Verzweifelt

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  • Ich hoffe, dass ich hier keinem zu nahe trete, wenn ich meine momentane Gefühlslage darlege, doch ich fühle mich im Moment so emotional verzweifelt, und ich weiß überhaupt nicht wohin mit meinen Gefühlen. Ich führe einen innerlichen Kampf. Zwischen Selbstakzeptanz und Hass. [FONT=Verdana]Ich fühle mich so dick und hässlich und hasse mich so sehr, dass ich wieder zugenommen habe. Ich habe so Angst deshalb von meinem Freund verlassen zu werden. Als wir uns kennenlernten hatte ich gerade wieder eine Abnehm/Sportphase und war schlank. Ich hasse mich gerade regelrecht dafür, dass ich nicht mehr in meine Sachen reinpasse und ich merke wie alles enger wird. Ich probiere Sachen an um zu kontrollieren ob ich noch reinpasse und wenn ich merke das sie enger geworden sind bekomme ich Panik. Ich leide darunter so emotional und sehe keinen Ausweg. Meine Figur entspricht nicht dem Ideal das ich in meinem Kopf habe. Mein Leben ist ein Kampf. Ich halte es in meinem Körper nicht mehr aus. Ich habe es noch nie in meinem Körper ausgehalten. Ich denke, das Leben ist nur lebenswert, wenn man schlank ist. Ich denke mein Freund schämt sich für mich und alle anderen die mich sehen denken, dass ich es wieder nicht geschafft habe mein Gewicht zu halten. Am liebsten möchte ich gerade nur noch weinen. Der Spiegel macht mich so fertig. Ich kann meinen Anblick nicht ertragen. Ich kann Fotos von mir nicht ertragen. Egal wo ich mit meinen Gedanken hinrenne ich sehe keinen Ausweg. Als ich abgenommen hatte habe ich dafür von allen Anerkennung bekommen. Also finden alle anderen mich schlanker auch schöner. Schlank ist schön dick ist hässlich. So ist es in der Gesellschaft doch. Wieso muss man nur Essen und wieso kann Essen bloß eine Funktion übernehmen? Und wieso esse ich bloß so gerne? Ich leide an mir und meinem Körper und an meinen Gedanken. Ich würde mir wünschen mal einen Tag nicht an meine Figur und an mein dick sein zu denken. Wieso finde ich mich nur so hässlich und wieso finde ich meine dicke Figur so hässlich? Ich wäre so gerne mit mir im Reinen, egal wie mein Körper aussieht, ob dick oder dünn. Ängste rund um meine Figur plagen mich. Wenn ich mich dick finde steigt wirkliche Panik in mir auf. Ich bin schwach und eine Versagerin weil ich es wieder nicht geschafft habe mein Gewicht zu halten. Ich weiß, dass diese Gedanken ziemlich wirr sind und nichts mit der Realität zu tun haben. Ja, ich würde sie sogar als krank bezeichnen und leide sehr darunter. Ich weiß auch gar nicht was ich mir von diesem Post erhoffe. Vielleicht einfach nur etwas Trost und Jemanden der diese Gedanken ebenfalls kennt? [/FONT]
  • Aurelia, ich finde deine Gedanken nicht wirr und realitätsfremd. Hast du mit deinem Freund schon mal über deine Ängste gesprochen?
  • Ja, er sagt er liebt mich ob dick oder dünn und wenn wir uns irgendwann mal trennen sollten dann garantiert nicht wegen meinem Gewicht oder weil ich dick bin. Er sagt er hat sich noch nicht einmal für mich geschämt-ehr das Gegenteil. Das Schlimme: ich glaube ihm nicht, weil ich mich selbst so hässlich finde, dass ich mir einfach nicht vorstellen kann, das er mich so attraktiv findet. Ich finde mich schlank viel hübscher.
  • [quote='Aurelia','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=133536#post133536'][FONT=Verdana]Ich weiß auch gar nicht was ich mir von diesem Post erhoffe. Vielleicht einfach nur etwas Trost und Jemanden der diese Gedanken ebenfalls kennt?[/FONT][/QUOTE] [COLOR=#333333][FONT=Verdana]Ich glaube sogar, dass fast alle hier deine Gedanken kennen, denn genau solche Gedanken kamen mir auch, wenn ich mal wieder eine 300-500 Tageskalorien-Diät plus Sport machte.[/FONT][/COLOR] [COLOR=#333333][FONT=Verdana]Findest du es gut, dass die Gesellschaft das Dicksein mit Hässlichkeit gleichsetzt? Wenn du das [I]nicht[/I] richtig findest, dann steh auf und steh zu dir und deiner Äußerlichkeit … egal ob dick oder dünn, schwul oder hetero, schwarz oder weiß. Das Gefühl der Zwiespältigkeit wird dann [I]nicht[/I] wie weggeblasen sein, aber wenn du deinem Verstand in deinen Zweifelsphasen ein größeres Mitspracherecht gibst, dann wirst du auch irgendwann aufhören jeden Tag über deine Figur nachzudenken.[/FONT][/COLOR]
  • Hallo liebe Aurelia, es tut mir sehr leid, dass es Dir nicht gut geht. Ich kann es Dir nachfühlen den mir ging und geht es auch sehr oft so wie Dir gerade. Es ist daher sehr wichtig etwas gutes für sich selbst zu tun. Ich bin auch gerade daran heraus zu finden was gerade gut für mich ist. Das Zauberwort ist, sich selbst zu lieben mit allem wen und aber. Gar nicht so leicht wie ich finde, von daher meine ich muss jeder seinen eigenen Weg in die Selbstliebe finden. Ich versuche mir meine positiven Seiten vor Augen zu halten, z.B. das ich das was ich mache gut mache und ich Stolz auf mich sein kann und mich dann mit einem Buch oder einen Duft belohne. Immer und immer wieder auf meine positiven Seiten sehe und das für mich negative zwar sehe, doch ich versuche es nicht überzubewerten. So wiederhole ich das immer und immer wieder bis es mir zur Gewohnheit werden wird und ich mich nicht immer versuche klein, hässlich und wertlos zu machen. Mal schauen wie weit ich mit diesen Weg komme. Etwas neues ausprobieren und nicht immer das alte wohlbekannte und schmerzhafte Muster stricken. Wir sind es wert die schönen Dinge des Lebens zu leben, es ist an uns es zu wollen. Es ist so wie ich festgestellt habe nicht immer einfach und bequem, wie etwa das Essen, dass ist nur ein kurzes Vergnügen und auch nicht was meine (und vielleicht auch deine) Seele haben will, sondern ganz etwas anderes, vielleicht in den Arm genommen werden, gelobt zu werden, anerkannt zu werden, geliebt zu werden und und und. Somit versuche ich mich selbst zu lieben, mich zu umarmen, mich anerkennen und mich loben für das was ich gut gemacht habe mit allen wenn und aber`s. Ich wünsche Dir liebe Aurelia das Du dich nicht länger traurig fühlst es ist ja Vorweihnachtszeit mache Dir einen schöne Tee, lese ein Buch, kuschle mit deinen Liebsten und behandle Dich gut. Liebe Grüße Wolkenvogel
  • Hallo Aurelia, ich finde nicht, dass deine worte krank klingen, aber sie sind ... entschuldige, das ich das so sage, die typischen Gedankengänge einer essgestörten Frau. Bist du in Behandlung wegen deiner Essstörung? Da geht es NICHT um Ab- oder Zunehmen, sondern um das, was in deinem Kopf geschieht. Du führst permanent Krieg gegen deinen Körper, du hasst ihn, du findest dich hässlich, du knechtest dich mit Diäten! Das ist doch klar, dass du leidest, das ist eine leidvolle Situation. ich wünsche dir, dass du bald Hilfe findest. liebe Grüße Lisa ( ich schreib das nicht so hin, ich schreibe das, weil ich auch eine Esstörung habe und diese Gedanken genauso kenne. Erst in der letzten Zeit hat sich da etwas geändert. )
  • [quote='Aurelia','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=133536#post133536'] [FONT=Verdana] Ich denke, das Leben ist nur lebenswert, wenn man schlank ist. [/FONT] [FONT=Verdana][/FONT] [/QUOTE] Liebe Aurelia, ich gehöre hier zum älteren Semester und möchte Dir nur so viel sagen: Auch ich habe Jahre damit zugebracht, viel viel Energie und Kraft mit sinnlosen Diäten zu verschwenden. Auch ich war zwischendrin schlanker oder schlank, aber letztlich haben mich alle Diäten nicht schlank sondern dicker gemacht. Ohne all diese Diäten wäre ich einfach nur pummelig, oder hätte ein paar Kilos mehr drauf. Aber das ist nicht der springende Punkt. Der springende Punkt ist, wenn ich zurück schaue, dass ich mir mit dem Glauben unbedingt abnehmen zu müssen, mit all den Kämpfen, mit den Selbstzweifeln, mit den vermeintlichen Erfolgen und immer wieder kehrenden Misserfolgen, damit, dass ich mein Selbstwertgefühl und meine Lebensfreude zu einem großen Teil so sehr von diesem einen, völlig unwichtigen Punkt abhängig gemacht habe, so viel Lebenszeit geraubt habe, die mir heute natürlich niemand zurück geben kann. In all diesen Diätzeiten hätte ich statt dessen frei und ohne Selbstzweifel sein können, hätte die Kraft sinnvoller investieren und das Leben genießen können. Würde ich nicht mittlerweile eingesehen und verstanden haben, dass man Fehler (egal welche auch immer) der Vergangenheit nicht rückgängig machen kann, würde mich das schier verrückt machen. Gut, dass ich gelernt habe, dass Fehler nur für eines gut sind: Sie zu erkennen und möglichst nicht noch einmal zu begehen. Deshalb Aurelia, Das einzige was Dir hilft, ist, zu lernen, Dich zu mögen, zu akzeptieren, ja, zu lieben, wie Du bist. Nicht wie Du gern sein würdest, oder erst dann, wenn alles Deinen Wünschen entspricht. Du schreibst: "Meine Figur entspricht nicht dem Ideal das ich in meinem Kopf habe." Ich hatte nicht eine einzige Phase in meinem Leben in der meine Figur meinem Idealbild entsprach. Egal ob mit Größe 34, 36, 38, 40.... und so weiter. Immer war da was, was ich nicht so toll fand. Immer! Jetzt versuche ich auf das zu schauen, was mir an mir gefällt und was noch wichtiger ist, ich schaue auf alles, was ich (noch) kann. Ich könnte jetzt eine lange Wunschliste erstellen mit Wünschen, die mir niemand erfüllen kann - auch ich selber nicht. Wozu sollte ich das tun? Das würde mich nur herunter ziehen und unglücklich machen. Aber die Liste mit dem, was okay bis gut oder sogar sehr gut ist, die macht mich stark und froh und vor allem auch dankbar. Ich brauche bloß an so manche liebe Userin hier zu denken, die froh wäre, sich einfach "nur" normal bewegen zu können... Hör auf Dich zu hassen und fange an zu lernen, dass Du wunderbar bist, so wie Du bist. Einzigartig, ein einmaliges Geschöpf mit Herz, Gefühl und Verstand.
  • Hallo liebe Itsme, :daumen: :daumen: :daumen: Du hast mir aus der Seele gesprochen, wirlich guter Beitrag.:knuddel2: :danke1:
  • Erstmal danke ich Euch für Eure Worte. Auch wenn es schrecklich ist, das es auch andere gibt die so leiden, tut es auch gut zu sehen, dass ich auf dieser Welt nicht alleine bin mit diesen Gedanken! Alles was Ihr schreibt stimmt und doch ist es so ein verdammt harter und langer Weg zur Selbstliebe. Ja, ich mache eine analytische Therapie und diese Gedanken sind immer wieder Thema. Manchmal überrollen mich dich Gedanken einfach und ich weiß gar nicht genau was der Auslöser ist. Ich glaube meistens mein Spiegelbild und meine entsprechende Wertung sind der Auslöser. Ich kann einfach keine positiven inneren Werte an mir finden und dabei bin ich doch viel mehr als nur mein Körper! Ich glaube vieles hat auch mit meiner negativen und ängstlichen Einstellung dem Leben gegenüber zu tun. Seit der Grundschule ist das Leben für mich eine Bedrohung, vor allem soziale Kontakte. Sicher wird das in der Therapie auch nochmal Thema sein. Vielleicht ist es auch mein Weg und meine Lebensaufgabe-der Weg zur Selbstakzeptanz.
  • [QUOTE]Ich glaube meistens mein Spiegelbild und meine entsprechende Wertung sind der Auslöser. Ich kann einfach keine positiven inneren Werte an mir finden und dabei bin ich doch viel mehr als nur mein Körper![/QUOTE] Hallo liebe Aurelia, genau so ist es, im Grunde genommen wissen wir was wir falsch machen, wir müssen nur versuchen in aller Ruhe in uns hineinhorchen und Achtsam sein. Doch ich weiß das ist alles nicht so einfach und braucht Zeit. Versuche einfach nur dein inneres Spiegelbild zu sehen und nicht das äußere. Gehe nicht so grausam mit Dir selbst um, tue dir selbst einen gefallen und sei nett zu dir und nimm die Herausvorderung an dir zu arbeiten an. Liebe Aurelia geh einfach nur kleine Schritte, einen nach den andern und lass Dir Zeit, du wirst sehen es lohnt sich. Liebe Grüße :bigbye: Wolkenvogel
  • Liebe Aurelia, deine Gedanken kenne ich selber nur zu genau. Selbst mit Kleidergröße 34 fand ich mich mit Mitte 20 zu dick und wertlos. Ich bin damals ziemlich abgestürzt, hab mein Studium geschmissen, wollte nicht mehr leben. Und dann hab ich irgendwie die Kurve gekriegt. In einem Metallpraktikum (gehörte damals zur Therapie) habe ich gelernt, dass ich etwas aus eigener Fähigkeit [B]kann[/B], mehr bin als mein Äußeres, ich hatte [B]den[/B] Augenöffner. Es tat so gut, etwas konkret [B]Selbstgeschaffenes[/B] in den Händen zu halten, anzufassen, dran zu riechen, und das Gefühl, etwas erreichen zu können. Klar gab es Späne in den Fingern, Blasen, verkackte Versuche, aber [B]ich war stolz auf mich[/B]. Ich glaube im Nachhinein, dass es diese Erfolgserlebnisse waren, die mir aus dem damaligen schwarzen Loch geholfen haben. Vielleicht lag meine damalige Lebensuntüchtigkeit daran, dass ich zwar einerseits sehr überbehütet wurde, vor allen "bösen" Dingen "beschützt" wurde, also nie lernen konnte, wie es sich anfühlt, eine Schwierigkeit zu meistern, andererseits haben mir meine Eltern in sehr belastenden Situationen nicht helfen könnn oder wollen, wo ich es wirklich gebraucht hätte, und mein Scheitern war dann meine "Schuld". Ich hab dann weitergemacht in der Richtung und habe mein Selbstwertgefühl aus meinen Leistungen, aus meinem Können gezogen, nicht aus irgendwelchen optischen Erscheinungen. Schönheit vergeht, Diplom besteht, heißt es so schön. Natürlich hab ich Rückfälle gehabt. Aus der Magersucht wurde zunächst Bulimie, weil ich mich immer noch für meine Gelüste hasste, und dann wurde daraus Binge Eating, weil meine Seele immer noch hungrig war. In 20 Jahren hab ich mein Gewicht verdoppelt, und das war nicht immer einfach zu akzeptieren. Ich habe für mich aber trotzdem erkannt, dass es mir unangenehm bis verhasst ist, wenn ich aufgrund meines Äußeren Anerkennung bekomme. Ich will [B]respektiert[/B] werden, als Mensch, als Mitarbeiterin, als Kollegin, als Lebens-Partnerin, und nicht weil ich dicke Titten oder eine schmale Taille habe. Sobald ich merke, dass ich Sprüche bekomme wie "Hast du aber toll abgenommen!" krieg ich einen Fressanfall nach dem anderen. Das Fett ist für mich eine Art Burka, die mich als Frau in einer Männerwelt "unsichtbar" macht, die mich vor sexuellen Übergriffen schützt. Ist doch auch irgendwie krank, oder? Ich kann dir keinen Trost geben außer dem, dass sich das alles irgendwann relativiert. Ich kenne deine verzweifelten Gedanken genau am eigenen Leibe, aber aus einem Vierteljahrhundert Entfernung erscheint es mir nur noch surreal. Glaube deinem Freund einfach, auch wenn du dir nicht vorstellen kann, dass er dich so liebt wie du bist. Geschmäcker sind verschieden, nicht jeder Mann will eine Barbie. (Sogar die meisten nicht) Schau dir langjährige und glückliche (!) Paare in deinem Umfeld an. Sind das alles Models, Männlein wie Weiblein? In einer Partnerschaft kommt es auf ganz andere Dinge an als auf den BMI - der ändert sich in den nächsten 30 Jahren sowieso. Das Gesamtpaket muss stimmen. Wenn ein Partner dem anderen seine Figur vorwirft, stimmt schon sehr viel mehr nicht. Das ist dann keine gleichwertige Partnerschaft, sondern ein Macht-Spielchen.
  • Ich komme gerade von einer Geschäftsreise zurück. Ich hatte intensive Stunden mit einer faszinierenden, tüchtigen, klugen, wenn nicht schon perfektionistischen Frau. Sie ist eindeutig untergewichtig und vermutlich schwer essgestört. Ich bin mir sicher dass sich ihre Familie und ihr Mann grosse Sorgen um sie machen. Ich bin mir sicher, dass Ihre Gedanken ähnliche Kreise ziehen, wie deine, Aurelia.
  • Es ist ein wesentlicher Punkt in unserer Gesellschaft, dass alles und jeder und ständig bewertet wird. Es wird zur Pflicht erhoben, sich optimal zu vermarkten, sich vor allen anderen herauszustellen, ob man will oder nicht. Man muss "schön" sein und sich neuerdings in sozialen Netzwerken positiv präsentieren, um nicht abgestraft zu werden. Es gab Zeiten, da stand das Thema Gottesfürchtigkeit/Sittsamkeit ganz oben auf der Hitliste. Entweder man entsprach den Moralvorstellungen, oder musste mit ewiger Verdammnis rechnen, wurde ausgegrenzt und abgewertet. Wir wissen nicht genau, welche Seelenqualen die Menschen früher deswegen gelitten haben, ich stelle es mir aber auch schlimm vor. Ich sag nur Scheidung, Ehebruch, uneheliche Kinder, vorehelicher Sex... Heute ist ganz passend zur Oberflächlichkeit der Werbeindustrie und dem allgegenwärtigen Dogma der Vermarktungsfähigkeit das äußere Erscheinungsbild der Wertmaßstab schlechthin. Ein dem Schönheitsideal entsprechendes Äußeres ist sowohl Soll-Vorgabe als auch Statussymbol. Selbst die tüchtigste, klügste, erfolgreichste Frau muss sich dieser Fleischbeschau unterziehen. Je tüchtiger, klüger und erfolgreicher, um so mehr. Sie muss ja nach außen ihren "Erfolg" (vor allem gegenüber dem widerspenstigen Körper) ständig demonstrieren, ständig in aller Öffentlichkeit beweisen, dass sie nie nie niemals faul, nachlässig, unbeherrscht, gierig, verfressen, trostbedürftig, undiszipliniert, einsam, gelangweilt, unterschichtig, hungrig, körperlich ... ist. Das Ziel heißt "fuckable", also sexuell anziehend. Ich finde dieses Wort einfach nur menschenverachtend, und das hat nichts damit zu tun, dass ich nach landläufigen Masstäben dieses Ziel "fuckable" nicht und niemals erreiche. Ich bin mehr als ein zu fickendes Objekt. Auf der einen Seite wird ein Körperkult getrieben, um den eigenen Körper wie ein industrielles Produktionsmittel zu optimieren und zu perfektionieren, auf der anderen Seite ist alles was echte Biologie ist (Körperbehaarung, Körperfett, natürlicher Geruch, Falten, Narben, Cellulite, Krankheit und Tod usw.) bäh und schmutzig, noch schlimmer als im viktorianischen Zeitalter. Ich glaube nicht, dass sich so schnell etwas daran ändern wird. Die elektronischen Medien prägen zu sehr das Menschenbild durch manipulierte (gephotoshopte) Bilder und gezielte Auswahl von Personen und Themen (gibt es dicke Helden/Heldinnen, Moderator/inn/en? auch nur mollige?), und die Gehirnwäsche fängt ja schon im Kindergarten an. Mir bleibt die private Rebellion - Mein Bauch gehört mir! - und Zivilcourage, wenn Dicke oder sonstwie "hässliche" Menschen angepampt werden.
  • Hi, Sophie, ich stimme dir so zu: Es ist mehr, ich sehe sogar einen Zusammenhang zwischen der weiblichen Emanzipation und der Eroberung weiter Freiräume , dass nun die Figur - und hier die extrem schlanke Figur - wieder so eine starke Rolle spielt. Wenn einem gegenüber einer intelligenten, fähigen Frau nix mehr einfällt, was man sagen könnte, dann sagt man ihr: "Du bist fett!" Und was macht frau? Geht ins stille Kämmerlein und beginnt einen verzweifelten Diätkampf gegen ihren Körper. Wenn wir die Energie, die wir in die Perfektionierung unseres Körpers stecken in die Veränderung der Welt stecken würden, dann könnten wir die Welt verändern! Natürlich ist das nicht gewollt.... und wie gesagt, vom Kopf her weiß ich alles so 100% und wie gesagt, DU hast soooo Recht.... nur: Wie bringe ich diese kleine böse Stimme zum Schweigen in mir? Diese kleine Stimme, die flüstert, wenn es mir schlecht geht: " Kein Wunder, kein Mensch kann dich lieben mit diesem Schwabbel und schau dich mal an, wie fett und hässlich du bist weil du alles in dich reinstopfst wie ein Schwein....blablabla...." Ja, diese Stimme sagt hässliche Sachen, drückt sich drastisch aus und ist gemein und hinterfotzig ( ich hoffe, das triggert jetzt niemanden). Wichtig wäre, sie zum Verstummen oder zumindst zum Leiserwerden zu bringen.... hat das jemand ganz geschafft? ( ich bin gerade wieder so dabei, schreibe gleich in einem eigenen thread warum) liebe Grüße Lisa
  • Diese Stimme kenne ich auch. Ich habe sogar mehrere von der Sorte mit ganz entgegengesetzten Zielen. Die eine sagt "Bist du aber fett und hässlich." Die andere sagt "Putz dich nicht so raus, du machst nur die Kerle scharf. Selbst schuld, wenn du belästigt wirst." Ich glaube nicht, dass die jemals schweigen werden. Ich bin schon glücklich, wenn es nur noch ein Gemurmel ist. Vermutlich hat jeder Mensch auf diesem Planeten, abgesehen von Babys und Dementen, solche Einflüsterer. Nur der Text ist ein anderer. Die Generation unserer Großeltern hatten wohl ständig ein "Was sollen die Leute nur sagen! Bist du eine schlechte Hausfrau! Die Fenster sind noch nicht geputzt, und die Wäsche ist auch nicht die weißeste in der Straße" im Ohr. Die Nonne im Mittelalter hat sich vielleicht wegen der unzüchtigen Gedanken beim Anblick halbnackt schuftender Bauern verabscheut, wer weiß...:grins: Mir hat oft geholfen (Leute es gibt auch Tage, an denen fühle ich mich scheiße), wenn ich diese Stimme anhöre. Nicht befolge, aber erst mal zur Kenntnis nehme. Wer redet da? Ist es die jahrelang eingeimpfte Moral? Sind es geheime Wünsche? Dann relativiert sich oft eine Neigung zu schwarz-weiß-Denken, oder ich setze ganz bewusst andere Prioritäten (wie bei deinem Schwestern-Thread: die Freude am Zusammensein ist wichtiger als ein Kindheitstrauma), manchmal bleibt aber auch nichts als hilfloser Zorn und ein "Scheiße, weitermachen!"
  • Diese Stimmen kenne ich auch. Meine hat sich was ganz lustiges ausgedacht. Sie sagt mir immer, dass ich garnicht bin was ich zu sein vorgebe. Du bist doch gar keine gute Mutter, du tust nur so. Du wirst doch gar nicht geliebt, das bildest du dir doch nur ein. Intelligent... ja klar?! usw. usw. Die Fakten interessiert diese Stimme kein bisschen.
  • "Du bist nicht, was du zu sein vorgibst." Und wenn schon! Wer ist das überhaupt? Und wer weiß schon, was/wer er/sie wirklich ist. Wie es drinnen aussieht, geht niemand was an, das ist allein deine Entscheidung. Und wenn du gerne mehr davon zeigen möchtest, wie es drinnen aussieht, kannst du auch diese Entscheidung treffen. "Du bist keine gute Mutter, du tust nur so." Letzten Endes zählen doch nur die Taten. Du bist vielleicht nicht die [B]perfekte[/B] Mutter, aber die [B]gibt[/B] es schlicht und erfgreifend nicht. Wer definiert überhaupt, was eine "gute Mutter" ist? Wer sein Kind liebt, der züchtigt es mit der Rute, hieß es früher. Gewaltfrei erziehende Eltern galten als schlechte Eltern. Hat sich ziemlich überholt. Entscheidend ist nur, was am Ende dabei herauskommt. Ein Kind kann vielleicht eher zu einem glücklichen Menschen heranwachsen, wenn es die Eltern (Mutter) als Mensch mit allen Fehlern und Schwächen erlebt, als als unerreichbare Ikone. Wenn du einem armen Menschen hilfst, aber nicht im Herzen 100%ig davon überzeugt bist, ist das dem armen Menschen erst mal scheißegal, ihm wurde geholfen. "Du wirst gar nicht geliebt, du bildest dir das nur ein." Weil du dich nicht selber liebst, und der irrigen Annahme bist, alle anderen Menschen auf dieser Welt müssten deiner Meinung sein? Wenn ich mich geliebt [B]fühle[/B], ist es doch gut so, weil es gut tut. Aber es kann nicht jeder immer und ununterbrochen lieben und anbeten und einer Meniung sein. Wenn im Großen und Ganzen genug Liebe für mich rüberkommt, sind gelegentliche Differenzen völlig unbedeutend un kein Zeichen für Nicht-Lieben. Ich hab mal in einem Film (?) einen Satz gehört: "Ich höre Stimmen, aber ich hör nicht auf die, die wollen mich nur verarschen." Hat was.
  • ich habe etwas über den "inneren Kritiker" gelesen. Das ist der Name, den die Psychologen dieser inneren Stimme geben. Im gegensatz zur Selbstkritik ist dieser "innere Kritiker" eher destruktiv. Ist ja eigentlich auch daselbe, ob die Stimme "Du bist fett!", "du bist eine schlechte Mutter!" oder sonstwas Gemeinees sagt. ich kann jetzt hier keine Seite verlinken, weil ich keine ohne komerziellen Hintergrund gefunden habe. liebe Grüße Lisa
  • [quote='Lisa Cortez','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=133704#post133704']ich habe etwas über den "inneren Kritiker" gelesen. Das ist der Name, den die Psychologen dieser inneren Stimme geben. Im gegensatz zur Selbstkritik ist dieser "innere Kritiker" eher destruktiv.[/QUOTE] Ich glaube, ich kenne eine dieser Seiten, die heißt psychotipps. Der "innere Kritiker" wurde geboren aus der Verinnerlichung der äußeren Kritiker und wird genährt durch Selbsthass. Ich frage mich oft, warum manche Menschen mehr und manche weniger von diesem Kritiker gepeinigt werden. Möglicherweise hat es etwas mit der mehr oder weniger starken Ich-Stärke zu tun. Und da scheint auch noch ein Teufelskreis zu wirken: Ich kann mich nicht leiden, ich misstraue meinem eigenen Urteil, ich höre auf den Kritiker, also kann ich mich noch weniger leiden, und der Kritiker wird immer lauter. Wenn ich mein Leben lang eingetrichtert bekomme, dass ich nichts wert bin, und dass ich nur dann ein guter, wertvoller, liebenswerter Mensch bin, wenn ich schlank/blond/erfolgreich/aufopferungsvoll/unegoistisch/nobelpreisverdächtig... (nach Belieben ergänzen) bin, verleibe ich mir dieses Urteil ein wie einen eingewachsenen Glassplitter im Fuß, der bei jedem Schritt noch über Jahre schmerzt. Diesen Splitter wieder rauszubekommen, ist eine elende Fummelei und tut saumäßig weh. Das schafft nicht jeder auf Anhieb. Aber es ist auch nicht sooo schlimm, wie man manchmal fürchtet. Und es tut einfach nur gut, wenn der Schmerz nachlässt.
  • Im Moment gehen mir wieder so viele Dinge durch den Kopf. Ich bin dankbar eine Therapeutin gefunden zu haben, mit der ich wirklich über Alles reden kann und der ich wirklich vertraue. Bei gegebener Zeit werde ich weiter berichten, was die Essstörung bei mir für eine Funktion hat. Ich merke wie die Therapie Erinnerungen weckt, die ich schon lange verdrängt hatte. Bezüglich der Schonheitsideale und Medien ist mir letztens wieder aufgefallen wie früh gerade Mädchen dafür sensibilisiert werden. Man muss nur mal durch die Spieleabteilung gehen und findet Spielzeuge die "Topmodel" oder ähnlich heißen. Einfach nur erschreckend!
  • [quote='Aurelia','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=133743#post133743']Ich merke wie die Therapie Erinnerungen weckt, die ich schon lange verdrängt hatte.[/QUOTE] Das muss aber raus, sonst frisst es dich von innen auf. Wenn du Begleitung durch eine zu dir passende Therapeutin hast, bist du dabei viel geschützter, als wenn es bei absolut unpassender Gelegenheit völlig unkontrolliert herausbricht. Ich selber bin Überlebende sexueller Gewalt - ich vermeide absichtlich den Begriff "Opfer" - und ich konnte es viele Jahre nicht ertragen, auch nur daran zu [B]denken[/B]. Bei völlig unpassender Gelegenheit bin ich in einem Gespräch dermaßen getriggert worden, dass ich heulend zusammengebrochen bin. Ich habe danach über mehrere Jahre hinweg dieses Trauma aufgearbeitet, und mittlerweile habe ich zwar noch die eine oder andere Macke deswegen, aber ich kenne den Grund, und habe für mich zu 80% damit abgeschlossen. Es tut nur noch wenig weh. Wenn ich das aber immer weiter verdrängt hätte, wäre ich vermutlich irgendwann noch weiter abgestürzt als so schon.
  • Auch auf die Gefahr, dass ich nerve. Gerade habe ich wieder Sachen anprobiert, die mir definitiv nicht mehr passen und schwups komme ich wieder in diese Gedankenkreisläufe. Wieso mache ich das überhaupt? Ich kann mir einfach beim besten Willen nicht vorstellen, dass mich mein Freund so lieben und begehren kann. Ich fühle mich so schwach, dass ich mich "so hab gehen" lassen und das ich im Moment so disziplinlos bin. Diese Speckrollen ekeln mich an. Gleichzeitig finde ich es auch total daneben von mir, dass ich mich immer nur über mein Äußeres definieren möchte. Bei anderen Menschen ist mir das doch auch total egal, wieso ist es bei mir selbst denn nicht so? Wieso finde ich mich nur schlank hübsch? Oh man, das macht mich gerade so was von fertig. Als ob es nichts wichtigeres im Leben geben würde, als die Figur......... Ich habe das Gefühl, dass sich diese Gedanken erst durch die Abnehmerei so richtig entwickelt haben. Denn davor war ich auch nicht schlank, aber es war mir irgendwie herzlich egal, was die anderen über meine Figur denken. Ich habe immer gedacht, wenn Du einen Partner hast wird er dich so lieben wie du bist. Naja gerade schäme ich mich schon wieder so für das was ich hier schreibe. Ich frage mich auch, warum ich immer so hart mit mir ins Gericht gehe? Wieso quäle ich mich bloß so? Danke fürs Zuhören.
  • Hallo Aurelia, du brauchst dich nicht zu schämen, wenn diese Gedanken kommen ist es besser Mensch lässt sie raus. Dann kann Mensch sich mit den Gedanken beschäftigen und merkt das sie meistens nicht richtig sind. Auch mir kommen manchmal solche Gedanken, sie sind mir von meiner Mutter eingebläut worden. Wenn du dünner bist hat dein Mann dich noch lieber. Wir sind nun über 29 Jahre verheiratet und er lebt immer noch mit seinem puscheligen Hausdrachen. Gruß Melisah
  • Ich merke leider nicht, dass die Gedanken nicht richtig sind. Ich merke nur wie ich an mir leide. Am liebsten würde ich gerade meine Partnerschaft beenden, weil ich ihm nicht zu muten will, dass alle anderen sehen wie ich zugenommen habe und er sich dafür schämen muss. Mir graut es vor Weihnachten, meine Eltern wieder zu sehen, generell Leute wieder zu sehen, die ich lange nicht gesehen habe, weil sie sehen, dass ich wieder dick geworden bin. Ich fühle mich so unwohl in meinem Körper. Mein Leben fühlt sich an wie ein großer Kampf. Wie komme ich bloß aus diesem Gefängnis raus....