen können.[/QUOTE] LOL Jetzt musste ich erstmal herzhaft lachen, denn ich stelle mir die Anteile auch immer als Figuren vor und bei dem Tier im Keller ging meine Phantasie grade sofort mit mir durch. :grins: Den Teil hatte ich noch nicht benannt, aber du hast recht liebe Sophie - das "Tier" sollten wir nicht vergessen. Mein innerer Kritiker hat z.B. einen Zylinder auf und erinnert mich an Abraham Lincoln; warum auch immer. Ist ja alles keine neue Idee, aber für mich auch sehr hilfreich. Seit meiner Erkenntnis gestern gehe ich sehr vorsichtig mit mir um, ich habe z.b. versucht heute morgen zum Frühstück die Zeitung zu lesen. [I]Das darf ich eigentlich nicht... [/I]sagt der Kritiker. Ich habe dann mit Trotz reagiert und gelesen (allerdings nicht entspannt), aber besser hätte ich wohl mit dem Kritiker mal ein ernstes Wörtchen geredet.
  • [quote='Ge-wichtig','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127583#post127583']Mein innerer Kritiker hat z.B. einen Zylinder auf und erinnert mich an Abraham Lincoln; warum auch immer.[/QUOTE] Meiner sieht aus wie meine alte Handarbeitslehrerin. Ich war sowas von häkeltechnisch unbegabt... Ich finde es mittlerweile äußerst hilfreich, den Kritiker (oder wahlweise das trotzige Kind) zu überzeugen. In der von dir beschriebenen Situation könnte ich zum Beispiel durchatmen und den ersten Trotzimpuls verrauchen lassen, und dann fragen: "[B]Warum[/B] eigentlich nicht?" Dann kommen - wenn überhaupt - die üblichen Argumente "Du kannst doch nicht genießen, wenn du nebenher Zeitung liest. Du schmeckst dein Essen nicht richtig. Du verdirbst dir nur den Appetit mit den schlechten Nachrichten. ...." "Eigentlich hast du Recht, ich werde über deine Argumente nachdenken. Aber heute hab ich es eilig, da mach ich mal eine Ausnahme. Und ich esse und lese abwechselnd. Das ist doppelter Genuss in der gleichen Zeit. Überhaupt finde ich den Wirtschaftsteil so entspannend..." Spätestens dann müsste ich kichern. Und der Kritiker wäre vorerst ruhiggestellt.
  • [quote='Ge-wichtig','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127583#post127583'] [...] ... aber du hast recht liebe Sophie - das "Tier" sollten wir nicht vergessen. [...][/QUOTE] [FONT=Verdana][COLOR=#000000]Dazu fällt mir „Monkey Mind“ ein wie Phyllis Krystal es genannt hatte. „Affen-Geist“ sie quälen dich, weil die Gedanken wie die Affen auf den Bäumen wild durcheinander plappern und dich von der Entspannung abhalten. [/COLOR][/FONT]
  • Jedes Mal, wenn ich von inneren Kindern und anderen inneren Gestalten höre, merke ich, dass ich eine tiefe Abneigung gegen die Vorstellung habe, mehrere "Gestalten" in mir zu haben. Geht es noch jemanden so? Ich weiß nicht, vorher das kommt, aber ein großer innerer Widerstand gegen diese Vorstellung ist da.
  • Hallo Ge-wichtig und Sophie, der Dialog mit den eigenen Persönlichkeitsanteilen, insbesondere mit den Kritikern und dem Kind-Ich (hier verlassenes inneres Kind genannt), ist ein entscheidender Bestandteil der Therapie die ich mache. Da wird das sehr viel geübt, da es da schon auch einige Stolpersteine gibt (was mir z.B. oft passiert: Während ich diesen Dialog führe schleicht sich eine neuer Kritiker ein der mir sagt dass ich das nicht richtig mache, dass das nichts bringt usw. Neuer Druck entsteht! Meine erste Krise war die Zeit bis ich das erkennen konnte). Wenn es gut gelingt lassen sich die Kritiker dauerhaft zum Verschwinden bringen, so dass es weniger unangenehme Gefühle gibt die man mit Essen abdämpfen muß. Eine gute Möglichkeit die Kritiker zu schwächen, ist nicht überzeugen zu wollen sondern einfach nur stur zu hinterfragen was sie da behaupten (wie heißt es so schön: "wer fragt, führt"). Oft verfangen sie sich dann selbst in Widersprüche, können der Lüge überführt werden, machen sich selbst unglaubwürdig. Was auch oft hilft ist die Vorstellung, der Kritiker würde mit seinen Aussagen nicht mich selbst sondern auf (m)ein Kind losgehen oder jemand anderen den ich liebe. Dann fällt es manchmal leichter auch wirklich zu erkennen wie fies der Kritiker tatsächlich ist und dass er nicht Recht hat. Letztendlich ist die Absicht des Dialogs dass ich am Schluß nicht nur (wenn überhaupt) mental weiß dass der Kritiker unrecht hat, sondern auch „in meinem Bauch“ (also auf Gefühlsebene) fühle dass diese Kritik nicht greift. Der Knoten im Bauch geht weg. Viele Grüße Claudia Der Fairness halber gebe ich die Quelle an: Die Sehnsucht und Hunger-Methode. Ich hoffe man unterstellt mir das jetzt nicht wieder als Werbung. Aber wenn ich Details aus der Methode schreibe fühle ich mich auch verpflichtet die Quelle zu nennen. Auf den Unterlagen die ich habe steht explizit: "Der Inhalt darf nur mit Angabe der Quelle weiter gegeben werden." Ich werde darum bitten diesen Beitrag zu entfernen wenn er nicht o.k. ist, also nicht wundern wenn er vielleicht später weg ist.
  • [quote='Muminfrau','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127596#post127596']Jedes Mal, wenn ich von inneren Kindern und anderen inneren Gestalten höre, merke ich, dass ich eine tiefe Abneigung gegen die Vorstellung habe, mehrere "Gestalten" in mir zu haben. Geht es noch jemanden so? Ich weiß nicht, vorher das kommt, aber ein großer innerer Widerstand gegen diese Vorstellung ist da.[/QUOTE] Mir geht es auch so. Ich möchte auch nur mit mir allein reden ... :) ... alle anderen Gestalten hätten so was beunruhigend was von "gespaltener Persönlichkeit! Aber das ist natürlich nur meine eigene Meinung .... wenn es hilft, dann hat natürlich alles seine Daseinsberechtigung. Zum Thema: Aus Gründen, dir mir auch nicht wirklich klar sind, habe ich auch oft das Gefühl, mich mit Essen zu "bestrafen" - und zwar nicht mit Essanfällen oder so, denn die habe ich nicht. Es ist einfach manchmal so, dass ich etwas essen will/muss, von dem ich genau weiß, dass es mir nicht gut tut ... und gerade in dem Moment bin ich heißhungrig genau AUF DAS, was ich eigentlich gar nicht will/darf. Allerdings denke ich, dass es bei mir einfach diese Diätphobie ist ... also dass sich die 35 Jahre, die ich nun irgendwelche Diäten gemacht habe/an Gewicht/Essen gedacht habe - psychisch bemerkbar machen. Spurlos geht das eben nicht an einem vorbei, wenn der Lebensmittelpunkt so oft die Waage war .... kein Wunder, dass man sich da das Essverhalten und das Verhältnis zum Essen vesaut.
  • Ich muß sagen, mir geht es besser seit ich weiß dass es verschiedene Anteile in mir gibt. Denn ich habe mich vorher überhaupt nicht verstehen können. Ich habe nicht verstehen können warum ich mir selbst immer wieder alles „kaputt“ mache und habe mich dafür gehasst. Es lief immer eine Weile so gut, mit maßvoll essen usw., ich wünschte mir damals nichts sehnlicher als endlich abzunehmen, aber dann kamen diese Momente in denen mir alles egal war, in denen ich mir selbst alles kaputt machte. Das empfand ich damals, obwohl ich nichts von den verschiedenen Anteilen wußte, schon so als hätte ich zwei Anteile. Einen guten und einen schlechten, und ich müsste einfach noch disziplinierter sein um den schlechten Anteil auszumerzen. Und ist nicht zuletzt in der Diätwelt der „innere Schweinehund“ ein ganz anerkannter Begriff? Das ist ja auch so ein Anteil. Und mit diesem geht man auch noch in einen Kampf. Dabei ist der innere „Schweinehund“ im Grunde das kleine Kind in mir, das z.B. Angst hat nicht gut genug zu sein, und das gelernt hat dass Essen da einzige ist was ihm hilft sich besser zu fühlen. Was für einen Unterschied es macht bei Essdruck nicht in den Kampf zu gehen sondern den Essdruck als ein Signal innerer Not zu nehmen, und mich ganz liebevoll zu fragen wie es mir gerade geht, wie ich mich durch das Essen fühlen möchte. (Deshalb hasse ich heute den Begriff innerer Schweinehund. Nichts von mir ist ein Schweinehund!) Für mich ist es jetzt endlich logisch was in mir abgeht, ich kann jetzt verstehen warum ich Dinge tue die ich später bereue. Und indem ich mich mit den Anteilen befasse und ihre Motive verstehe, kann ich etwas daran ändern. (Tatsächlich verändert sich allein dadurch, dass ich mich liebevoll betrachte, schon etwas). Ich brauche gar nicht mehr zu kämpfen, gegen mich selbst zu kämpfen. Durch die Arbeit mit meinen Anteilen fügen sie sich sogar im Lauf der Zeit immer besser zu einer Einheit zusammen, ich bin viel mehr „bei mir“, sogar „eins mit mir selbst“. Das ist mein Ziel. Viele Grüße[FONT=&quot][/FONT] Claudia [FONT=&quot][/FONT]
  • [quote='Muminfrau','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127596#post127596']Jedes Mal, wenn ich von inneren Kindern und anderen inneren Gestalten höre, merke ich, dass ich eine tiefe Abneigung gegen die Vorstellung habe, mehrere "Gestalten" in mir zu haben. Geht es noch jemanden so? [/QUOTE] Mir geht es ähnlich. Seit ich mich vor langerlanger Zeit mit dem Leib-Seele-Problem beschäftigt hatte, habe ich eine Abneigung dagegen, des Menschen Handeln in verschiedene Bestandteile aufzuspalten. Ich empfinde mich als Ganzes im Handeln, auch mit meinen Widersprüchen. Und ich habe viele. Das bedeutet nicht dass ich mit mir im Reinen bin. Aber die Vorstellung dass ich aus separaten Einheiten bestehe finde ich widersinnig. Ich finde es auch nicht zielführend, sich selbst auseinander zu dividieren. Wenn ich erwachsene und gestandene Frauen von ihrem inneren Kind reden höre, dann hat das für mich den Beigeschmack von Ablehnung von Verantwortung, Selbstwirksamkeit und Eigenliebe. Mir liegt allerdings auch das Konzept von Selbstbestrafung so was von fern. Ich möchte damit niemanden auf die Füsse treten. Ich verstehe dass es eine Methode ist, sich selbt zu begreifen und Verhaltensweisen zu erklären. Für mich bleibt aber immer der Nachgeschmack von "Excuses", also sich vor eigenverantwortlichem Handeln zu drücken. Noch ein Gedanke. Wir hatten die Diskussion in einem anderen Thread - als es um Selbstoptimierung ging. Das Konzept von "Schweinehund" und den inneren Kampf, beruht doch auf der Annahme, dass es erstrebenswert ist, perfekt zu sein. Denn das wäre doch was hinter der Kampfhandlung steckt, oder? Wenn ich über den Schweinhund siege, das Kind befriedigt habe, dann kann ich mich endlich optimal verhalten, habe meinen Platz in der Gesellschaft gefunden, esse vernünftig, rauche nicht und treibe regelmäßig Sport. Ich halte nichts vom Lebensziel Selbstoptimierung, das ist doch der totale Beschiss. Ich bin ich, und das bedeutet leider dass ich Fehler mache. So wie andere auch. Noch ein Edit: Ich möchte nicht verkleinern, was Ge-wichtig und Claudiathomas beschrieben haben, nur eine andere Seite darlegen.

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  • [quote='claudiathomas','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127606#post127606']Deshalb hasse ich heute den Begriff innerer Schweinehund. Nichts von mir ist ein Schweinehund![/QUOTE] Das kann ich nur unterschreiben. Knallfrosch, ich empfinde die inneren Gestalten nicht als Abgabe der Verantwortung. Aber ich finde, ähnlich wie du, dass ich nun mal aus einem Stück bestehe, mit all meinen Widersprüchen. Hm... schwierig. Insbesondere schwierig, wenn in der Therapie so viel auf inneren Gestalten aufgebaut wird, und ich muss dann jedes Mal sagen, das fühlt sich für mich nicht echt und ich kann es nicht. Das bringt die Therapeutin aus dem Konzept, denke ich, und mir hilft dieser innere Widerstand auch nicht.
  • [quote='Knallfrosch','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=127609#post127609']Für mich bleibt aber immer der Nachgeschmack von "Excuses", also sich vor eigenverantwortlichem Handeln zu drücken.[/QUOTE] Dann hast du das Prinzip missverstanden. Es geht nicht um irgendwelche fremden Gestalten, die sozusagen "Besitz ergreifen", sondern das "innere Kind" beispielsweise ist [B]das Kind, das ich früher einmal war[/B], und das ich auch immer noch [B]bin[/B]. Bestimmte Situationen, Erfahrungen, Emotionen, Reaktionen, Verhaltensmuster habe ich damals als Kind verinnerlicht und bis heute beibehalten. Die Welt hat sich aber seitdem geändert, ich habe mich geändert, und etliche dieser aus der Kindheit übernommenen Vorstellungen/Schemata sind nicht mehr angemessen und führen zu unnötigem Leid oder sind schlicht überflüssig geworden. Andere Emotionen/Reaktionen/Verhaltensweisen sind durch Erziehung und Gewohnheit verschüttet worden, obwohl sie mir eigentlich gut täten, z.B. auch mal albern, neugierig, verspielt sein. Wenn mir als Kind damals ein Leid zugefügt wurde, oder bestimmte Bedürfnisse, z.B. nach Anerkennung nicht gestillt wurden, trage ich diesen Mangel immer noch mit mir herum. Wenn ich der erwachsenen Sophie dieses Bedürfnis stillen will, zum Beispiel durch berufliche Karriere, hilft mir das nicht sehr, da das ungestillte Bedürfnis in den Kindheitserinnerungen "abgespeichert" ist und trotz aller äußeren Anerkennung immer noch in mir nagt. Ich muss also erst wieder zu dem kleinen Kind werden (was logischerweise nur in der Vorstellung geht), um an der alten Situation anknüpfen zu können. Natürlich könnte ich kopfgesteuert denken, damals war das und das, heute ist es anders etc., aber um das Unterbewusstsein zu beeinflussen, braucht es Bilder und Emotionen, sonst bleibt alles nur Gelaber und an der Oberfläche und wird nicht wirklich verinnerlicht. Die inneren Rollenspiele sind für mich ein geeignetes Werkzeug, um die alten Erfahrungen zu "überschreiben". Dafür wirkt Akupunktur bei mir Null. Sicher gibt es da auch viel dummes Gebabbel, wenn gewisse Leute das irgendwie als modischen Lifestyle nehmen und gar nicht wissen worüber sie schwätzen. Das ist so wie wenn jemand schlecht drauf ist und stöhnt: "Bah, was bin ich heute depressiv!" Das hat ja auch nichts mit Depression zu tun. Dann daraus zu folgern, Depressionen wären Wischiwaschi, ist ja auch nicht korrekt. Wem die Technik der inneren Rollenspiele nicht gefällt, muss sie ja nicht anwenden.