ES contra Gewissen

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  • Hallo Ihr Lieben, es geht um ein für mich heikles Thema - ich weiß gar nicht so recht, wie und wo ich anfangen soll. Vielleicht etwas in der Vergangenheit ... Ende der 80-er Jahre mußte ich auf der Autobahn den Unfall eines Tiertransporters mit ansehen - Dutzende Schweine waren auf engstem Raum zusammengefercht und durch den Unfall verletzt worden. Einige waren tot, andere lagen apathisch herum, die meisten schrieen furchtbar. Auf jeden Fall wurde ich durch diesen Unfall aufmerksam darauf, woher mein "Schnitzel" kommt (früher schlachteten wir, also meine Familie, selbst, damit hatte ich eigentlich kein großes Problem), aber nun begann ich mich zu informieren, wie die Tiere gehalten, transportiert und geschlachtet werden. Je mehr ich las, desto schockierter wurde ich - und desto weniger Fleisch konnte ich noch essen. Ich informierte mich immer weiter - wenn man einmal in die Materie eingestiegen ist, bleibt man nicht beim Fleisch stehen, es ging auch mit Milch und Eiern (sowie allen anderen Tierprodukten) weiter. "Erschwerend" kommt hinzu, dass ich ein ziemlich konsequenter Mensch bin ... Nach einiger Zeit lebte ich also nicht nur vegetarisch, sondern vegan. Unterbrochen wurde diese Lebensform nur durch einige Freßanfälle, die mich dann zwangen, Burger und Puddings in mich reinzustopfen, was natürlich zu furchtbar schlechtem Gewissen den Tieren gegenüber führte. Im großen und ganzen hatte ich mich aber unter Kontrolle - und genoß mein veganes Essen. Anfang letzten Jahres jedoch, als mir bewußt wurde, dass ich unter einer Essstörung leide, beschloß ich mir nichts mehr zu verbieten. Auch Fleisch/Milch/Eier nicht. Erstaunlicherweise schaffte ich auch, mein Gewissen zu beruhigen - ich wollte unbedingt etwas für mich tun und aus dieser ES rauskommen. Außerdem hatte ich ja noch mein Engagement im Tierschutz. Ich aß also wieder alles, erlegte mir keine Verbote auf - aber im Laufe der Zeit wird mein Gewissen immer stärker belastet. Ich möchte wieder vegan leben - habe aber Angst, wieder mehr Freßanfälle zu bekommen, wenn ich mich "einschränke". Gibt es denn unter uns Essgestörten hier noch andere Vegetarier/Veganer, die damit irgendwie umgehen können und mir evtl. diese Angst nehmen können? Ich meine, es muß doch eine Lösung geben :confused: Darcy
  • Ich lebe seit 18 Jahren ovo-lakto-vegetarisch, habe aber nie das Gefühl gehabt, mir etwas zu "verbieten" - es war ja [i]meine[/i] [b]freiwillige[/b] Entscheidung, keine toten Tiere mehr zu essen - und habe wohl deshalb nie Probleme damit gehabt. Ein Verlangen nach Fleisch, Wurst, Schinken kenne ich schon lange nicht mehr. Allerdings leide ich nicht unter einer Eßstörung und kann mich wohl deshalb nicht so ganz in dich hineinfühlen, sorry!
  • Hallo Rascha, vielen Dank für Deine Rückmeldung. Natürlich war es auch für mich eine freiwillige Entscheidung - getroffen sowohl vom Kopf her als auch vom "Herzen" (klingt jetzt irgendwie doof, aber ich weiß nicht, wie ich das anders ausdrücken soll). Allerdings ist die ES etwas, was völlig außerhalb meiner Kontrolle liegt - außerhalb dessen, was ICH entscheiden kann. Hinzu kommt, dass ich rein geschmacklich durchaus etwas vermisse, wenn ich mich vegetarisch/vegan ernähre - was ich auch durch "Ersatzprodukte" nicht ausgleichen kann (deshalb esse ich auch keinen Fleischersatz oder vegane Wurst oder sowas - der Geschmack ist eh nicht nachzumachen, also dann lieber gar nichts derartiges). Insofern ist es also durchaus eine Einschränkung, zumindest was den Geschmack angeht. Darcy
  • hm, ich denke, in deiner situation würde ich mir wohl einen bio-bauernhof suchen, der auch noch selber schlachtet und verarbeitet. und mir für den "fleischhunger" einen (tiefgekühlten) vorrat an eiern, milch und fleisch zulegen. alternativ einen bioladen, dem du vertraust, was die herkunft der tierischen produkte betrifft. wie weit du damit zum fleischesser wirst, ist wohl von deinem geldbeutel abhängig... nebenbei: bei komplett veganer lebensweise stelle ich es mir enorm schwierig vor, nicht in einen eiweißmangel abzurutschen, ein teil der "eßstörung" könnte damit durchaus eine starkes körperliches signal sein.
  • hallo darcy, also ich war auch veganerin bzw. vegetarierin, habe aber vor ca. zwei jahren wieder begonnen mit dem fleischessen. aus demselben grund wie du. ich finde es auch sehr schwer, meine lösung ist bislang, dass ich wirklich ausschließlich biofleisch esse (ich ernähre mich auch sonst nur vollwertig und bio). ich erinnere mich noch gut an den moment, in dem ich beschloss, wieder fleisch zu essen. ich unterhielt mich mit einer freundin und hörte mich selbst, ganz dogmatisch dozieren, dass ich niiiie wieder ein schnitzel essen wolle blabla. ich war von meinem eigenen dahergerede richtig angewidert und am selben tag bekam ich einen essanfall und aß fleisch. natürlich war ich total fertig und sprach das in meiner nächsten therapiestunde an, fazit: ich sollte mir nichts verbieten. ich hatte skrupel, weil ich dann ja kein so guter mensch sein würde, fing aber trotzdem wieder mit fleischessen an. mittlerweile ist es so, dass ich das in die richtung überdenken will, dass ich mich nur an aussagen orientiere, die "ich will" oder "ich werde" heißen und nicht "ich muss" "ich darf nicht". außerdem begeh ich nicht mehr den fehler, unbedingt so ein supermensch sein zu müssen. das ist dieser unbarmherzige perfektionismus der essgestörten. in zukunft seh ich es so: ich will tiere schützen und verstärke deshalb mein vegetarisches kochen/essen. wenn ich dann mal gusto auf fleisch habe, ess ich auch eins, aber biofleisch. könnte leicht sein, dass das ganz selten der fall sein wird. biofleisch auch deshalb, weil es gesünder für mich ist. an deiner stelle würde ich es auch einmal mit bewussterem fleischkonsum probieren, iss vor allem nur fleisch, das dir wirklich schmeckt (lieblingsgerichte) und setz dich bloß nicht zu sehr unter druck. liebe grüße, christine
  • [QUOTE]nebenbei: bei komplett veganer lebensweise stelle ich es mir enorm schwierig vor, nicht in einen eiweißmangel abzurutschen, ein teil der "eßstörung" könnte damit durchaus eine starkes körperliches signal sein. [/QUOTE] Einen Eiweißmangel hatte ich eigentlich nie, wenn man sich einigermaßen mit veganer Ernährung auskennt, kennt man auch seine Eiweißquellen ;) Das einzige Problem, was ich bezug auf Mangel hatte, war Eisen. Das hatte allerdings gynäkologische Gründe und wäre auch mit Unmengen von Fleisch nicht zu lösen gewesen - ist aber inzwischen auch erledigt. Inzwischen decke ich auch immer mehr die Ursachen meiner ES auf, bin mir also ziemlich sicher, dass ein eventueller Eiweißmangel nicht dahintersteckt. Die Lösung mit dem Biofleisch ist in dem Sinne auch keine, da ich (außer bei Restaurantbesuchen) sowieso fast ausschließlich Biofleisch/-käse/-eier konsumiert habe - was aber mein Gewissen, das Töten/Schlachten betreffend, nicht wirklich beruhigt. Es ist ja auch nicht so, dass ich Unmengen von Fleisch verzehren würde, nur "erlaube" ich es mir momentan (weil ich eben ganz bewußt mir NICHTS verbieten will), aber wenn ich es dann esse, krieg ich Schuldgefühle den Tieren gegenüber. Darcy - die sich irgendwie wohl nicht verständlich machen kann :-o
  • Hallo Christine, da haben sich unsere Antworten grad überschnitten - ich bin froh, dass Du in einem ähnlichen Konflikt steckst wie ich, da fühl ich mich gleich nicht ganz so "strange". [QUOTE] außerdem begeh ich nicht mehr den fehler, unbedingt so ein supermensch sein zu müssen. das ist dieser unbarmherzige perfektionismus der essgestörten.[/QUOTE] Tja - das ist mein wunder Punkt - ich hab unmenschlich hohe Erwartungen an mich selbst, das wird mir grad mal wieder so richtig schön bewußt :cool2: Liebe Grüße, Darcy
  • doch doch, du machst dich schon verständlich. es ist auch bei mir so, dass die entscheidung fürs fleischlose essen freiwillig geschah, aber es gab dazu so einen moralischen druck aus mir heraus, den ich bei rascha zum beispiel nicht vermute. ich glaube, dass du es andersrum probieren solltest. vielleicht mit der frage, warum wir essgestörte immer in alles-oder-nichts-denken verfallen. ich finde die entscheidung zur bewältigung der ES jetzt fleisch zu essen richtig. wie es einmal DANACH aussehen wird, kann ich nicht sagen. vielleicht kehrst du DANACH zum veganen essen zurück oder du findest einen modus, wie du es aushalten kannst, dass du getötete tiere isst. raschas entschluss ist vielleicht ganz rational, sie will nichts mit tiermord zu tun haben, unser entschluss ist emotional. die schuldfrage fühlt sich dann eher an wie bei einem kind. red doch mal in der therapie darüber, das ist doch ein interessanter punkt. lg, christine
  • [QUOTE=Darcy] Das einzige Problem, was ich bezug auf Mangel hatte, war Eisen. Das hatte allerdings gynäkologische Gründe und wäre auch mit Unmengen von Fleisch nicht zu lösen gewesen - ist aber inzwischen auch erledigt. [/QUOTE] Eine alte Schulfreundin von mir ist schon immer gerne recht dogmatisch aufgetreten in ihren Übzeugungen, warf einiges aber auch beizeiten wieder über Bord. Sie wurde zu Beginn des Studiums Vegetarierin und proklamierte einige Zeit später, dass ihr das zu inkonsequent sei und sie vegan leben wolle. Ihre Lederklamotten wollte sie noch "zuende tragen" und danach käme ihr sowas nicht mehr ins Haus. In der Mensa blickte sie abfällig auf diejenigen, die Fleisch aßen und wurde nicht müde, zu erklären, Fleischverzehr sei Mord etc. Ich habe mehrere ihrer eher spleenigen Phasen mitsamt ihrer Auflösung erlebt und habe es in dem Fall nicht weiter verfolgt, zumal wir uns etwas aus den Augen verloren. Irgendwann wurde sie dann ungewollt schwanger und während der SS sank ihr Eisenwert drastisch. Bei ihr machte sich das in extremem Appetit auf Fleisch bemerkbar, weil es offensichtlich eine Mangelerscheiung war. Zuerst geschah das wahrscheinlich mit schlechtem Gewissen, aber inzwischen steht sie dazu, Fleisch wirklich zu genießen. Vielleicht hast Du selbst mehr davon, wenn Du wirklich nicht versuchst, Dir etwas zu verbieten, wonach Du Dich eigentlich sehnst. Die Vorschläge, Fleisch direkt über einen Bio-Bauern zu beziehen oder zumindest von einem Bioladen Deiner Vertrauens halte ich für einen guten Kompromiss. Es wird Dir vielleicht besser gehen, wenn Du zwar Fleisch auf Deinem Ernähungsplan zulässt, aber nicht das als solches bezeichnete Zeug aus dem Supermarkt um die Ecke beziehst. Den Druck und den Fehler, an sich selbst höhere moralische und leistungsmäßige Ansprüche zu stellen als an andere, kenne ich selbst nur zu gut. Der bringt Dich letzten Endes nicht weiter und sorgt stattdessen für viel Frust.
  • [QUOTE]red doch mal in der therapie darüber, das ist doch ein interessanter punkt.[/QUOTE] Ich mach doch gar keine Therapie, Christine - momentan (eigentlich schon seit Monaten) "bearbeite" ich mich selbst. Bin dabei auch einigen Dingen auf die Spur gekommen, hab z.B. rausgefunden, wofür ich meinen dicken Bauch "brauche", wofür er für mich steht. Der Entschluß, vegan zu leben, war damals natürlich nicht nur emotional getroffen, sondern hatte auch ganz rationale Gründe. Ich bin ja heute noch der Meinung, dass jeder, der sich mal wirklich detailliert mit dem Thema (Massen)tierhaltung, Schlachten (besonders auf Schlachthöfen), Milchproduktion usw. auseinandergesetzt hat, fast zwangsläufig zum Vegetarier/Veganer wird, nicht nur aus Mitleid mit den Tieren und Entsetzen über die Menschen, sondern auch, weil man rein rational einige andere Probleme der Menschheit lösen könnte, wenn man den Fleisch-/Milchkonsum drastisch reduzieren würde. Mein "gynäkologisch bedingter" Eisenmangel lag übrigens nicht an einer Schwangerschaft (während meiner Schwangerschaft wurde mir allein vom Geruch nach Fleisch, aber auch nach Milchprodukten furchtbar übel, sodass ich während dieser Zeit zum reinen Obstesser mutierte), sondern an heftigsten Blutungen, die mit Hilfe mehrerer OP's "beseitigt" wurden. So viel Fleisch hätte ich nie essen können, um das auszugleichen. Das mit dem Biofleisch praktiziere ich ohnehin, bringt mir aber nicht wirklich "Erleichterung", da die Tiere ja trotzdem sterben müssen. Der Unterschied zu Rascha liegt m.E. wohl wirklich darin, dass sie eben NICHT essgestört ist wie ich - außerhalb von Freßanfällen hab ich kein Problem mit dem Fleischessen bzw damit vegan zu leben. Ich hatte halt wieder angefangen, Fleisch zu essen, um über den Weg mir nichts zu verbieten weniger Essanfälle zu bekommen. [QUOTE] ich glaube, dass du es andersrum probieren solltest. vielleicht mit der frage, warum wir essgestörte immer in alles-oder-nichts-denken verfallen. [/QUOTE] Dieses "Alles-oder-nichts-Denken" habe ich schon, seit ich zurückdenken kann (also schon vor der ES, es sei denn, ich war als Kind schon essgestört - was ja durchaus möglich wäre). Ich denke, es ist Teil meiner Erziehung, Teil meines "Ich" - und kann mir absolut nicht vorstellen, dass es anders sein könnte. Nachdenkliche Grüße, Darcy
  • [QUOTE=Darcy]Ich mach doch gar keine Therapie, Christine - momentan (eigentlich schon seit Monaten) "bearbeite" ich mich selbst. [/QUOTE] oh, entschuldige, da hab ich dich dann leider verwechselt. ich schreibe für eine organisation, die gegen tierfabriken arbeitet und käfighühner befreit und transporte stoppt, spendenmailings. daher seh ich natürlich auch immer schlimme bilder und kenne viele details. das ist natürlich bei mir auch rational, aber trotzdem würde ich meine motivation emotional nennen. naja. kennst du das buch: monika schimpf: selbstheilung von eßstörungen (für langjährig betroffene) es ist ein arbeitshandbuch. ich habe es bereits zwei oder drei jahre, bin aber immer ganz vorn steckengeblieben. heute glaube ich, dass ich noch nicht "reif" dafür war. jetzt hab ich nämlich hinten aufgeschlagen und im vorwort meint sie auch, man soll sich nicht sklavisch dranhalten. eigentlich hatte ich die nase voll von büchern, aber ich finde dieses bei genauer betrachtung sehr sehr gut. monika schimpf ist diplom-psychologin und familientherapeutin und hat in berlin ein institut (institut für systemische therapie I.S.T.) interessant finde ich an diesem institut: "die therapeutische vorgehensweise verzichtet auf jegliche spielart der defizitdiagnostik und lehnt besonders beio essstörungen die grandma-mother-daughter-blaming-theory ab. im fokus der therapien stehen die selbstheilungskräfte und eigene lösungsideen, die es zu verstärken und auszubauen gilt." und das buch ist auch sehr praxisbezogen und schlau. vielleicht wäre das ja was für dich und andere hier aus dem forum. ich habe drei jahre alleine herumgewurschtelt, in einem forum und bin seit zwei jahren in therapie. schätze, die wird noch etwa ein jahr dauern, aber es geht mir jetzt schon so viel besser. das buch finde ich nun gerade richtig. klappentext: dieses buch richtet sich an frauen, die sich seit vielen jahren mit hungerzeiten, vielzuviel-essen und/oder brechen hertumquälen und sich traurig und resigniert von der sonnenseite des lebens zurückgezogen haben. angesprochen sind auch diejenigen, denen bisher psychotherapien und klinikaufenthalte nicht helfen konnten. liebe grüße, christine
  • Vielen Dank für den Buchtipp, Christine, werd ich mir bei Gelegenheit unbedingt besorgen. Ich selbst bin ja von Susi Orbach und ihrem "Antidiät-Buch Teil I und II" begeistert und habe dort schon sehr viel für mich erarbeiten können. Zusätzlich ziehe ich sehr viel aus diesem Forum (früher auch woanders), was mir weiterhilft. Eine Therapie würde ich auch sehr gern machen, habe aber im Moment weder einen passenden Therapeuten in der Nähe noch die Zeit dafür (klingt jetzt wie 'ne Ausrede, ist aber leider wirklich so). Deine Tierschutzarbeit finde ich übrigens super - ich selbst bin bei den Kaninchen organisiert (für die es ja leider nichtmal 'ne Haltungsverordnung gibt - dafür aber abartig schreckliche Bedingungen bei den Mastkaninchen, aber auch im privaten Bereich), schaue aber auch über den Tellerrand hinaus, interessiere mich also nicht nur für die "kleinen Süßen". Liebe Grüße, Darcy
  • Also, ich kenne jemanden, bei dem es umgekehrt ist. Sie lebt prinzipiell vegetarisch, bekommt aber Fressanfälle, wenn sie [b]nicht[/b] vegan lebt. Weil bei ihr wohl Milch die Fressanfälle auslöst. Bei mir selbst kann ich ähnliches nicht beobachten. Ich habe auch schon einige Zeit vegetarisch gelebt, momentan verzichte ich auf Fleisch von Vierbeinern, kaufe ansonsten so weit wie möglich BIO ein. Milch vertrage ich nicht, Eier esse ich vielleicht 10 Stück im Jahr (dieses Jahr waren es wohl etwas mehr, da ich im Frühjahr einen ziemlichen Jieper auf Eiersalat mit Thunfisch hatte), aber eines ist mir trotz alledem (und trotz diagnostizierter ES) fremd: Fressanfälle. Gibt es auch ES ohne Anfälle? Ich wünsch Dir trotzdem alles Gute und würde mich dem Raat mit dem Biobauern vorbehaltlos anschließen. Kirstin
  • hallo darcy! ich möchte da nochmals nachfragen, einfach zu meinem verständnis. ich kann deinen ekel vor dem fleisch, (den eiern der milch) gequälter tiere wirklich gut nachvollziehen. aber was genau, macht dir das schlechte gewissen, wenn du "eier von glücklichen hühnern" isst? ist das noch ein moralisches problem, oder ist das ein teil des "ich muss mir das essen (= das leben) möglichst schwer machen, um überhaupt eine existenzberechtigung zu haben"syndroms? schieb den gedanken an eine therapie ganz nach oben auf deiner prioritätenliste. oft ist es weniger schwierig jemand guten zu finden, als man denkt :)
  • [QUOTE]aber was genau, macht dir das schlechte gewissen, wenn du "eier von glücklichen hühnern" isst? [/QUOTE] Das "Problem" liegt im Detail. Zum Einen sind die Eier ja im Prinzip nix anderes als werdendes Leben, Embryos, die meinetwegen gar nicht erst leben dürfen. Zum Anderen braucht man halt auch immer wieder "neue" Hühner, die dann wieder Eier legen (ein Huhn hätte eine natürliche Lebenserwartung von 20-30 Jahren, wenn es denn nicht geschlachtet werden würde, nachdem seine "Hauptlegezeit" vorbei ist - nur kann sich niemand leisten, all seine Legehennen sozusagen in "Rente" durchzufüttern bis sie eines natürlichen Alterstodes sterben). Also werden immer wieder neue Eier ausgebrütet, um Legehennennachwuchs zu haben. Schon haben wir das nächste Problem - denn es schlüpfen ja nicht nur weibliche Küken, sondern ca. 50% Hähne. So viele Hähne kann aber auch der schönste Bio-Bauernhof mit glücklichen Hühnern verkraften - also wohin damit? Im "besten" Fall dürfen diese kleinen Hähne noch ein paar Wochen leben und enden dann am Grill (im schlimmsten werden sie direkt nach dem Schlüpfen vergast). Also sind Eier nur oberflächlich ohne Tötung von Tieren zu "erzeugen", wenn man aber ins Detail geht, muß man feststellen, dass Unmengen von Tieren (Hähnchen, aber auch Hennen nach ihrer "Hochleistungslegezeit") dabei draufgehen. Ähnlich ist es ja mit Milch (auch da werden "natürlich" die Kühe geschwängert um überhaupt Milch zu liefern, die männlichen Kälber gehen in die "Wurscht", die weiblichen "dürfen" Milch liefern - aber da auch bei ihnen die Leistungsfähigkeit begrenzt ist, erreichen sie nie ihr "Rentenalter" bzw. natürliches Alter von 40 Jahren). Wenn man diese Hintergründe alle kennt, ist es doch verständlich, dass man keine Milch/Eier ohne Gewissenskonflikte zu sich nehmen kann - was ich halt versucht hatte, um die ES in den Griff zu kriegen - aber nicht mehr aushalten kann. @Kirstin: Ich weiß, dass meine Essanfälle nicht durch Milch ausgelöst werden, sondern ziemlich handfeste psychische Auslöser da sind - an denen ich aber arbeite und die in den letzten 3-4 Wochen deutlich zurückgegangen sind. Eine ES kann man auch ohne Essanfälle haben, es gibt ja verschiedene Arten von Essstörungen. Wie oben beschrieben ist der Biobauer nicht die ultimative Lösung, wobei ich sowieso tierische Produkte ausschließlich dort kaufe. Aber auch das hat eben seine Grenzen, weil selbst der gutherzigste Biobauer auch wirtschaftlich denken muß. @Rita: Ich hab die Therapie an zweitoberster Stelle meiner "Liste" - ganz oben steht eine neue Hausärztin - dort hab ich nächste Woche 'nen Termin zwecks Schilddrüse/Leber/organische Abklärung des ÜG. Vielen Dank Euch allen, Darcy
  • Nun, du hast natürlich im Prinzip recht, allerdings frage ich mich, ob du da nicht etwas [b][i]zu[/i][/b] konsequent handelst und dich somit unnötig unter Druck setzt. Ich habe Mitte der 80er (u. a.) das Buch "Endzeit für Tiere" von Sina Walden gelesen, und diese Lektüre gab den letzten Ausschlag für meinen Entschluß, mich künftig ovo-lakto-vegetarisch zu ernähren. Natürlich hätte ich auch [i]noch[/i] konsequenter sein und mich für ein veganes Leben entscheiden können. Dann allerdings müßte ich ja noch weiter gehen und auf praktisch alle Körperpflegemittel verzichten, auf eine Menge wichtiger und nützlicher Medikamente, auf Wolle, auf Leder, auf Seide, auf etliche Farben, Lacke, Kunststoffe usw. usf. Das nimmt dann im Grunde gar kein Ende. Wo sollte ich denn da die entscheidende Grenze setzen können? Ich habe mich gegen einen veganen Lebensstil entschieden, weil ich [i][b]nicht perfekt sein kann und will[/b][/i] und gar nicht in der Lage bin, als konsequenter Gutmensch die Welt umzukrempeln. [b]Ich kann mir selber nur Grenzen setzen, die ich auch tatsächlich einhalten kann, ohne schmerzhaften Verzicht zu üben.[/b] Es nützt niemandem etwas, wenn ich mir Einschränkungen auferlege, die mein Leben weniger lebenswert machen und meine Lebensfreude verringern. Wesentlich ist für mich, daß ich das unterlasse, was ich relativ leicht unterlassen kann - nicht, daß ich mich quälen und mühen muß und mir Dinge verkneife, auf die ich gar nicht verzichten kann und will. Ich bin, um es auf den Punkt zu bringen, nicht bereit, mich täglich mit Gewissenskonflikten herumzuschlagen.
  • [QUOTE=Darcy] Nach einiger Zeit lebte ich also nicht nur vegetarisch, sondern vegan. Unterbrochen wurde diese Lebensform nur durch einige Freßanfälle, die mich dann zwangen, Burger und Puddings in mich reinzustopfen, was natürlich zu furchtbar schlechtem Gewissen den Tieren gegenüber führte. Im großen und ganzen hatte ich mich aber unter Kontrolle - und genoß mein veganes Essen. ... Gibt es denn unter uns Essgestörten hier noch andere Vegetarier/Veganer, die damit irgendwie umgehen können und mir evtl. diese Angst nehmen können?[/QUOTE] Hallo Darcy, ich glaube, ich kann Dir nicht wirklich gute Tipps geben. Was ich Dir aber sagen/schreiben kann, ist, dass Du damit nicht allein bist. Zumindest mir ging es ähnlich. Ich habe mich Anfang 1990 vegan ernährt und hatte gleichzeitig meine akute ES-Phase, zwar nicht mit Fleisch, aber mit Milch(produkten) und Eiern. Während meiner Schwangerschaft 1995 begann ich eine Therapie und fing sozusagen offiziell wieder mit Milch und Eiern an. Ich bin mir aber nicht sicher, inwiefern das Einfluss darauf hat, dass ich meine ES einigermaßen in den Griff bekommen habe. Vielleicht ein bisschen, weil ich es mir nicht mehr verboten habe, denn der Heißhunger auf Milch war da. Nun esse ich ab und an Milch- und Eiprodukte, wenn ich richtig Appetit darauf habe. Vielleicht wäre eine bewusste Entscheidung hilfreich, Dich erst Mal wichtiger zu nehmen als alles andere - ich weiß nicht, schwierig, schwierig! Liebe Grüße Andrea :)
  • [QUOTE=AndreaMei]Hallo Darcy, Vielleicht wäre eine bewusste Entscheidung hilfreich, Dich erst Mal wichtiger zu nehmen als alles andere - ich weiß nicht, schwierig, schwierig! [/QUOTE] das glaube ich auch. meiner erfahrung nach ist es der wichtigste schritt beim knacken einer ES, aus druck und zwängen von außen bzw. selbstauferlegten zwängen (viele essgestörte frauen sind perfektionistinnen) auszusteigen und zu persönlichen entscheidungen zu gelangen. also nicht "ich muss/soll/darf nicht etc." sondern "ich werde/will". das hört sich vielleicht etwas nach gehirnwäsche an, aber ich bin draufgekommen, dass ich mich nahezu andauernd selbst durch mein leben kommandiert habe. die individuellen entscheidungen nach den tatsächlichen jeweiligen wünschen zu treffen, fröhlich und leicht, das war für mich ein sehr weiter weg. ich musste das richtig üben und es fühlte sich absolut fremd an. heute habe ich tatsächlich das gefühl, dass ich wirklich hinter meinen wünschen stehe. ich denke, wenn das wirklich völlig in fleisch und blut übergegangen ist, könnte man vielleicht auch zu entscheidungen kommen, die das nicht-essen von eiern beinhalten - ohne essanfall. ich verstehe absolut deine gedanken, darcy, aber eieressen ja/nein ist derzeit nicht deine baustelle. meine therapeutin hat mich neulich darauf aufmerksam gemacht, dass ich jetzt nicht mehr blind gegen etwas kämpfe, mich irrsinnig aufrege etc., sondern dass ich mittlerweile einfach meine interessen vertrete. dein interesse, darcy, ist nun, die ES loszuwerden. ich bin heute der meinung, dass beruhigung die beste methode ist, um eine störung zu beseitigen. beruhigung durch konsequente gute selbstversorgung, durch konsequentes beachten der eigenen gefühle. solange dein "ich will ein weich gekochtes ei" oder "ich will ein schnitzel" stärker ist als "ich will, dass keine tiere sterben" wäre es kontraproduktiv, gegen deine lust zu handeln. freie entscheidungen und wahre gefühle sind die besten wegweiser, denke ich. liebe grüße, christine p.s. meine arbeit für die tierschutzorganisation ist übrigens kein privates engagement, ich verdiene mein geld damit. natürlich ist es mir lieber, geld für einen gnadenhof zu beschaffen als haarshampoo zu verkaufen, keine frage. und ich versuche - so wie auch rascha und andreaMei - möglichst wenig schaden anzurichten durch meine bedürfnisse.