Selbsthass-Dicke

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  • [quote='Itsme','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=72713#post72713']100%-tige Zustimmung! Um auf den Titel des Threads zurück zu kommen: Das ist eben eine großer Unterschied, ob ich gegen die Dicken-Diskriminierung kämpfe, oder im Kampf mit mir selber liege. Ich meine, ich kann gegen die Diskriminierungen kämpfen, aber ich sollte nicht gegen mich selber kämpfen, also Dicken-Hass in deieser Form betreiben und diesen dann letztlich auch gegen andere Dicke richten. [/quote] Ich glaube wir reden langsam so ein bisschen im Kreis. ;) Ursprünglich bezog ich meine Aussage auf den von Martina erwähnten Artikel, den ich so wie er ist eben nicht nur schlecht finde, da er schon auch auf Dinge aufmerksam macht, die mit Selbsthass erst mal nicht so fürchterlich viel zu tun haben. Wenn diese Dinge dann anderen (z.B. sehr mageren Menschen) auch passieren, mag das sie auf eine gewisse Weise relativieren, aber im Grunde finde ich die Tatsache eher zweitrangig, da es sie nicht besser macht - weder für die sehr dicken noch für die sehr dünnen Menschen, noch für irgendjemand zwischen den zwei Extremen. Davon abgesehen finde ich es ehrlich gesagt durchaus auch legitim Menschen vorzustellen, die in diesem Selbsthass leben, denn das gibt es ja nun einfach und vermutlich sehr viel öfter als die Dicken, die sich um Selbstakzeptanz bemühen - solange eben nicht der Eindruck entsteht, dass alle Dicken sich so fühlen und benehmen.
  • [quote='klein und fein','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=72698#post72698']Meine Stieftochter (seit je her normal schlank) leidet mittlerweile unter Magersucht (erschreckend, wenn ich sie so ansehe) und wird demnächst in einer Klinik behandelt.[/quote]Morgen kommt sie zunächst in ein normales KH, wo sie mittels Tropf aufgepäppelt werden soll. In etwa 8 Wochen begibt sie sich in eine Klinik für Magersüchtige. Sie ist etwa 1,70 m groß und wiegt jetzt um die 37 Kilo. Lebenserwartung im jetzigen Zustand: laut Arzt etwa 2 Monate.
  • Hallo, habe jetzt ein bißchen mitgelesen, und ja, vielleicht auch in dem Bild der Selbsthass-Dicken etwas wiedergefunden. klar bringt das jammern nichts - aber ich finde es schon etwas viel Verlangt, dass gerade wir Dicken immer so stark sein sollen und uns gegen alle Anfeindungen und Diskriminierungen durchsetzen und zu uns selbst stehen sollen. Was ist denn, wenn man nunmal dick ist, aber nicht so eine starke Persönlichkeit hat? Wenn ich mir jetzt die Haar grün färbe, mit einem Anti-Atomkraft-Schild auf die Straße gehe - ok, dann muss ich mit Kritik der Gesellscahft zurechtkommen, aber dann sind das MEINE IDEALE für die ich einstehe! Wenn ich nunmal aber das Dicksein selbst nicht so toll finde, aber im Moment jedenfalls so schnell nichts dagegen tun kann, woher soll ich die Kraft nehmen, mich auch noch ständig zu rechtertigen und zu beweisen, dass Dicksein nichts mit faul, dumm oder sonstwas zu tun hat??? Alanis
  • Ich habe das Thema gerade erst entdeckt und mich nun durch die vielen Beiträge gewühlt. Eines würde ich gerne noch anmerken: Auch wenn ich verstehen kann, um was es Martina bei ihrem Ausgangsposting geht und ihre Wut auch zum Teil nachvollziehen kann - ich finde sehr wichtig und auch durchaus hilfreich, sich dabei mal bewusst zu machen, dass ein derartiger Selbsthass aus meiner Sicht und (Berufs-)Erfahrung wohl ziemlich eindeutig krankheitswert hat! Das kommt mir bei alldem hier etwas zu kurz und hat dann meiner Vermutung nach schon wieder mit einem anderen großen Feld der Diskriminierungen zu tun, nämlich der von Menschen mit psychischen Erkrankungen und dem oft geringen Verständnis für ihre Situation. Es geht mir sicher nicht darum, dass Leute mit solchen Haltungen nicht selbst für sich und ihre Äußerungen verantwortlich wären, aber teilweise ist es nunmal so, dass sie (zumindest zeitweise) aufgrund ihrer im Laufe des bisherigen Lebens entstandenen Persönlichkeitsstruktur (und das hat natürlich auch eine Menge mit der Umgebung zu tun, in der ich aufwachse - aber auch mit den ureigenen "mitgebrachten" Möglichkeiten) gar nicht anders können, als so zu denken, fühlen und reden. Deshalb finde ich, man sollte besser versuchen, sich das bewusst zu machen und dann vielleicht eher sowas wie Mitleid empfinden, anstatt sich darüber ein Magengeschwür wachsen zu lassen. Denn Bösartigkeit wird da wohl in den seltensten Fällen die Motivation dahinter sein...
    • Offizieller Beitrag
    Hmmm, damit tue ich mich jetzt schwer. Sicher gibt es Menschen, bei denen das so ist, aber ich bin ziemlich fest davon überzeugt, dass das die absolute Minderheit ist. Ich meinte dicke Menschen, die das, was über sie/uns verbreitet wird, total verinnerlicht haben. Die all das, was wir täglich in den Medien über uns lesen, selbst glauben und dazu nutzen, sich selbst zu demontieren. Sicherlich spielen da auch psychische Ursachen eine Rolle, z.B. eben der Umwelt gefällig zu sein, indem man das, was sie über einen erzählt, als richtig bestätigt, wenn man ihr schon nicht den Gefallen tun kann, endlich schlank zu werden. Aber wenn ich im Biergarten nach Sonnenuntergang friere und mir eine Jacke anziehe und ein Dicker in der gleichen Biergartengesellschaft macht mich übergangslos an, indem er mir (die die Frostbeule par excellence ist) erklärt, jemand mit meinem Gewicht KÖNNE unter gar keinen Umständen frieren, das sei physikalisch VOLLKOMMEN UNMÖGLICH, mich nicht zu Wort kommen lässt und schließlich auf meine Frage, was er eigentlich von mir wolle, konstatiert, es sei doch sonnenklar, dass ich die Jacke nur angezogen habe, um meine Figur, für die ich mich schäme, zu verbergen ... nachdem ich zuvor der Gesellschaft drei Stunden ohne Jacke beigewohnt hatte, dann finde ich das einfach nur nervig. Es ist für mich nachvollziehbar, dass es für Nichtbetroffene schwer zu verstehen ist, dass nicht alles so ist, wie man es in der Zeitung liest. Aber ich bin der Meinung, dass ein selbst Betroffener in der Lage sein müsste, diese Dinge differenzierter zu sehen. Ich habe es erst heute zu einem ganz anderen Thema erlebt, dass in einer bestimmten Sache ein Mitbetroffener und ich uns blind verstanden und Mühe hatten, einem Nichtbetroffenen zu erklären, wie sich etwas Bestimmtes anfühlt. Aber wir zwei, die Betroffenen, waren uns einig. Ich finde es gesellschaftlich fragwürdig, wenn Dicke Dicke mit den gleichen Dampfwalzenargumenten platt machen, wie es häufig Nichtbetroffene tun. Und ich glaube einfach nicht, dass alle Dicken, die das tun, psychisch so krank sind, dass sie das nur aus diesem Grund tun. Martina
    • Offizieller Beitrag
    Indem ich mir gerade das Ausgangsposting noch mal durchgelesen habe, möchte ich mal auf die Sache in der Klinik eingehen. Leider musste ich auf Grund privater Querschläge meinen Klinikbericht unterbrechen, aber ich hoffe, ihn kurzfristig fertig schreiben zu können. Ich war also in einer Klinik mit dem Wunsch, wieder beweglicher zu werden. Es hat eine geschlagene von drei Aufenthaltswochen gedauert, bis ich die Therapeuten einigermaßen davon überzeugen konnte, dass ich das wollte, was ich dort wollte. Diese erste Woche war anstrengend, demütigend, tränenreich, weil mir niemand glaubte. Nach einer Woche erklärte ich im Wochengespräch, dass diese Woche im Grunde für mich verlorene Zeit war. Man erklärte mir, dass sie schon viele Dicke dort gehabt hätten (es ist keine Klinik, wo es explizit ums Übergewicht geht). Keiner davon war so dick wie ich. Aber jeder von denen kam dahin und wollte sich am liebsten über Nacht halbieren. Und dann kam ich und wurde gefragt, wie ich auf einer Skala von 0 (gar nicht) bis 10 (sehr gut) meine Lebensqualität einschätzen würde und machte den grandiosen Fehler, 9 zu sagen. Und auf die Frage, was zur 10 fehlt: Wieder in Bewegung zu kommen. Das hat, so wurde mir erklärt, die Therapeuten in eine Krise gestürzt. Sie mussten alles überdenken, was sie jemals in ihrem Berufsalltag zum Thema Dicke erfahren und erlebt hatten. Verstehst Du? Ich bin in diese Klinik gegangen, freiwillig und auf eigene Initiative, um wieder fit zu werden, um Kraft zu sammeln ... und schlage mich erst mal eine Woche lang latent mit den Problemen meiner Selbsthass-Mitdicken rum, die, obwohl sie noch nicht mal anwesend waren, mir dort die erste Woche zur Hölle gemacht haben. Um es kurz zu machen. In der dritten Woche war ich diejenige, die üben musste, es mit dem Sport nicht zu übertreiben. Ich war die Patientin, die an die Leine genommen werden musste und Ruhezeiten einhalten musste, während andere mit der Peitsche angetrieben werden mussten. Aber das habe ich mir hart erkämpfen müssen. Und ich frage mich, ob ich es nicht verdient gehabt hätte, mal einmal nicht kämpfen zu müssen. Deshalb ist das alles nicht ganz ohne Zorn abgegangen, der sich auch in dem ersten Posting dieses Threads Luft gemacht hat. Martina
  • Danke Martina für die offenen Worte über die Klinik. Ich hatte ja tatsächlich ernsthaft überlegt, nächstes Jahr dort hin zu gehen. Aber wenn ich da auch wieder nur kämpfen muss ... kann ich auch zuhause bleiben.
    • Offizieller Beitrag
    [quote='Darcy','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=75378#post75378']Danke Martina für die offenen Worte über die Klinik. Ich hatte ja tatsächlich ernsthaft überlegt, nächstes Jahr dort hin zu gehen. Aber wenn ich da auch wieder nur kämpfen muss ... kann ich auch zuhause bleiben.[/quote]Nun ja. Ich habe da nun schon eine Lanze gebrochen und im Abschlussgespräch ebenso klare Worte dazu gefunden und die Hoffnung geäußert, mir nachfolgende Dicke, die ihren Lebenszweck nicht in gesellschaftskonformer Selbstzerfleischung sehen, würden nunmehr in Ruhe gelassen. Zumindest hat man mir versprochen, das zu versuchen. Allerdings wurde schon hinzu gesagt, dass wer auch immer dahin geht, auch wirklich wollen muss. Dem stimme ich unumwunden zu. Wollen muss man schon. Aber es ist schon schade, dass einem Dicken das Wollen mal gleich von vornherein abgesprochen wird, wie das in meinem Fall war. Zu der Frage, ob die Verinnerlichung aller Vorurteile gegen uns selbst, eindeutig einen psychischen Krankheitwert hat, ist mir noch eingefallen, dass dies für mich im Umkehrschluss hieße, dass z.B. 98% der User in AC-Foren psychisch krank sind. Das glaube ich einfach nicht. Ich denke, es handelt sich hier in allererster Linie um gedankliche Fehlleitungen. Alanis möchte ich noch antworten, dass es ja Sinn und Zweck unserer Web-Seiten ist, zu zeigen, dass es auch anders geht. Die Mehrzahl der Menschen, die im Laufe der Jahre auf unsere Seiten gestoßen sind, hatten zuvor noch nie davon gehört, dass man auch anders über sich denken kann. Mir ging das bis vor 12 Jahren auch nicht anders. Zwar hatte ich von zu Hause ein positives Selbstbild mitbekommen, aber ich habe mich gut und gern 18 Jahre lang damit aufgehalten, mein positives Selbstbild dem Bild anzupassen, was mir die Restgesellschaft (also, die außerhalb meiner Familie und meines Freundeskreises) als das richtige Selbstbild eingeredet hatte. Mir war 18 Jahre lang im tiefsten Innersten klar, dass ich mich verbiege, wenn ich mich diesem Selbstbild anpasse, aber trotzdem habe ich es versucht, weil ich es für richtig hielt, weil ich mich für so schuldig hielt, dass das die gerechteste aller Strafen sein musste. Als ich vor 12 Jahren zum ersten Mal mit dem Gedankengut dicker Selbstakzeptanz in Berührung kam, war das für mich eine Offenbarung, eine Erlösung. Ich durfte endlich ich selbst sein und musste mich nicht mehr hassen, weil es von mir verlangt wurde. Dafür haben wir diese Web-Seiten gemacht. Wir möchten anderen Dicken davon erzählen. Nicht jeder kann etwas damit anfangen oder vielleicht auch noch nichts damit anfangen, aber viele kleine Samenkörner, die wir hoffentlich legen, führen vielleicht dazu, dass es irgendwann man möglich sein wird, weniger gestresst in dieser Gesellschaft zu leben. Und ich empfinde es als Megastress, dass mir in letzter Zeit zunehmend auch dicke Menschen meine Existenzberechtigung in meiner derzeitigen Form abzusprechen versuchen. Darum ging es mir, als ich diesen Thread eröffnet habe. Martina
  • Martina [quote] Als ich vor 12 Jahren zum ersten Mal mit dem Gedankengut dicker Selbstakzeptanz in Berührung kam, war das für mich eine Offenbarung, eine Erlösung. Ich durfte endlich ich selbst sein und musste mich nicht mehr hassen, weil es von mir verlangt wurde. [/quote] Und genau das (und noch einiges dazu) halte ich für das Grandiose an diesem Forum. Ich weiß, "Grandios" ist ein großes Wort, aber ich habe soeben, vor einigen Tagen wieder einmal erlebt, wie sehr Menschen darin gefangen sind, in Punkto Figur bloß nicht aus der Reihe (des vorgegebenen Schlank-Bildes) zu tanzen. Die Frau, ein paar Jahre jünger als ich, hat gerade vor einem Jahr eine schwere Krebs-OP hinter sich. Ich weiß kaum etwas darüber, da sie "nur" eine ehemalige Nachbarin ist und wir uns zufällig auf der Straße trafen und wenige Minuten miteinander redeten. Ich habe sie als immer sehr sehr schlank bis dünn in Erinnerung. Nun sah sie in meinen Augen gesunder und besser aus, trug vielleicht statt Kleidergröße 36 eine 40. Man fragt sich gegenseitig natürlich wie es einem denn so geht und so erzählte sie von ihrer Erkrankung und nun kommts: Sie muss bestimmte Tabletten nehmen. Laut Arzt lebensnotwendig für die Nachfolgetherapie. Von diesem Tabletten aber nimmt sie langsam zu. Und was hat sie getan? Die Tabletten zeitweilig abgesetzt, weil sie Angst hat "noch dicker" zu werden! Natürlich kam der Arzt dahinter und es gab ein großes Donnerwetter. Ob ihr denn ihr Leben so wenig wert sei und ob es nicht dagegen ganz unwichtig wäre, dass sie ein paar Kilo zulegt? Dazu sagte sie zum Schluss, sie wäre "ins Grübeln" gekommen... Das hat mich den Rest des Tages und danach immer wieder beschäftigt. Bei der Frage dicker werden, oder wahrscheinlich sterben, steht nicht außer Frage, dass man selbstverständlich die lebensnotwendigen Tabletten nimmt und damit in Kauf nimmt, zuzunehmen, sondern die Frau muss darüber nachdenken... kommt ins Grübeln. Dies hat jetzt nur indirekt mit Selbsthass-Dicken zu tun, aber im Grunde schon doch auch, denn es zeigt, wie verhasst manchen der Gedanke ist, vielleicht dick zu werden
  • @Martina: Ja, die Beispiele, die du jetzt konkret genannt hast, sehe ich genauso wie du und finde sie extrem nervig bis belastend! Das wurde mir in deinem Ausgangsposting nicht so deutlich und deshalb wollte ich eben den anderen Aspekt auch anmerken. Solche Erfahrungen mache ich auch immer wieder und es ist auch jedesmal wieder schlimm für mich, wenn mir egal was einfach mal pauschal unterstellt wird - insbesondere, wenn es um meinen Körper oder mein Gewicht geht. Inzwischen gehe ich eigentlich grundsätzlich davon aus, dass mir mein gegenüber derartiges zuschreibt und freue mich dann, wenn es doch mal anders ist. So wie bei der Therapeutin in der Klinik, in der ich zuletzt war. Die hat mir beim ersten Gespräch gesagt, sie finde es furchtbar, wenn Dicke von anderen oder auch sich selbst nur über ihr Gewicht definiert werden und davon alles mögliche und vor allem ihr Wohlbefinden abhängig machen. Sie erzählte mir von dicken Menschen aus ihrem Umfeld, die sie sehr schätzt und bei denen ihre äußere Erscheinung für sie genauso wenig eine Rolle spielt, wie bei Menschen mit schlankem Äußeren. Sie betonte auch immer wieder, dass es nicht darum geht, dünner zu werden, sondern darum, sich gut zu fühlen und die Dinge tun zu können, die man tun möchte. Leider ist das wirklich ein große Ausnahme - aber ich habe die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, dass das nach und nach ins Bewusstsein von immer mehr Leuten Einzug halten könnte und irgendwann vielleicht normal sein wird...
  • [quote='Martina','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=75375#post75375'] Es ist für mich nachvollziehbar, dass es für Nichtbetroffene schwer zu verstehen ist, dass nicht alles so ist, wie man es in der Zeitung liest. Aber ich bin der Meinung, dass ein selbst Betroffener in der Lage sein müsste, diese Dinge differenzierter zu sehen. [/quote] Das ist wohl der springende Punkt dabei. Und ich bin mir gar nicht so sicher, dass es so ist. Dick zu sein heißt ja nicht automatisch die gleichen Erfahrungen zu machen oder auch nur die gleichen Schlüsse daraus zu ziehen. Mir ist eine Geschichte passiert, die Deiner gar nicht unähnlich ist. Über einen kleinen Zeitraum hatte ich mit einer ebenfalls dicken Frau einen kleinen Konflikt . Nur zur Erklärung: es ging darum ob man das gemeinsam genutzte Büro jede Stunde kurz stosslüftet oder ob man permanent das Fenster gekippt lässt. Da ich auch ziemlich verfroren bin wäre mir die kurz aber gründlich Lüftmethode lieber gewesen, während sie das Fenster permanent offen haben wollte. Ihr Standardspruch war: "ICH frier net, ich hab ja meinen Naturpullover, hahaha." :rolleyes: (Damit meinte sie ihren Speck ;)) Ich dachte immer nur: "Ja gut, aber das ändert doch nichts daran, dass ich friere?!" :confused: Irgendwann wurde mir klar, dass sie mir wohl einfach nicht richtig glaubt, dass mir kalt ist. Eines Tages ging besagte Dame auf eine recht extreme Diät und (vielleicht durch ihren gedrosselten Stoffwechsel) mehr oder weniger von einen auf den anderen Tag fror sie nun auch in vielen Situationen. Sie hat sich dann praktisch bei mir entschuldigt, denn bis dahin hatte sie wohl wirklich nur extrem selten gefroren und war einfach fest davon überzeugt, dass das an ihrem Gewicht liege. Es schien ihr tatsächlich völlig unglaubhaft, dass ich - die noch dickere - wirklich so frieren könnte und sie nahm einfach an, dass ich überempfindlich und zimperlich bin, oder sie ärgeren wolle. Langer Rede, kurzer Sinn: Ich glaube, dass [I]gerade [/I]die vermeintliche Gemeinsamkeit viele Dicke dazu verleitet ganz genau zu "wissen" wie es dem anderen Dicken in und mit seinem Körper geht - viel besser und genauer als ein Schlanker --- auch das natürlich Quatsch ist. So nach dem Motto: "[I]Den Schlanken kannst Du das vielleicht erzählen, aber ICH bin selbst dick und weiß genau wie das ist. MIR kannst Du das nicht weismachen." [/I]Ob es ihm nun objektiv schlecht geht, oder er das nur so empfindet macht wahrscheinlich gar nicht so einen großen Unterschied.
    • Offizieller Beitrag
    Das Beispiel ist zwar tatsächlich ähnlich, aber doch auch wieder anders. Fast das gleiche Problem hatte ich mal mit einer schlanken Kollegin. Hier wurde zwar nicht in Zweifel gezogen, dass ich frieren könnte, aber unsere Frost- und Hitzezeiten waren einfach nicht kompatibel. Zwar hat auch Deine Kollegin Dein Verhalten interpretiert, aber nicht in Richtung Übergewicht. Diese Form der Interpretation war zwar genauso wenig in Ordnung, aber es ging ja hier um Selbsthass. Deshalb will ich jetzt mal meine Interpretation der Biergartenereignisse aufschreiben: Ich vermute, dass ich bereits den ganzen Abend beobachtet wurde und dass man sich wahrscheinlich gefragt hat, wie jemand so auftreten kann wie ich. Ich fand, dass ich sehr gut aussah, war braun gebrannt, hatte eine weiße Bluse an und war geschminkt. Ich habe mich gut und sicher gefühlt und so habe ich mich eben auch verhalten. Ich habe mich schon oft von Dicken beobachtet gefühlt, insbesondere dann, wenn sie wussten, was ich hier so Tag für Tag vom Stapel lasse. Da ist die Dauerüberprüfung, ob das denn auch alles der Realität standhält. Aber auch von solchen Dicken, die das nicht wissen, werde ich argwöhnisch betrachtet. Mancher hat mich schon gefragt, wo um Himmels Willen ich bloß mein Selbstbewusstsein hernehme. Schriftlich bekam ich das nach der Maischberger-Sendung per eMail, aber auch in anderen Diskussionsforen, wo ich gerne als Leidensgenossin :confused: :confused: :confused: tituliert werde. Und das Lieblingsargument ist dann: Mir kann einer erzählen, was er will, aber mit so einem Körper kann man sich unmöglich wohl fühlen, also ist das ganze Geschwafel ein einziger Selbstbetrug. Und genau das kam zwischen den Zeilen für mich auch in der Biergartengeschichte raus. Man hatte mich genau beobachtet und, als ich mir die Jacke anzog, war das nun endlich der Beweis dafür, dass man mit der Denke vom eigentlich nicht vorhandenen Selbstbewusstsein Recht hatte. Es wurde gesucht und gefunden. Das zu denken, mag ja legitim sein, den anderen aber auch noch damit zu konfrontieren und ihm nicht den Ansatz einer Chance zu geben, seinen Standpunkt zu erklären (man könnte ja mit seiner Überzeugung ins Wanken geraten), das finde ich schlicht unmöglich und furchtbar anstrengend. Und es ist für mich vor allen Dingen ein Zeichen der eigenen Selbstablehnung, die mal kurz auf die dicke Umwelt projiziert wird. (Übrigens bestätigte mir ein schlanker Teilnehmer der Gesellschaft, der ebenfalls beoabachtete, wie ich mir die Jacke anzog, völlig wertfrei durch eine Frieren repräsentierende Geste, dass es kühl geworden war. Der fand das so was von normal, dass ich die Jacke anzog.)
  • [quote='Martina','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=75393#post75393'] Zwar hat auch Deine Kollegin Dein Verhalten interpretiert, aber nicht in Richtung Übergewicht.[/quote] Öh .... ich weiß nicht ob ich Dich jetzt vielleicht missverstanden habe? Meine Kollegin hat mein Verhalten durchaus in Richtung Übergewicht interpretiert. Sie als Besitzerin eines Speck-"Naturpullovers" :rolleyes: war der Ansicht sie könne wegen dieses Specks nicht frieren ... da ich noch viel mehr Speck habe dachte sie mir kann unmöglich kalt sein ... das geht ja gar nicht, denn sie als Dicke weiß genau wie man sich fühlt wenn man viel Speck hat. Ich selbst friere nicht, also frieren alle anderen Dicken auch nicht. Sie fand mich zimperlich, vielleicht dachte sie ich schummele sie an um sie zu ärgern ... auf jeden Fall fand sie es ärgerlich, dass ich offensichtlich etwas erzähle was sie nicht als "wahr" empfindet. Ärgerlich ist sie nicht weil ich friere, sondern weil ich ihr (aus ihrer Sicht) völligen Quatsch weismachen will. Das Ereignis ist zwar etwas einfacher und banaler als Dein Biergartenerlebnis, aber m.E. liegt ein ähnliches Prinzip zugrunde. (Achtung alle in Deckung die Küchenpsychologin naht ;)) Man könnte sagen, derjenige [I]will [/I]nicht glauben, dass es Dir gut geht ... ehrlich gesagt ich glaube er [I]kann [/I]es wirklich nicht glauben - zu sehr ist er in seine eigenen Vorstellungen verstrickt. Deshalb interpretiert er Dein Verhalten als Täuschung und Lüge. Ich denke schon, dass ein positiver selbstbewusster Dicker ein Angriff auf ganz tief verankerte Denkweisen und das eigene Leben ist, das man sich auf eine bestimmte Weise eingerichtet hat um bestmöglich überleben zu können ... letzenendes ein Angriff auf die eigene Persönlichkeit. Wenn man dann sieht, dass es nicht so sein muss ... dass man möglicherweise auch anders leben könnte, stellt das doch alles in Frage. Aber ich bin mir nicht sicher, ob solche Menschen diese Gedanken und Gefühle wirklich haben ... oder ob sie eben tatsächlich so tief in ihrer eigenen Sicht der Welt verwurzelt sind, dass sie Dich so wie Du Dich ihnen präsentierst (auch wenn es noch so authentisch rüberkommt) einfach nicht als "wahr" erkennen können. Das erklärt für mich auch das oft relativ aggressive Verhalten (wie Du es ja auch aus dem Biergarten berichtet hast.) Ich glaube dass es weniger der Neid auf den glücklichen Dicken ist (das sicher auch), sondern viel mehr die Wut auf das scheinbare Schmierentheater, das alle anderen auch noch zu glauben scheinen. So traurig das ist. Derjenige glaubt sich im Märchen "Des Kaisers neue Kleider" - glaubt Dich nackt sehen zu können, während alle anderen behaupten Du hättest prächtige Gewänder an. Der einzige Unterschied Du trägst die prächtigen Gewänder tatsächlich... ;-) und der Ärmste ist blind dafür. Klar sind solche Momente unglaublich nervig, aber ich glaube wirklich, dass diejenigen in dem Moment gar nicht anders reagieren [I]können[/I], weil ihnen (eigene) Erfahrungswerte fehlen. Das macht es - mir zumindest - leichter solche Angriffe einfach zu ignorieren - zumal mit Sicherheit (um auf Dein Beispiel zurückzukommen) auch allen anderen Anwesenden das Verhalten des dicken Biergartengastes rätselhaft vorkam.

    2 Mal editiert, zuletzt von Fräulein Wunder ()

  • Fräulein Wunder [quote] Ich glaube dass es weniger der Neid auf den glücklichen Dicken ist (das sicher auch), sondern viel mehr die Wut auf das scheinbare Schmierentheater, das alle anderen auch noch zu glauben scheinen. [/quote] Ich glaube, bei vielen ist es doch so etwas wie Neid und der Neid lässt sie wütend reagieren. Der Anblick eines zufriedenen und selbstbewussten, vielleicht auch noch erfolgreichen Dicken, [I]muss[/I] ja neidisch und infolge dessen wütend machen, wenn sich da ein dicker Mensch so schön in seinem Dicksein eingerichtet hat und sein Dicksein für alles, was in seinem Leben nicht klappt, hernehmen kann. Würde er akzeptieren, dass ein dicker Mensch auch ein positiver und zufriedener Mensch sein kann, müsste er vielleicht anfangen zu überlegen und vielleicht auch hier und da sich - seine Denkweise in Frage stellen. Er müsste vielleicht überlegen, ob es doch nicht immer und in jedem Fall seine Fülle ist, die ihm die Chancen im Leben nimmt... Ergo empfindet er es vielleicht wie eine Art persönlichen Angriff auf sich, den positven Dicken zu beobachten, weil der positive Dicke sein ureigenes Weltbild: Dicke haben keine Chance, Dicke werden immer benachteiligt, Dicke sind immer die Verlierer und so weiter, - ins wanken bringt.
  • Ich sags ganz ehrlich: Ich war vor langer Zeit auch mal eine Selbsthass Dicke ;) ... ja sicher mag Neid ein kleiner Teil gewesen sein, aber ehrlich gesagt so weit gingen meine Gedanken (zumindest vordergründig) gar nicht ... etwas anderes als meine Sicht der Dinge war im Bereich *dicksein*einfach gar nicht vorstellbar. Und was man sich nicht vorstellen kann, das kann auch erst recht nicht Wirklichkeit werden. Dicke die so leben und sich so geben wie ich es heute tue, fand ich damals nicht beneidenswert, sondern einfach nur total peinlich ;), weil sie sich in meinen Augen irgendwelchen Illusionen hingaben, weil sie die Selbstbewussten spielten und dabei nicht merkten wie unecht das alles wirken muss, wie lächerlich sie sich machen. Es ist wirklich so, dass mich solche Leute aggressiv machten - nicht weil ich insgeheim sein wollte wie sie, sondern weil sie meiner Ansicht nach sich selbst etwas vormachen und dies auch noch penetrant nach aussen trugen ... und es dabei irgendwie für alle anderen Dicken noch schwieriger machten, weil ich selbst für mein Empfinden zwar dick war, aber mich wenigstens an die Regeln hielt, während sie dick waren, die Regeln brachen und Dicke noch mehr in Verruf brachten. Ich hab es ihnen schlicht nicht abgekauft ;) ... was nicht an den *glücklichen Dicken* (das klingt wie freilaufende Hühner :-D) sondern natürlich und alleine an mir selbst und meiner Einstellung lag. Glücklich wäre ich schon gerne gewesen ... aber dick und glücklich, das passte damals einfach nicht zusammen. Neidisch ist man auf etwas sein was begehrenswert erscheint, aber - sorry und ganz ehrlich - begehrenswert erschien mir damals nur: schlank sein, schön sein und vor allem normal sein. Da hatte ein glücklicher Dicker einfach keinen Platz Das klingt alles ganz furchtbar unsympathisch ;) und das ist es auch, aber meine Güte ... ist halt Teil meiner Entwicklung und ja auch schon lange her. Neid auf Menschen die sich nicht in ihrem Leben nicht einschränken und klein machen lassen ... das kam erst viel, viel später ;)

    4 Mal editiert, zuletzt von Fräulein Wunder ()

  • Also mal so ein bißchen von der Philosophie weg und zum Praktischen hin. Kälterezeptoren liegen in der Haut, nicht auf den Knochen. Und zwar liegen die Dinger besonders dicht im Gesicht, also an Nase, Ohrläppchen, Kinn und Lippen. Jungs und Mädels, ich weiß nicht wo ihr eurer Fett sitzten habt, aber das sind nicht meine prägnantesten Sammelstellen. Also Kältewahrnehmung hat nicht primär was mit dem Gewicht zu tun. Also können Dicke genauso schnell frieren wie Dünne. [URL='http://de.wikipedia.org/wiki/Lippe'][/URL]
  • Hallo Martina, ich schleich jetzt schon ein paar Tage um den Thread herum und überlege, was du wohl mit "selbsthass Dicke" meinst. Es wurde zwar schon viel dazu geschrieben und ich glaube ich hab da eine Idee, aber bin mir noch nicht ganz schlüssig. Wie ich es vertsanden habe, geht es dir um diese Menschen, die ihr vermeintliches Schicksal als Ausrede für alles nehmen? Alla "ich bin dick, ich werde nie einen Job bekommen und wie kannst du als dicker es wagen erfolgreich zu sein?" Auch wenn ich mir jetzt nicht ganz sicher bin, möchte ich ein wenig zu diesem Thema schreiben. Dazu muss ich ein wenig von mir selber berichten (*trommelwirbel* das ist ne Premiere ;)) Vor noch nicht allzulanger Zeit habe ich mich auch selbst gehasst (und tu es ab und zu immer noch). Während meiner Therapie habe ich herausgefunden, dass mein Selbsthass dadurch ausgelöst wurde, dass meine Mutter mir Jahrelang eingetrichtert hat, das ich nichts Wert bin und dumm und faul obendrein. Das hat sie auch in regelmässigen und unregelmässigen Abständen mit einer ordentlichen Tracht Prügel mit dem Kochlöffel unterstrichen. Das Einzige mit dem sie mir ein wenig Zuwendung zukommen ließ war Essen. Allerdings auf eine unglaublich paradoxe Art und Weise (die sich auf alle meine Lebensbereiche erstreckt hat, aber das würde jetzt zu weit führen). Einerseits hat sie unglaublich reichhaltig gekocht und mich immer dazu angehalten, mindestens zwei Portionen zu essen (und auch sonst nicht besonders viel getan um mich von meinen Süßigkeitenexzessen abzuhalten). Andererseits hat sie mir ständig mein Gewicht (80kg mit 10 Jahren...) vorgehalten und sich beschwert, dass ich beim Abnehmen, genauso unfähig bin, wie bei allen anderen Dingen, um mir gleich darauf ein Stück Kuchen zu geben. Als Kind, Teenager und junge Erwachsene habe ich immer wieder versucht, es ihr Recht zu machen, das zu erfüllen, was sie von mir verlangt hat. Aus meinem Dilemma mit dem Essen hat hat sich dann eine ausgewachsenen Bulimie entwickelt. Nach unzähligen Therapiestunden dann, habe ich endlich begriffen, dass das eine ganz fiese Sache war, weil ich nicht die geringste Chance gegen sie hatte. Sie wollte einfach, dass ich scheitere. Nach noch ein paar unzähligen Stunden mehr, hatte ich dann diese befreiende Erkenntnis, von der Dralle Deern geschrieben hat: [quote='Dralle Deern','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=72528#post72528']Irgendwann wird man erwachsen und auch wenn kindliche Erfahrung tief sitzen, so ist doch jeder schließlich für sich selbst verantwortlich. Ich bin dagegen, meine Verantwortung für mein [B]jetziges[/B] Leben an andere abzugeben.[/quote] Wenn ich jetzt lese, dass man im Grunde selber Schuld ist, finde ich das ganz schön grenzwertig, weil genau das habe ich mein Leben lang gemacht. Mir die Schuld für alles gegeben. Den "Schuldigen" zu identifizieren, und die ungerechtfertigt aufgeladene Schuld, zurück zu geben, war für mich der erste Schritt um ein vom (selbst)Hass befreites Leben zu führen. Aber das ist jetzt auch eigentlich ein wenig off Topic, zurück zum Thema. Für diesen Selbsthass und das "anmachen" von Leuten, die auf den ersten Blick gleich (dick) sind und doch anders (ihnen geht es gut damit) habe ich eine Theorie. Möglicherweise ist das einfach nur Selbstschutz und das Aufrechterhalten des eigenen Weltbildes. Nur mal so als Beispiel, das gar nichts mit dem Dicksein zu tun hat. Früher habe ich Eltern blöd angeredet, die ihre Kinder gewaltlos aufgezogen haben (etwas was ich heutzutage sehr bewundere)... Denn schließlich können das doch nur verzogene Fratzen werden... Anders habe ich die Realität, dass es völliger kranker Irrsinn war, was meine Mutter mit mir angestellt hat, nicht ertragen können. Ich hab während meiner Therapie einen Erklärungsansatz gefunden, den ich jetzt mal versuche auf "selbsthass Dicke" übertragen. Diese Menschen haben eigentlich immer nur erfahren (sei es durch Medien, Umfeld, Eltern, oder was auch immer), dass es schlecht ist dick zu sein, dass sie deshalb nichts wert sind. Sie schaffen es aber auch nicht sich anzupassen und abzunehmen und haben deshalb, um in dieser "dickenfeindlichen" Welt zu überleben ein Weltbild gebastelt, in dem man als Dicker nicht glücklich sein kann und noch so ein paar Vorurteile (die mir grad nicht einfallen). In dieser Welt gibt es auch keine glücklichen Dicken, sondern alle müssen das gleiche erdulden. Das ist zwar nicht schön, aber man kann die (eigene) Realität halbwegs ertragen. Jetzt kommt da jemand daher, der sich ganz gut mit sich selbst arrangiert hat und sich einfach nicht an die Spielregeln halten will. Würde man jetzt dieser Person erlauben, ihr Weltbild zu verbreiten, würde das ja bedeuten, dass das eigene ins Wanken gerät und womöglich auch noch zerstört wird, was in allen Fällen verhindert werden muss. Also werden Gegenstrategien, wie dem anderen das eigene Weltbild "aufdrücken" entwickelt. Mit Weltbild meine ich übrigens, das was man selbst als Real empfindet. Und anscheinend wird vom Gehirn nichts so sehr verteidigt wie das was man für die Realität hält. Zur Not werden halt ein paar Wahrnehmungen so verdreht, dass sie wieder passen. (Falls sich jemand dafür Interessiert, die Bücher von Vilayanur S. Ramachandran zu diesem Thema sind unglaublich interessant). Natürlich, keiner muss sich niemand in sein Schicksal ergeben, aber es ist nicht immer einfach, sich einzugestehen, dass man ein Problem hat, mit dem man selber nicht mehr klar kommt. Und die Hemmschwelle sich helfen zu lassen, wird durch das was dramaqueen sehr treffend ausgedrückt hat, noch zusätzlich erhöht. [quote='dramaqueen','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=75371#post75371'] Das kommt mir bei alldem hier etwas zu kurz und hat dann meiner Vermutung nach schon wieder mit einem anderen großen Feld der Diskriminierungen zu tun, nämlich der von Menschen mit psychischen Erkrankungen und dem oft geringen Verständnis für ihre Situation. [/quote] Phu, das war jetzt lang, aber wie gesagt mir spukt der Thread schon länger im Kopf rum und wollte raus! @Aska: Dein Bericht hat mich sehr berührt, wollte mich ebenfalls für deine offenen Worte bedanken! @Klein und fein: ich hoffe deiner Stieftochter geht es bald besser!! @Orien: Dein Motto find ich toll :applaus:darf ich mir das ab und an ausleihen? Viele Grüße Gwen
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    Guten Morgen, Gwen, was Du über das Weltbild schreibst, sehe ich genauso und meinte das auch so, als ich weiter oben die Situation aus meiner Sicht interpretiert habe. Allerdings meinte ich mit Selbsthass-Dicken nicht die, die solche Erlebnisse in der Kindheit hatten. Wie ich gestern schon in einem anderen Thread geschrieben habe, sind es solche Geschichten gewesen, wie Du sie von Dir erzählst, die mich dazu gebracht haben, mich überhaupt so sehr für dicke Menschen zu engagieren. Diese Geschichten berühren mich tief. Was ich meinte, ist mehr so ein oberflächlicher Selbsthass. Ich kann das schwer beschreiben. Es begegnet einem häufig in Abnehmforen jeder Art. Es ist dieser kritiklose Umgang mit allem, was so über Dicke behauptet wird, und eben das Anwenden all dieser Behauptungen auf die eigene Existenz. Mir ist natürlich schon klar, dass die Übergänge da fließend sind. Ein Mensch, dem bereits von klein an seine vermeintliche Wertlosigkeit vermittelt wurde, ist mit Sicherheit für so was anfälliger. Aber dieses Nicht-Hinterfragen und dieses Überstülpen des unhinterfragten Weltbildes reizt mich bis auf die Knochen. Ich weiß auch nicht, warum das so ist. Und noch zu der Frage Neid oder nicht Neid. Ich würde es auch nicht vordergründig für Neid halten. Ich denke, es ist tatsächlich die Angst, dass das eigene Weltbild ins Wanken gerät. Neid ist es vielleicht ganz tief unten, aber nicht an erster Stelle. Ich empfinde übrigens für meine Biergarten-Bekanntschaft eine gehörige Portion Mitleid und habe darüber nachgedacht, ihn hier ins Forum einzuladen. Ich bin aber wieder davon abgekommen, da ich denke, wenn ein Mensch reif für eine Seite wie unsere ist, wird er sie auch finden. Martina
    [color=#A52A2A][b]Aus organisatorischen Gründen bevorzuge ich die Kommunikation per eMail.[/b] [b]Ihr erreicht mich daher ausschließlich über die eMail-Adresse im [url='https://www.das-dicke-forum.de/forum/index.php?legal-notice/']Impressum[/url].[/b][/color]

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  • Ich denke beim Begriff "Selbsthassdicke" immer an diese Vorzeige-Vorher-Menschen, die z. B. in Jubelberichterstattungen zur AC auftauchen und mit zerknirschtem Gesicht beteuern, dass das Leben mit soundso vielen Kilos einfach nicht lebenswert ist und Andersdenkende sich auf jeden Fall nur selbst betrügen. Wirklich bemitleidenswert.
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    [quote='Lunix','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=75404#post75404']Ich denke beim Begriff "Selbsthassdicke" immer an diese Vorzeige-Vorher-Menschen, die z. B. in Jubelberichterstattungen zur AC auftauchen und mit zerknirschtem Gesicht beteuern, dass das Leben mit soundso vielen Kilos einfach nicht lebenswert ist und Andersdenkende sich auf jeden Fall nur selbst betrügen. Wirklich bemitleidenswert.[/quote]Ja, das meinte ich.
  • Guten Morgen, sowie einige andere hier gehöre auch ich zu den ehemaligen "Selbsthass-Dicken" obwohl ihr mich eher wohl als pummelig beschreiben würdet. Aber auch ich bin mit der ewigen Litanei "fett, faul und saudumm" aufgewachsen, habe den Selbsthass also praktisch von Kindesbeinen auf gelernt. Trotzdem kamen mir schon als Teenager Zweifel, ob ich mich den unbedingt den gesellschaftlichen Normen (und damit meine ich alle Lebensbereiche, nicht nur mein Gewicht) anpassen muss, oder ob es nicht besser für mich wäre meinen eigenen individuellen Weg zu gehen. Leider habe ich diese frühe Einsicht nicht genutzt, sondern habe fast 30 Jahre lang versucht , ähnlich wie Martina, mich zu verbiegen und habe mir damit meine eigene ganz private Hölle geschaffen. Meine Versuche mich daraus zu befreien sind immer an meiner Angst gescheitert. Aber nicht so sehr Angst um mein ohnehin stark schwankendes Weltbild, sondern schlicht und ergreifend Angst vor dem was kommen mag. Wenn wir uns nicht mehr an die Spielregeln unserer Gesellschaft halten, und sei man dabei noch so erfolglos, ist man praktisch ein Outlaw und so ziemlich auf sich alleine gestellt. Ohne die Unterstützung meines Mannes und meiner Kinder hätte ich wahrscheinlich nicht den Mut dazu. Genau so wichtig für mich ist im Augenblick dieses Forum hier. Denn erst hier habe ich herausgefunden, dass ich so alleine mit meinen Idealen und auch mit meinen Ängsten gar nicht bin. Aber, wie Martina schon sagte, wenn man nach einem Ort wie diesem wirklich sucht, wird man ihn auch finden. Für für Leute wie Martinas Biergartenbekanntschaft kann ich auch nur noch Mitgefühl empfinden. Dass es aber so viele von ihnen gibt, finde ich einfach nur sehr sehr traurig . LG Daniela
  • Selbsthass wäre für meinen Fall ein zu großes Wort, weil ich mich nie [I]komplett[/I] hasste. Im Grunde reichte aber der erste gravierende Satz aus, um mich jahrelang optisch nicht dazugehörig, nicht schön, ja hässlich zu fühlen. Ich war als Kind schlank, ich hatte ein liebevolles Elternhaus. In der Pubertät war ich unsicher, fand einiges an mir nicht hübsch, aber das hatte nichts mit Kilos zu tun. Ich habe früh geheiratet und ein gutes Jahr später das erste Kind bekommen. Während der Schwangerschaft hat sich mein Körper vollkommen verändert, ich habe extrem zugenommen. Vorher trug ich Kleidergröße 34. Nach der Entbindung im Krankenhaus wurde ich sogleich auf Reduktionskost gesetzt, ob auf eigenen Wunsch weiß ich nicht mehr. Ich nahm jedenfalls rasant ab und war am Tag der Entlassung stolz, so gerade in die einzige neue Hose in der entsprechenden Größe zu passen. Dazu muss man wissen, dass Geld äußerst knapp war und diese preiswerte Ausverkaufshose alles war, was ich anziehen konnte. Sie mag Größe 42 gehabt haben. Ich wanderte den Krankenhausflur auf und ab und wartete, dass ich mit unserem Baby abgeholt werde. Dabei kam mir die Stationsschwester entgegen, guckte mich hämisch von oben bis unten an und meinte laut und vernehmlich: "Wie die Wurst in der Pelle!" und lachte abfällig. Mit meinem beschwingten Gefühl war es vorbei und meine Diätkarriere begann. Heute weiß ich, ich hätte mich einrichten können mit diesem Gewicht. Ein wenig weniger wäre es auf ganz natürliche Art geworden, wie das eben nach einer Geburt ist. Und das wäre es gewesen. Aber nun... ich fand mich dick, dick, dick und ergo: hässlich! Nun ja, was kam, waren Diäten und noch mehr Diäten und schleichend ging das Gewicht in die Höhe. Mein angestrebtes Bild war ein sehr schlankes, also wurde es hart. Ich wurde ja immer hässlicher...(so dachte ich von mir.) Mit mir selber kam ich einigermaßen, mal mehr, mal weniger gut klar, aber mit meinem Äußeren überhaupt nicht. Ich sah nicht so aus, wie man aussehen soll... Erst viele Jahre später kam ich so nach und nach dahinter, dass ich eine gewisse Rundlichkeit viel lieber mag, als ganz schlank oder dünn zu sein. Vorsichtig gestand ich mir das ein und mein Ziel in Punkto Figur verschob sich mächtig. Statt eine 36 anzufixieren, wurde es eher eine 42 er Kleidergröße. Diese habe ich mit extremer Strenge (fragt mich nicht, ob dass noch eine lockere und angenehme Lebensqualität war) für relativ lange Zeit ungefähr halten können. Das dabei allerdings die Gedanken um" dürfen oder nicht dürfen" - "versagen oder nicht versagen" - "durchhalten oder ein Schlappi sein" - einen ziemlich großen Raum in meinem Leben einnahmen und ich natürlich dabei keineswegs unverkrampft leben konnte, war mir noch gar nicht bewusst. Wie oft habe ich meine Laune von der Waage beeinflussen lassen!!! Das war die eine Seite der Medaille, die andere war, dass ich mich nun äußerlich ganz gut anschauen konnte. Ich passte zwar keineswegs zu die propagierten Schlank-Bildern, aber ich war innerhalb meines ganz eigenen Wohlfühlgewichtes. Nun ja und dann kamen halt vor etlichen Jahren die ersten Symtome der Schilddrüsenerkrankung und zuletzt - ich schätze beginnend vor ca. 3 Jahren - die schleichende Gewichtszunahme, die durch nichts - absolut nichts aufzuhalten war. Wenn ich jetzt sage, ich habe trotzdem Glück gehabt, dann hört sich das in diesem Zusammenhang total bekloppt an, ich weiß. Aber ich hatte Glück. Glück, dass ich diese Krankheit erst in relativ reifem Alter bekommen habe, denn als junger oder jüngerer Mensch wäre mir das Äußere noch viel wichtiger gewesen als es das jetzt ist. Glück, dass ich die Krankheit erst bekam, als ich mich schon in einem sehr gefestigten familiären, berufsichen und sonstigem sozialen Umfeld bewegte. Und Glück, dass dies alles erst passierte, als mir längst andere Dinge viel wichtiger waren. Das soll jetzt nicht heißen, dass ich die Kilos willkommen heiße. Nein, das tue ich nicht. Das soll auch nicht heißen, dass es mir luftigleicht fällt, die Kilos anzunehmen. Und das soll auch nicht heißen, dass mir die Kilos nicht etliche Probleme bereiten. All das meine ich mit dem oben beschriebenen Glück nicht. Was ich meine ist, dass ich auf meinem Lebensweg einfach schon so weit fortgeschritten war, als dies passierte, dass mich das nicht mehr [U]so[/U] umhaute. Insofern: Ich finde meine Kilos nicht hübsch. Sie behindert mich in manchem gewaltig. Aber ich hasse mich deshalb nicht. Ich habe also Glück gehabt.

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  • Was ich wohl eigentlich sagen wollte, war ... es gibt Selbsthass Dicke und irgendwie kann ich (für mich) nachvollziehen warum sie sich so verhalten, wie sie sich verhalten. Gerade deshalb glaube ich dass man sie nicht ändern kann ... wie Du - Martina - schreibst glaube ich auch, dass sie alleine ihren Weg finden müssen, dass die Veränderung von innen heraus kommt. Der eine schafft es, der andere vielleicht nie ... traurig, aber meiner Meinung nach leider nicht zu ändern. Man kann sich über Angriffe von andere Dicke ärgern (das tue ich leider auch viel zu oft), aber ich halte es tatsächlich für einen Irrtum zu glauben Mit-Dicke müssten die eigene Situation eigentlich besser einschätzen oder bewerten können als Schlanke. Auch halte ich es für Zeitverschwendung sich allzusehr darüber aufzuregen. Und wenn man beispielsweise schon anfängt darüber nachzudenken, dass ja ein Schlanker auch bestätigt hat, dass es kalt war, ist man doch fast schon mitten in der Rechtfertigung drin. Das ist schon viel, viel mehr Energie und Aufmerksamkeit als derjenige verdient. Wenn ich mich den Schlanken gegenüber nicht rechtfertige, warum dann den Mit-Dicken gegenüber. Warum beschäftige ich mich überhaupt mit Vorwürfen die völlig aus der Luft gegriffen sind? Ich versuche solchen Angriffen innerlich mit der Einstellung: [I]Das hat nichts mit [B]mir [/B]zu tun. Das ist nicht [B]mein [/B]Problem. [/I]und äußerlich mit Nicht-beantworten von Vorwürfen oder bohrenden Fragen zu begegnen. Dass wir kämpfen müssen, ob in der Klinik oder im Alltag liegt nicht an den Selbsthass Dicken, sondern an der gesamten Situation. Die Selbsthass Dicken sind eigentlich auch nur ein Opfer des Schlankheits / "Gesundheits" / "Schönheits" und [I]Wir müssen alle gleich[/I] sein Wahns und oft sogar zu einem gewissen Punkt einfach ein Teil von uns selbst, den wir (vielleicht noch) nicht ablegen können oder wollen. Die andere Seite der Medaille. Das ist ( zumindest bei mir) glaube ich auch der Grund warum diese Begegnungen uns so ganz besonders arg ärgern und aufregen.
  • Jeder Mensch - und eben auch jeder dicke Mensch hat seine ganz eigene Geschichte und die macht ihn zu dem, was er ist. Warum sollte es diese Unterschiede bei dicken Menschen nicht geben? Auch wenn man manche vielleicht einfach schütteln möchte, wenn sie andere - und damit im Grunde ebenso sich - verletzten. Im Grunde müsste man eines jeden komplette Vergangenheit kennen, um zu verstehen, warum er so oder so ist. Da wir ja oftmals nicht einmal selber verstehen, warum wir in manchen Situationen so oder so reagieren, wird es wohl unmöglich sein, einen Menschen (außer vielleicht er steht einem sehr sehr nahe) ganz zu verstehen. Und das einge Menchen diese ständige - vielleicht sogar von Kindheit an - Gehirnwäsche vollkommen verinnerlicht haben, kann ich verstehen. Wie schwer muss es sein, eine Denkweise abzulegen, die man praktisch von Geburt an eingebläut bekommen hat?