Freifahrtsschein für Völlerei?

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  • Hallo Asphyxia! Ich war vor ein paar Jahren einmal wieder an dem Punkt, dass ich es mit einer Therapie versuchen wollte weil ich merkte dass ich alleine keinen Weg finde. Ich habe mir von einer Beratungsstelle für Eßstörungen (ANAD) eine Therapeutenliste geben lassen (nach einem Beratungsgespräch) und dann angefangen abzutelefonieren. Bei den kassenzugelassenen Therapeuten war nichts zu machen, in einer Privatpraxis dagegen konnte ich umgehend einen Termin bekommen. Ich war so verzweifelt, dass ich sogar bereit war, die Therapie selbst zu bezahlen. Das war dann aber nicht nötig, denn der Privattherapeut sagte mir, ich könne eine Übernahme der Therapie durch die Krankenkasse beantragen. Und das war tatsächlich möglich! Der Therapeut hat mir bestätigt, dass es dringend ist und ich mußte nur der Krankenkasse nachweisen, dass ich bei 3 Therapeuten die mir von der Krankenkasse vorgeschlagen wurde, keine Termin bekomme, bzw. bei einer Therapeutin war ich bereits Jahre zuvor einmal ohne Erfolg gewesen. Mir wurde dann ohne irgendwelche Probleme 26 Stunden bei dem Therapeuten genehmigt. Ob das nun ein Ausnahmefall war und wie hoch die Chancen dafür sind, weiß ich nicht. Alles Gute Claudia
  • Diesen Tipp halte ich für wertvoll, denn ich habe von dieser Möglichkeit schon mal gehört, fällt mir jetzt ein, wo ich deine Zeilen lese, claudiathomas . . . :daumen: @Asphyxia --- bleib dran, mir hat meine Therapie sehr geholfen!
  • Danke, für eure Hinweise und Tipps. In meiner Umgebung gibt es nur zwei approbierte Therapeuten, die werde ich mal antelefonieren. Ansonsten arbeite ich auf einem Campus mit vielen Krankenhäusern und Praxen. Sicherlich gibt es auch hier in der Nähe gute Leute. Das mit der Übernahme eines privaten Therapeuten hat meine Kasse bereits verneint. Darf ich fragen, bei welcher Krankenkasse du bist, claudiathomas?
  • Eine Krankenkasse wird nie von vornherein pauschal die Kostenübernahme bei einer privaten Therapie zusagen. Du musst schon nachweisen, dass du es zwar versucht hast, aber bei den "erlaubten" Therapeuten kein Termin möglich ist. Das schrieb claudiathomas ja auch so. Wenn du diesen Nachweis bringen kannst, wird kaum eine Kasse ablehnen, vor allem wenn ein Arzt die Notwendigkeit der Therapie zusätzlich bestätigt. Ein kleiner Hinweis auf Folgekosten bei Nicht-Behandlung wirkt dann zusätzliche Wunder.
  • Hallo Asphyxia, ich bin bei der AOK. Wie Sophie auch schrieb, ging der Weg in der Reihenfolge, erst mir von der Krankenkasse mehrere Therapeuten vorschlagen zu lassen und diese dann abzulehnen. Es war so, dass ich bei einer bereits eine erfolglose Therapie hinter mir hatte und bei den beiden anderen entweder bis auf weiteres keinen Termin bekommen habe bzw. gar nicht erst vernünftig Kontakt aufnehmen konnte, habe mehrmals vergeblich versucht dort jemanden zu erreichen, bekam keinen Rückruf. Mein privater Therapeut in spe schrieb dann etwas über die Dringlichkeit meines Falles, dass es nicht zumutbar sei dass ich so lange warte. Ich weiß noch wie wohltuend das erste Telefonat mit ihm war. Er fragte wie oft ich Eßananfälle habe, und ich sagte mindestens einmal täglich. Und dann sagte er, dass ich dann ja einen enormen Leidensdruck hätte und schnell Hilfe brauche. Das einmal so zu sehen, also echtes Mitgefühl zu bekommen, nicht als diziplinloser Versager betrachtet zu werden, sondern als jemand der wirklich leidet und Hilfe braucht, hat mir so gut getan! Und so viel Hoffnung gegeben. Der Vollständigkeit halber möchte ich erwähnen, dass mir die dann folgende Therapie nicht ausreichend geholfen hat. Ich habe dort nicht lernen können, den Eßdruck zu lösen, sondern die Therapie zielte darauf ab, den Eßdruck auszuhalten. Die Wirkung war ähnlich wie vielleicht bei einem Magenoperierten, der das Essen nicht mehr als Ventil hat, um sein seelisches Leid abzudämpfen. Beim seelischen Leid selbst habe ich nicht die Hilfe bekommen können, die ich gebraucht hätte, und mir ging es seelisch und körperlich immer schlechter. Weder mein Therapeut noch ich selbst haben diese Zusammenhänge damals erkannt, und damals war ich auch noch nicht so weit, die Therapie in Frage zu stellen statt mich selbst. Ich war vor allem eine brave Patientin. Aber das nur am Rande, vielleicht als Anstoß, sich wirklich die Freiheit zu nehmen, die probatorischen Sitzungen auszunutzen, um zu schauen ob der Therapeut passt. Augen auf bei der Therapeutensuche. Aber dafür war ich halt zu verzweifelt Andererseits denke ich mir, ich persönlich habe vielleicht die Erfahrung gebraucht, dass Aushalten und Disziplin eben nicht die Lösung meines Problems sind, sondern mich sogar krank machen. Ich habe verstanden, dass die Eßstörung lediglich ein Symptom ist, und es bei mir sinnlos und schädlich ist, nur dieses Symptom zu behandeln, ohne zu schauen warum ich überhaupt diesen Eßdruck habe. Heute ist die Eßstörung für mich nur noch eine Randnotiz. Wenn ich viel Eßdruck habe, ist es ein Hinweis für mich, dass gerade etwas schief läuft, dass ich seelische Not habe. Darum geht es eigentlich. Und dann halt darum, wie ich mir WIRKLICH bei meiner seelischen Not helfen kann. Viele Grüße Claudia

    Einmal editiert, zuletzt von claudiathomas () aus folgendem Grund: Textformatierung optimiert

  • Hallo Claudia, klar - am Symptom herum doktern bringt nichts. Das ist logisch. Fraglich ist eben, ob es irgendein Therapeut drauf hat, auch die Ursachen zu finden oder, was mir persönlich viel wichtiger ist, mir quasi beizubringen, wie ich Situationen mit Druck oder seelischem Schmerz anders bewältigen kann als mit Essen oder Alkohol. Beispielsweise fiele es mir schon schwer, mir einen Moment zu nehmen, zu ergründen, woher dieses Verlangen jetzt gerade kommt. Ich vermute mal, dass es schwierig sein dürfte, dahingehend einen passenden Therapeuten zu finden, Krankenkasse hin oder her. Erst mal heißt es ohnehin ausprobieren und scheitern. Und ich bin ganz ehrlich, wenn ich sage, dass ich einen Fehlversuch sicher nicht so leicht wegstecken könnte bzw. weiß ich nicht, ob ich einen Neuen starten würde. Was bleibt also? Popesbacken zusammen kneifen, weiter fahren und beobachten. Das funktioniert derzeitig erstaunlich gut, auch, wenn sich düstere Gedanken so manches Mal nur schwer beiseite schieben lassen.
  • Hallo Asphyxia, um ganz ehrlich zu sein, habe ich in dieser Hinsicht auch wenig positive Erwartungen an klassische Therapeuten. Meine eigenen Erfahrungen mit Psychotherapie waren ja nicht sehr ermutigend. Für mich ist der entscheidende Punkt, den Körper und die Gefühle mit einzubeziehen, und damit dem auf die Spur zu kommen, was da ganz tief in mir bedürftig und verletzt ist. Das habe ich bei keinem Therapeuten finden können, sondern nur bei eigenfinanzierten Maßnahmen. Du schreibst, du hättest schon Schwierigkeiten damit, dir einen Moment zu nehmen um zu ergründen woher dein Verlangen kommt. Bei der Methode, dich ich praktiziere, geht es nicht darum ein Konzept einzuhalten und mich zu zwingen, meinen Essdruck zu analysieren. Sondern man geht immer mit der „äußersten Schicht“. Und die wäre in diesem Moment „Ich will aber jetzt nicht hinspüren, warum ich essen will! Keine Zeit, keine Lust, nervt mich, will nichts davon wissen, ist mir jetzt zu umständlich, bringt doch eh nichts...“ Und das darf da sein, es gibt einen guten Grund, warum ich da nicht hinschauen will! Das darf ich ganz liebevoll wahrnehmen. Ohne Druck. Vielleicht spüre ich erstmal, an was ich merke, dass ich nicht hinschauen will. Vielleicht habe ich einen starken inneren Druck, schnell zu essen, bevor mich irgendwas davon abhalten kann. Vielleicht fühle ich mich dem, was dann vielleicht anklopft, ziemlich hilf- und hoffnungslos gegenüber. Was auch immer. Ich spüre es erstmal nur, ohne gleich eine Lösung dafür parat haben zu müssen. Es geht ganz viel darum, Druck rauszunehmen und liebevoll zu schauen was ist. Besser gesagt: das sind die Aspekte, die für mich persönlich wichtig sind, da ich mir selbst sehr viel Druck mache, alles so gut wie möglich zu machen. Viele Grüße Claudia
  • Es ist vielleicht auch eine zu hohe Erwartung, dass man mit einem tiefverwurzelten seelischen Problem zu einem Therapeuten geht und simsalabim [B]wird[/B] man innerhalb weniger Tage davon befreit. Das klappt vielleicht bei einer Grippe, oder noch nicht mal da, denn es ist letztendlich auch da immer der Patient selber, der mit seinem Immunsystem und der Hilfe des Arztes (der auch nur die Symptome mildern kann), die Viren überwindet. Bei seelischen Leiden gibt es erst recht keine One-fits-all-Behandlung für alle. So wie es unzählige verschiedene Persönlichkeiten und ebenso unzählige Ursachen/Trigger gibt, gibt es unzählige Möglichkeiten der Behandlung. Der Therapeut kann nur [B]Möglichkeiten[/B] aufzeigen, die erfahrungsgemäß bei zahlreichen ähnlich erscheinenden Fällen geholfen haben. Man [B]muss[/B] vieles ausprobieren, oft viele Jahre lang. In bestimmten Situationen hilft das eine, in anderen Situationen das andere. Was wann und wie und warum, kann man nur für sich selber herausfinden, da hilft auch kein Therapeut, Schamane, Priester, Zauberer. Und man muss sich an den Gedanken gewöhnen, dass man [B]immer[/B] ein Lernender, Übender ist, das ganze Leben lang. Mit kleinen Schritten anfangen, üben üben üben, und langsam wachsen. Von jeder Situation, von jeder Begegnung, von jeder unangenehmen Situation versuchen zu lernen. Jeder Mensch, der mir begegnet, ist mein Lehrer. Jeder Fehler, den ich mache, ist mein Lehrer. Jeder Konflikt, den ich durchstehe, ist mein Lehrer. Es gibt kein "fertig auf Knopfdruck/Zauberspruch/Therapiestunde". Man muss bereit sein, immer wieder auf die Schnauze zu fallen und immer wieder aufzustehen, so frustriert man auch ist. Wie ein Kind, das Laufen lernt. Nicht gleich die größten Räder drehen wollen, sondern in sich steigernden Trainingseinheiten sich selber durch Erfolgserlebnisse motivieren. Diese Erkenntnis versuche ich in meiner Signatur zusammenzufassen.
  • [quote='claudiathomas','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131749#post131749']Sondern man geht immer mit der „äußersten Schicht“. Und die wäre in diesem Moment „Ich will aber jetzt nicht hinspüren, warum ich essen will! Keine Zeit, keine Lust, nervt mich, will nichts davon wissen, ist mir jetzt zu umständlich, bringt doch eh nichts...“ [/QUOTE] Wieder einmal ist es so einfach, dass es übersehen und nicht einmal wahrgenommen wird. Das kommt mir gerade vor wie ein Automatismus, der nie infrage gestellt, sondern nur als leidlich hingenommen wurde. [quote='claudiathomas','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131749#post131749']Vielleicht habe ich einen starken inneren Druck, schnell zu essen, bevor mich irgendwas davon abhalten kann. Vielleicht fühle ich mich dem, was dann vielleicht anklopft, ziemlich hilf- und hoffnungslos gegenüber. Was auch immer. Ich spüre es erstmal nur, ohne gleich eine Lösung dafür parat haben zu müssen. [/QUOTE] Der innere Druck, von dem du redest, kommt mir sehr bekannt vor. Ich erinnere mich an ganz schlimme Episoden, in denen ich nicht mal mehr ans Telefon gegangen bin oder es sogar ausgemacht habe, nur, um bloß nicht abgelenkt oder -schlimmer noch- abgehalten werden kann. Aus jetziger Sicht kommt mir das wie eine kranke Trance vor. Als würde man neben sich stehen und nur traurig mit dem Kopf schütteln. Sich in diesem Moment und vor allen Dingen danach nicht innerlich zu zerfleischen, fällt verdammt schwer. Ich glaube auch, dass es ein wichtiger und großer Schritt ist, sich die Last der Perfektion zu nehmen. Perfekt für wen denn, vor allem? Für sich selbst, klar. Aber mittlerweile bin ich so weit, dass ich denke, dass Perfektion vor allem darin begründet liegt, dass man für sich selbst annimmt, eben nicht immer die Kardinalslösung zu haben. Dass man sich nicht selbst dafür auseinander nimmt, weil man es nicht, wie andere vielleicht, gleich oder wenigstens beim zweiten Mal richtig schafft. Das bringt mich aber dann gedanklich doch wieder in die Sackgasse, die ich in meinem Alkoholthread angesprochen habe, nämlich, dass sich das Eingestehen der Fehler und das sich dafür nicht dauernd selbst zu kasteien, nach hinten losgehen kann. So etwas wie eine Larifari - Einstellung "... na und - dann geht halt nicht alles richtig.... Fehler sind da, um gemacht zu werden..." - so sinngemäß. Aber ich gehe stark davon aus, dass ich auch da viel zu eindimensional denke. [quote='Sophie','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131755#post131755']und simsalabim [B]wird[/B] man innerhalb weniger Tage davon befreit. [/QUOTE] Das habe ich tatsächlich mal gedacht. Ich ging davon aus, dass sämtliche Therapeuten in ihrem Studium wohl in geheimem Wissen unterwiesen werden, wie sie sofort und rückstandslos sämtliche seelischen Wehwehchen erkennen und verschwinden lassen. Diverse Erfahrungen von Menschen, die in Therapien waren, haben mir meine Illusion dann aber schnell wieder genommen, weswegen ich keinen großen Elan zeige, mir dahingehend etwas zu suchen. Dabei habe ich wohl zu viel alles-oder-nichts-Denken. [quote='Sophie','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131755#post131755']Von jeder Situation, von jeder Begegnung, von jeder unangenehmen Situation versuchen zu lernen. Jeder Mensch, der mir begegnet, ist mein Lehrer. Jeder Fehler, den ich mache, ist mein Lehrer. Jeder Konflikt, den ich durchstehe, ist mein Lehrer. [/QUOTE] Sehe ich prinzipiell ganz genauso. Nur ist das gerade in Situationen, die sich völlig düster zeigen oder in denen das innere Gleichgewicht keines mehr ist, schwer anzunehmen bzw. umzusetzen. Dann ist erst mal alles [B]nur [/B]noch scheiße und die Sonne scheint nie mehr aufgehen zu wollen. Andererseits ist aufgeben auch keine Option, nicht wahr?
  • Asphyxia, ich geb nochmal was provokantes drauf: warum sollte es dir besser gehen als anderen? Wen kennst du, der frei ist von Macken und Gestörtheiten? Was ist überhaupt Perfektion für dich? Ist dein Drang nach Fehlerlosigkeit nicht schon fast vermessen? Ich meine das nicht wirklich, denn ich verstehe dass du einen grossen Leidensdruck hast. Ich mach hier nur ein bisschen Gedankenspiele. Ich wiederhole mich eigentlich auch nur. Aber es ist wichtig, nicht den Wald hinter den Bäumen zu übersehen. Ich kenne NIEMANDEN, der nicht seinen ganz persönlichen Dämonen pflegt. Nur die Spielarten sind derlei viele. Und bei einem Dicken ist es einfach leider momentan gesellschaftlich verpönt. Heute war ich bei einem Amtsarzt und habe über mein Unvermögen geklagt, mich zu entspannen. Normalerweise kommen da die Standardantwort "machense Sport". Er sagte, dass er super mit Ballerspielen entspannt. Na kucke da. Eigentlich ein gesellschaftliches No no (in meinen Kreisen), beim einem Arzt aber öffnet es einem die Augen. Lass dich nicht ins Bockshorn jagen! Du bist gut so, wie du bist. Dick, dünn oder in welchem Aggregatszustand auch immer. Nur mit dieser Einstellung macht Veränderung Sinn. Sonst verlierst du dich. Und gewinnst nichts.
  • [quote='Knallfrosch','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131818#post131818'] […] Du bist gut so, wie du bist. Dick, dünn oder in welchem Aggregatszustand auch immer. Nur mit dieser Einstellung macht Veränderung Sinn. Sonst verlierst du dich. Und gewinnst nichts.[/QUOTE] Deine Ansprache war zwar nicht an mich gerichtet - sie hat mir aber trotzdem, heute Morgen, gut getan … Danke dafür :smile1:,
  • [quote='Knallfrosch','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131818#post131818'] Er sagte, dass er super mit Ballerspielen entspannt. Na kucke da. Eigentlich ein gesellschaftliches No no (in meinen Kreisen), ...[/QUOTE] Hehe, mach ich auch. Wenn ich mal so richtig entnervt nach Hause komme, sieht mir mein Mann das schon an. "Die armen Untoten..." ist dann nur sein Kommentar. Aktuell hab ich Fallout New Vegas in Arbeit, und Morrowind ist eine hundertmal durchgespielte alte Liebe. Diejenigen, die Computerspiele verteufeln, haben selber noch nie welche gespielt. Da gibt es halt auch sone und solche. Es gibt da echten Scheiß, und es gibt ziemlich anspruchsvolle Games, die ich auch als künstlerisch gelungen bezeichnen würde. Nur weil mit etwas Geld verdient wird, ist es nicht gleich Schrott. In meiner Kindheit waren Karl-May-Bücher verpönt, heute sind es PC-Spiele. Auf Youtube kann man sich zu jedem Spiel mittlerweile "Let's play"-s ansehen (auch da gibt es sone und solche, ich halte Bruugar derzeit für einen der ansprechendsten Lets-Player) und sich ein Urteil bilden. [QUOTE=Asphyxia] Sehe ich prinzipiell ganz genauso. Nur ist das gerade in Situationen, die sich völlig düster zeigen oder in denen das innere Gleichgewicht keines mehr ist, schwer anzunehmen bzw. umzusetzen. Dann ist erst mal alles [B]nur [/B]noch scheiße und die Sonne scheint nie mehr aufgehen zu wollen. Andererseits ist aufgeben auch keine Option, nicht wahr? [/QUOTE] In einer akuten Krisensituation kann man keine Lehren ziehen. Da hat man genug zu tun, um zu überleben. Da heißt es nur, irgendwie den nächsten Tag zu überstehen. Aber irgendwann lässt jeder Schmerz nach, oder man hat etwas Luft, und dann ist der Zeitpunkt da, nach einem Ausweg zu suchen. Wenn ich mir an einer zerbrochenen Flasche die Finger schneide, hat das Pflaster erste Priorität. Danach kann ich mir immer noch überlegen, womit ich die Scherben aufsammele. Ich darf nur nicht bei der ersten Hilfe stehenbleiben, sonst hab ich bald die ganze Wohnung voll Scherben und kann keinen Schritt mehr gehen.
  • [quote='Sophie','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131828#post131828'][…] In meiner Kindheit waren Karl-May-Bücher verpönt, heute sind es PC-Spiele.[/QUOTE] Ich gebe dir Recht – auch wenn ich diese Spiele nicht spiele, aber nur deshalb, weil sie mich nicht entspannen. Soweit ich mich erinnern kann, begann das gesellschaftliche Verteufeln dieser Spiele nach Amokläufen von Schülern die auch solche Spiele gespielt haben … und danach musste etwas gefunden werden (es durfte ja nicht unser Schulsystem sein :rolleyes:). Ich kann mir gut vorstellen, dass ein exzessives Spielverhalten Probleme bringen kann, aber der Verdacht von Aktionspiele und Amokläufen fand ich eher eine mediale Skandalisierung als die Grundlage für eine sachliche Diskussion.
  • Die zugrunde gelegte Kausalitätskette ist jedenfalls zu hinterfragen. Läuft X Amok, [B]weil[/B] er Ballerspiele spielt - oder läuft X Amok, [B]obwohl[/B] er Ballerspiele spielt? Ich glaube eher, dass das exzessive Spielen von Ballerspielen ein laienhafter Versuch der Selbsttherapie ist, der gelingen oder fehlschlagen kann. Es ist einfacher, irgendein Teufelswerkzeug (Comics, Games, Abenteuerromene, Liebesschnulzen...) als Ursache zu brandmarken, als familiäre, gesellschaftliche, schulische, kommunikative Defizite beim Namen zu nennen. Hier geht es oft vordergründig um Zuweisung von Schuld anstatt um Ursachenforschung. Böse Eltern, böse Spiele, aber [B]niemals[/B] böses System! Es macht doch nicht plopp, und ein Junge wird zum Amokläufer, dahinter verbirgt sich immer eine längere persönliche Leidensgeschichte.
  • [quote='Knallfrosch','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131818#post131818']Asphyxia, ich geb nochmal was provokantes drauf: warum sollte es dir besser gehen als anderen? Wen kennst du, der frei ist von Macken und Gestörtheiten? Was ist überhaupt Perfektion für dich? Ist dein Drang nach Fehlerlosigkeit nicht schon fast vermessen? Du bist gut so, wie du bist. Dick, dünn oder in welchem Aggregatszustand auch immer. Nur mit dieser Einstellung macht Veränderung Sinn. Sonst verlierst du dich. Und gewinnst nichts.[/QUOTE] Zum zweiten Mal für heute - danke dir! Zum Großteil der Zeit sehe ich das tatsächlich auch so. Da kommen sogar fast arrogante Anflüge in mir hoch. Weil ich WEIß, was ich kann, was ich in Kopf und Herz habe und dass die Hülle dazu auch nicht allzu unansehnlich ist. Aber ich SPÜRE es eben nicht (immer). Das sagte ich auch soeben in meinem anderen Thread. Vermutlich eine Art Übungsprozess. Umso länger "die guten Phasen" andauern, desto eher kann ich es auch annehmen und leben. Vor allem auch dann, die schlechten Phasen als Ausnahmen sehen und nicht andersherum. Das Thema Spielen rennt bei mir übrigens offene Türen ein. Ich glaube, ich bin dieser ganzen Leidenschaft schon vor 15 Jahren verfallen. Mal mehr, mal weniger, mal exorbitant viel. Es ist durchaus eine Entspannung - den Kopf abschalten, sich auf eine völlig andere Welt einlassen - genial. :) Bei mir ist es übrigens das böse und allseits verteufelte "World of Warcraft", gerne aber auch mal, wie bei dir, Sophie, ein netter Zombieschnetzler. Das macht Luft. Genauso wie bunte Japano - RPG Welten mit allen Fantasiegestalten, die dazu gehören. Dass Spiele die Menschen zu Mördern werden lassen, finde ich genauso an den Haaren herbeigezogen. Ganz, ganz früher war es die Heavy Metal Musik, die rückwärts abgespielt, dazu aufrief, seine Eltern abzuschlachten, dann war es Counterstrike. Ich bin gespannt, was noch kommt. Die Umstände, das System und den Druck, den es auf jeden ausübt, anzuprangern - ha!, wo würden wir da bloß hinkommen?
  • Was mir in der letzten Zeit auffällt, ist der immense Leistungs- und Konkurrenzdruck, der sich überall breit macht. Nicht nur in der Arbeitswelt, sondern bereits in der Schule, und auch in den Familien. Als ich als Jungingenieurin angefangen hab, konnten die Werker auf der Nachtschicht zwischendurch mal ein Schläfchen machen - zu Beginn der Schicht ordentlich hinlangen, dann war die Box voll, und es hat für ein Nickerchen um 2 Uhr gereicht. Heute ist alles so durchrationalisiert, dass noch nicht mal richtig Zeit zum Pinkeln ist. Genauso in den Büros. Vor zwanzig Jahren hat niemand die Worte Burnout oder Mobbing gekannt, heute sind das Volkskrankheiten. Aber nicht die Leute sind krank, sondern das System. Überall muss es "wirtschaftlich" sein, sogar in der Medizin. Wer da nicht mithalten kann oder will, gilt dann als Verweigerer, zu "entsorgender" Minderleister, bestenfalls "krank". Immer muss man besser dastehen als die Anderen (zumindest nach außen hin). Natürlich versuchen Eltern, ihre Kinder für das System abzurichten. Und kein Wunder, wenn da der eine oder andere austickt. Als ich 19-20 war, gab es noch keine Ballerspiele, aber mein Vater hat seine Dienstwaffe im Büro eingeschlossen, so durchgeknallt war ich. So etwas nicht zu erkennen, ist eigentlich das einzige Versäumnis, das man den Eltern der jugendlichen Amokläufer vorwerfen kann. Dieses ganze Gefühl der Unzulänglichkeit, Minderwertigkeit, das viele von uns unterschwellig mit sich herumtragen, kommt glaub ich von diesem [B]lebenslänglichen Konkurrenzkampf[/B]. Mein Haus, mein Auto, mein Burnout. Und von Frauen wird zusätzlich noch ein optisches Schaulaufen verlangt. Meine Diät, meine OP, meine Depression. Junge Männer richten ihre Aggression und Verzweiflung nach außen, junge Frauen "fressen" ihr Leid lieber in sich hinein und entwickeln die eine oder andere Essstörung.
  • [quote='Sophie','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131916#post131916'] Dieses ganze Gefühl der Unzulänglichkeit, Minderwertigkeit, das viele von uns unterschwellig mit sich herumtragen, kommt glaub ich von diesem [B]lebenslänglichen Konkurrenzkampf[/B]. Mein Haus, mein Auto, mein Burnout. Und von Frauen wird zusätzlich noch ein optisches Schaulaufen verlangt. Meine Diät, meine OP, meine Depression. Junge Männer richten ihre Aggression und Verzweiflung nach außen, junge Frauen "fressen" ihr Leid lieber in sich hinein und entwickeln die eine oder andere Essstörung.[/QUOTE] Dem ist absolut nichts mehr hinzuzufügen. Wobei ich mich dann doch immer öfter und eigentlich ständig frage: Muss es nicht zwangsweise eine Balance für jeden selbst geben zwischen seinem inneren Frieden und der Größe, sich derlei Druck von außen, vom System, nicht zu beugen und trotzdem "standesgemäß" durchs Leben zu gehen?
  • Genau so isses. Jeder hat seine eigene Balance. Manchmal ist die sehr kippelig, machmal stabil wie ein Brückenträger. Was genau einem zuträglich ist, muss jeder selbst erspüren. Ein Indiz kann die seelische Gesundheit sein. Je mehr ich mich von meinem eigentlichen Balancezustand entferne, um so mehr muss ich leiden. Seelisches Leid kann auch noch durch äußere Umstände erzeugt werden, was die Suche nach dem Balancepunkt noch erschwert, bzw. diesen verschieben kann. Ich hab mal mit einer Unternehmensberaterin gearbeitet, die die Motivstrukturanalyse anwendet. Dabei geht es um 18 "persönliche Antreiber" wie Status, Religion, Freiheitsstreben usw, die sich zwischen zwei Extremen (ganz wichtig - ganz unwichtig) bewegen können. (Kuckstu msaprofil) Die individuelle Auspunktung soll dann die Struktur der persönlichen Motive im Leben darstellen. Man muss nicht gleich eine Beratung buchen (halte ich für Abzocke), aber es kann aufschlussreich sein, für sich selbst mal über diese 18 Motive zu meditieren, eine Rangliste aufzustellen, was einem am wichtigsten und am unwichtigsten ist und vor allem warum: weil das meinem Wesen entspricht, oder weil es meiner "Rolle" entsprechen [B]soll[/B]. Vielleicht fehlt ja auch ein wichtiges Motiv in der Liste. Das meine ich mit "überall Honig saugen". Wenn mir irgendwas/irgendwer begegnet, versuche ich, daraus eine persönliche Wachstumsförderung zu ziehen.
  • Das erinnert mich ein bisschen an ein Buch, über das ich gestern etwas gelesen habe und eine Art Vortrag, den ich vom Autor gestern Abend bei Youtube sehr fasziniert gelauscht habe. (Vielleicht sagt dir der Name Veit Lindau ja etwas?) Dabei ging es auch um eine Art Antreiber, er nennt es einfach nur Werte. Um alles wiederzugeben, war es einfach zu viel. Was ich aber am spannenstens (weil wieder so herrlich einfach) fand: Zu schauen, wann ich nach meinen eigenen Werten, nach meinen Überzeugungen handle und wann nicht. Wann bin ich so und so, nur weil andere das erwarten oder weil mein Job das voraussetzt. Es ging ihm also im Integrität, was ich so selbst noch nie gesehen habe. Klar, rennt jetzt sicher keiner mit dem Holzhammer los und brüllt den Chef an. Aber ich denke, wenn man sich bemüht, größtmöglich nach seinem Denken und seinem Herzen zu handeln, ist das auf Dauer Balsam für die Seele. "Honig saugen" - gefällt mir. :) Ich betrachte das immer als Karma sammeln (ja, einen leichten Eso - Spleen habe ich irgendwie auch). Ganz sicher ist es so, dass alles irgendwie nicht nur auf eine Art und Weise zurückkehrt zu einem selbst, sondern dass man egal, an welchem Mist, der einem auch immer passiert, nur stärker werden kann. In ganz doofen Situationen natürlich schwer zu erkennen. Das hat mir in der letzten Zeit übrigens auch geholfen, nicht wegen jeder Mücke in die Luft zu springen. Ich schätze, ich gehe dauerhaft viel zu wütend durch die Welt, weil ich mir nicht im Reinen bin. Klar, dass das für Spannungen mit sämtlichen Mitmenschen sorgt.
  • Ich habe auch die Angewohnheit, meinen Schmerz in Wut umzuwandeln. Schmerz lähmt, macht handlungsunfähig, wehrlos. Wut putscht, treibt an, lässt mich weiterlaufen. In kleinem Maße funktioniert das prima. Etwas Zorn braucht schließlich jeder Revolutionär ;) Zwar habe ich im Laufe langjähriger Übung und mit extrem geduldigen Trainingspartnern gelernt, nicht jeden Konflikt mit persönlicher Betroffenheit => Schmerz => Wut und den Fäusten zu führen, sondern auf verbaler sachlicher Ebene. Man kann schließlich nicht bei einer Verhandlung mit dem Arbeitgeber eine Schlägerei anfangen. Aber das geht mir auch nicht so stark unter die Haut. Aber ab einer gewissen Belastungsgrenze (die je nach Tagesform auch unterschiedlich sein kann) weiß ich auch nicht mehr wohin mit der ganzen Wut und explodiere. Meine Wutanfälle sind legendär, aber weiter bringt einen sowas unter zivilisierten Menschen ja auch nicht wirklich. GSD habe ich mich mittlerweile so im Griff, dass ich emotionale Situationen verlassen kann, bevor ich Schaden anrichte. Wer mich kennt, weiß, dass ein "Ich. Will. Über. Dieses. Thema. Nicht. Mehr. Reden!" bei mir auch definitiv so [B]gemeint[/B] ist, und dass jedes weitere Nachhaken höchst riskant wäre. Ich hab aber auch keine Probleme damit, nach dem Gewitter um Verzeihung zu bitten. Das mag man als "Charakterfehler" bezeichnen, für mich ist es ein notwendiger Überlebensmechanismus, ohne den ich heute nicht mehr am Leben wäre. Aber ich arbeite dran.
  • Ich glaube, derlei Charakter"fehler" müssen sein, sonst wären wir alle nur noch Klone unserer selbst. Es ist doch auch ein Zeichen von Charakterstärke zu vermitteln, dass irgendwann der Punkt erreicht ist, an dem man über dieses oder jenes Thema nicht mehr reden möchte und die Menschen dann auch genau wissen, dass es hässlich werden kann, wenn gebohrt wird. Ich bin da nicht viel anders, nur dass ich nicht in die Luft gehe, sondern beginne, die Menschen zu ignorieren - egal, wer es ist und wie sehr ich ihn/ sie liebe. Wenn eine Grenze überschritten ist, wird's fies. Da unterscheide ich auch nicht.
  • Für mich sind diese Dinge auf keinen Fall Charakterfehler, sondern, im Gegenteil, eher ein Zeichen von Charakter und Stärke, vor allem, wenn man, wie Sophie, dann auch noch in der Lage ist, um Verzeihung bitten zu können. Für mich ist das ein Zeichen von persönlicher Größe. Und die sehe ich bei euch beiden. Wollte ich einfach mal sagen.
  • [quote='Angelina','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=131975#post131975'] Für mich ist das ein Zeichen von persönlicher Größe. Und die sehe ich bei euch beiden. Wollte ich einfach mal sagen.[/QUOTE] Vielen Dank. :LG: Solche Worte bedeuten mir sehr, sehr viel.