Das Lucky-Luke-Symptom

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  • [color=#000000]Ich sehe mein Spiegelbild.[/color] [color=#000000]Es ist fast so, als würde ich über meine Schulter schauen.[/color] [color=#000000]Betrachte meinen Körper - er ist ungewöhnlich, denke ich.[/color] [color=#000000]Er passt zu niemand anderen außer zu mir, er hat mein Innen geprägt.[/color] [color=#000000]Er hat mich zerbrechlich gemacht, verletzlich, er hat mich gezwungen, stark zu sein, auszuhalten, durchzustehen.[/color] [color=#000000]Ich irre vielleicht?[/color] [color=#000000]Ist es nicht eher so… dass ich meinem Körper viel abverlange? …dass mein Innen ihn krank gemacht hat?[/color] [color=#000000]Du bist schön, höre ich mich.[/color] [color=#000000]Ich weiß, erwidere ich.[/color] [color=#000000]Die Zeiten, als er schlank war, ich erinnere mich.[/color] [color=#000000]Der eine Nachmittag, an dem ich vor dem Spiegel lag, hat sich seltsamerweise in mein Gedächtnis gebrannt.[/color] [color=#000000]Wohl, weil ich mein anderes Ich gesucht habe. Versucht, mich neu zu sehen, in dem veränderten Körper.[/color] [color=#000000]War er anders als sonst? Nicht?[/color] [color=#000000]Ich habe mich mittlerweile fast verdoppelt, ich und er - wir müssen anders ausgesehen haben![/color] [color=#000000]Ich bin erst viel später darauf gekommen, dass ich es gar nicht anders empfunden haben kann.[/color] [color=#000000]Ich kenne mich nicht anders. An diesem Tag meine ich, begriffen zu haben, wie Magersüchtige denken, die - obwohl sich ihr Körper dramatisch verändert - immer nur das eine Bild eines statischen Körpers vor sich sehen.[/color] [color=#000000]Tatsächlich, ich empfinde kaum Unterschied zwischen dem Bild von früher, damals und jetzt.[/color] [color=#000000]Es ist absurd, natürlich sind die Unterschiede gravierend… was ist mit meinem Körpergefühl?[/color] [color=#000000]Ich sehe diesen Satz jetzt schwarz auf gelb. Booom.[/color] [color=#000000]Was ist mit meinem Körpergefühl?[/color] [color=#000000]Wirklich, ich finde mich schön - aber das hat nichts mit diesem Körper zu tun. Der ist nicht schön, nein, irgendwie nicht. Aber ich bin schön mit ihm. Herrje.[/color] [color=#000000]Ich balanciere immer auf einem schmalen Grat, will ihn verstecken und dennoch style ich mich, so dass ich zwangsläufig auffallen muss.[/color] [color=#000000]Manchmal bin ich wütend auf ihn: er verhindert mich![/color] [color=#000000]In kurzen Momenten der Erhellung poltert wieder der Umkehrschluss herein: du verhinderst ihn und uns![/color] [color=#000000]Die Ambivalenz macht mich manchmal rasend. Was sich aber nicht in Raserei, sondern im Gegenteil, Depressionen, zeigt. Nur Antithesen, es ist zum fürchten…[/color] [color=#000000]Vielleicht hätte ich sogar meinen Frieden mit mir, aber das Außen belastet mich, ständig steht man in Konfrontation mit anderen. Ich bin so müde deswegen… will nicht mehr ertragen müssen, dass andere mich ungefragt mit ihren Meinungen belegen… will mich nicht mehr verletzen lassen, weil andere über mich urteilen, ohne mich zu kennen… will mich nicht mehr schuldig fühlen, weil ich nicht was auch immer entspreche…[/color] [color=#000000]Ich fürchte, mit meinem Blick stehe ich fast allein da.[/color] [color=#000000]Habe mein allgegenwärtiges, schlechtes Gewissen, weil ich - glaube ich - keine Essstörung habe, keine organische Krankheit, die mich dick werden ließ, gehöre deswegen wieder mal nicht "dazu"… vielleicht denkt niemand so, ich bilde es mir aber ein.[/color] [color=#000000]Güte, ja.[/color] [color=#000000][i]"I'm a poor lonesome cowboy. I'm a long, long way from home.[/i][/color] [color=#000000][i]And this poor lonesome cowboy, has got a long, long way to roam."[/i][/color] [color=#000000]Warum bin ich wohl manchmal so ein zynischer Mensch?[/color] [color=#000000]Was für ein Chaos![/color] [color=#000000]Liebe mich, lieb mich nicht, oder doch alles oder nur ein wenig, einen Teil, meinen großen Zeh, man ganzes Ohr, ach… ein Hoch auf die Surrealität dieses Lebens…[/color]
  • [QUOTE=Berkana][color=#000000]Ich sehe mein Spiegelbild.[/color] [color=#000000]Es ist fast so, als würde ich über meine Schulter schauen.[/color] [color=#000000]Betrachte meinen Körper - er ist ungewöhnlich, denke ich.[/color] [color=#000000]Er passt zu niemand anderen außer zu mir, er hat mein Innen geprägt.[/color] [/QUOTE] Hallo Berkana, ... das ist sehr schön geschrieben und ich finde mich in manchen Punkten wieder. Vielleicht gehörst du ganz einfach so wie du bist. Vielleicht bist du so wie du eben sein musst... Warum wollen wir alle immer in ein Schema passen, das die Medien uns vorgeben. Jemand, der 2 Meter groß ist ließe sich am liebsten die Knochen absägen. Wer zu klein ist, will sich strecken lassen. Wer eine Brille braucht, trägt Kontaktlinsen, wer seiner Nase überdrüssig ist lässt sich operieren... Zumindest ist fast jeder unzufrieden mit dem, was ihm die Natur gegeben hat. Warum können wir uns nicht an der Vielfalt menschlicher Erscheinungsformen erfreuen? An den Unterschieden? Was ist schön? Was ist häßlich? Wer hat das zu bestimmen? Ich will da nicht mehr mitmachen und fahre inzwischen jedem über den Mund, der meint er muss über andere Menschen herziehen, weil sie irgendeiner Norm nicht entsprechen. Weil sie irgendeinem Schönheitsideal nicht gleichkommen. Ich kann da echt sauer werden, obwohl ich normalerweise ein "sonniges Gemüt" habe. Ich kenne inzwischen etliche Fotos aus dem Forum und sehe lauter individuelle Menschen, die alle auf ihre Weise schön sind. Aber dieses Wissen hält mich nicht davon ab, mich selber an manchen Tagen nicht so zu akzeptieren wie ich bin. Es ist ein ewiger Eiertanz... Danke für diese fast poetischen Worte Berkana...
  • Vielen Dank, Diomera! Es bedeutet mir viel, wenn du sagst, meine Worte klängen poetisch. Diese Reibung zwischen dem, was ich für mich empfinde, und dem, was ich für mich nach Meinung des Außen empfinden darf/ sollte, ist etwas, an dem ich mich momentan wieder sehr abarbeite. Die Selbstakzeptanz - da sie auf so wackeligen Stelzen steht - aufrecht zu erhalten, auch wenn es mächtig Gegenwind gibt, ist so ein schwerer Prozess...
  • Da schreibt jemand solch etwas Wunderbares, Wunderschönes, dem Respekt und Anerkennung gezollt gehört - und die werten Mods kotzen sich im nicht-gewollten Laberthread aus so nach dem Motto: "Ach-was-sind-wir-lustig-und-vergnügt" über belangloses Zeug aus. Schade. So. Und nun sperrt mich.
  • Ich finde es übrigens wirklich wunderschön, was Du da geschrieben hast, Berkana.
  • Boah. Ich habe vieles in dem wiedergefunden, was du geschrieben hast, das mir vertraut vorkommt. Nach einem so langen Arbeitstag wie heute muss es sich erstmal setzen. Aber in einem hat Diomera schonmal Recht: Es ist Poesie. Danke dafür.
  • Was mir gerade noch einfällt: In welcher Situation (oder [i]nach[/i] welcher Situation) bist du gewesen, als du das geschrieben hast?
  • Berkana, muss es denn Gründe dafür geben, warum man so ist wie man ist? Ich denke nein. Jeder Mensch ist anders, einzigartig. Es wird immer andere geben, die damit zurecht kommen, wie Du bist und welche, die nicht mit Dir klarkommen. Aber das ist normal. Das wäre so, wenn Du schlank bist, das wäre so, wenn Du dick bist. Es ist einfach so, dass Menschen unterschiedlich sind. Oftmals ist man vom "anderen" Denken der Anderen so geprägt, dass man sich dabei selbst verliert. Man versucht, die Sichtweise anderer zu verstehen und damit so sehr zu identifizieren, dass das eigentliche ICH irgendwo auf der Strecke bleibt und wenn man sich auf die Suche danach begibt, dann hat man immer wieder Zweifel, ob es richtig ist, ob man damit glücklich wird. Am Ende sind Du und Dein Körper eins. Ihr zwei müsst miteinander leben - für immer. Du kannst Deinen Körper nicht verlassen und er Dich nicht. Ich denke auch nicht, dass Dein Körper Dich verlassen will. Er braucht Dich. Er braucht Deine Liebe und Deine Zuwendung. Er kann nichts dafür, dass er so ist wie er ist. Er ist eben so. Man sollte nicht gegen ihn arbeiten. Denn wenn man das tut, erkennt man vielleicht zu spät, dass man eigentlich froh ist, diesen Körper zu haben, wie er jetzt ist. Das klingt verwirrend, aber ich denke, Du verstehst, was ich damit sagen will. :knuddel1:
  • [color=#000000]Hm Sally, es gab keinen bestimmten Auslöser oder vielleicht doch ewig viele.[/color] [color=#000000]Gerade in der letzten Woche hatte ich wieder zwei Erlebnisse und die haben mich so ein wenig angepiekst, obwohl sie gar nicht mal schrecklich negativ waren.[/color] [color=#000000]Ich wollte sie einfach mal runterschreiben, diese Sicht auf mich - es war Zeit.[/color] [color=#000000]Dieses Lonesome-Cowboy-Gefühl überkommt mich halt manchmal [img]http://das-dicke-forum.de/forum/images/smilies/wink.gif[/img] Allein mit mir in ewiger Prärie und das Gefühl, so seltsam außen vor zu sein. Das ist aber nicht mit Selbstmitleid zu verwechseln, nein, davon bin ich glücklicherweise frei.[/color] [QUOTE=Na_Ich]Oftmals ist man vom "anderen" Denken der Anderen so geprägt, dass man sich dabei selbst verliert. Man versucht, die Sichtweise anderer zu verstehen und damit so sehr zu identifizieren, dass das eigentliche ICH irgendwo auf der Strecke bleibt und wenn man sich auf die Suche danach begibt, dann hat man immer wieder Zweifel, ob es richtig ist, ob man damit glücklich wird.[/QUOTE] [color=#000000]Das hast du so unglaublich treffend zusammengefasst, danke dafür![/color] [color=#000000]Vom anderen Denken der Anderen geprägt…[/color] [color=#000000]Heute früh lag ich im Bett und konnte nicht mehr schlafen, weil mein Herz mal wieder Kapriolen schlug.[/color] [color=#000000]Und mir gingen wieder so viele Erinnerungen an Zerrissenheit durch den Kopf.[/color] [color=#000000]Ich war seltsamerweise oft 'Liebling', von den Großeltern, von meiner Mum (das Nesthäkchen halt), von meiner ältesten Schwester, von der Großtante, von Tante und Onkel, vom Lehrer, vom Chef usw.[/color] [color=#000000]- Mag sein, dass ich ein besonders aufgeschlossenes und freundliches Kind war und deshalb auch schon immer einen relativ großen Freundeskreis hatte, aber dann waren da diese Hofpausen mit den fiesen Hänseleien oder die Schulwege mit den übelsten, auch körperlichen Schikanierungen oder... immer die Vorletzte beim Mannschaftswählen.[/color] [color=#000000]- Meine älteste Schwester, mit der mich eine Art Seelenverwandtschaft verbindet und die dennoch am wenigstens mit meinem Dicksein zurecht kam und mich von einer Diät in die andere schickte.[/color] [color=#000000]- Komischerweise äußerte sich mein jugendliches Rebellentum gegenüber meinen Eltern vor allem in äußerlichen Abgrenzungen: die wildesten Frisuren, die schrägsten Klamotten, die untypischsten Schuhe.[/color] [color=#000000]- Besonders exemplarisch empfinde ich das Verhältnis zu meinem Klassenlehrer der 9. bis 11. Klasse. [/color][color=#000000]Ich war sein offensichtlicher Liebling, wurde teilweise im Deutsch- und Geschichtsunterricht mit ganz anderen Aufgaben bedacht, weil er mir den Stoff wie selbstverständlich zutraute. Aber er war auch Sportlehrer. In diesen Stunden hat er mich - man kann wohl getrost sagen - ignoriert.[/color] [color=#000000]- Ich hatte auch immer ein Kumpel-Verhältnis zu den Jungs meiner Klasse, bekam aber auch oft genug Sprüche von ihnen gedrückt. Einen Freund hatte ich nie. Viel später hat mir mal einer gestanden, in mich verliebt gewesen zu sein, aber das konnte man ja nicht öffentlich machen, weil… die Dicke halt.[/color] [color=#000000]- Und dann der krönende Abschluss meiner Schullaufbahn: ich schrieb die Aufführung zur Abi-Feier fast allein, wirkte auf der Bühne mit und wurde dann ganz zum Schluss allein auf die Bühne geholt und stand vor einer vor Applaus bebenden Aula und wurde gefeiert. Und im Publikum saßen die Sitzenbleiber-Typen, ursprünglich aus dem Jahrgang vor mir und nun mit mir endlich ihr Abitur schaffend, und tobten mit, also die Menschen, die mir so manchen Tag zur Hölle gemacht hatten (der Schlimmste von denen hatte das Abi allerdings auch nach dem dritten Anlauf nicht geschafft und ging ohne Abschluss von der Schule ab).[/color] [color=#000000]So kommt es, dass ich für so viele Dinge allein mein Gewicht verantwortlich mache und denke - wie ich oben schon mal schrieb - dass es mich verhindert.[/color] [color=#000000]Blöderweise kommt hinzu, dass ich dann während meiner beginnenden Studienzeit die Zeit und den Willen hatte, dreimal die Woche ins Fitnesscenter zu gehen und damit viel an Gewicht zu verlieren. Und plötzlich hatte ich eine Menge Verehrer. Dabei empfand ich mich doch gar nicht anders, das habe ich ja oben ausgeführt.[/color] [color=#000000]Ich habe meinen Freund in dieser Zeit kennen gelernt und ich habe seitdem enorm an Gewicht zugelegt.[/color] [color=#000000]Also fokussiert sich mein Unverständnis auf diesen Zwiespalt.[/color] [color=#000000]Ich kann zwar gemocht werden, aber immer wieder gibt es diesen Körper, der mir scheinbar im Weg steht.[/color] [color=#000000]Ob das wahr ist oder nicht, ob das überhaupt erstrebenswert ist (immer gemocht zu werden), sei wirklich dahingestellt. Aber in manchen Momenten… I have got a long, long way to roam.[/color] [color=#000000]Thx für das [img]http://das-dicke-forum.de/forum/images/smilies/knuddel1.gif[/img] und [img]http://das-dicke-forum.de/forum/images/smilies/liebegruesse.gif[/img] zurück![/color]