Selbstbewusstsein vs. Arroganz

Ein gesundes Selbstbewusstsein ist ja bekanntlich in nahezu allen Lebenslagen von Vorteil. Dazu gehört meiner Meinung nach das realistische Einschätzen von Stärken und Schwächen, aber auch Kritk - und Selbstrefexionsbereitschaft. Sich zu akzeptieren wie man ist, mit allen Ecken und Kanten, sich nicht ständig mit scheinbar besseren, hübscheren, erfolgreicheren Menschen zu vergleichen etc. Aber ich habe immer wieder festgestellt, dass der Grad zwischen selbsbewusst und arrogant ziemlich schmal sein kann bzw. dass selbstbewusste Menschen teilweise schon als arrogant wahrgenommen werden. Also für mich beginnt Arroganz da, wo ein Mensch denkt das Leben drehe sich nur um ihn, er sei die personifizierte Perfektion, alle die was anderes behaupten haben prinzipiell keine Ahnung von nichts. Leute, die sich auf jeder Party in den Vordergrund drängen und sei es durch peinliche Aktionen, die eine Krise bekommen wenn sie mal nicht der strahlende Mittelpunkt des Raumes sind, der überall rumerzählt wie toll und geil er sich findet und generell an den Oberflächlichkeiten des Lebens orientiert ist. Jemand der von sich sagt: Ich habe keine Schwächen! Ich teile zwar Kritik aus, aber bin selbst perfekt. Solche Menschen empfinde ich als so anstrengend im Umgang, es ist manchmal zum verrückt werden. Egal woher sie das übersteigerte Selbstbewusstsein ziehen. Also wo ist die Grenze?

Die Grenze finde ich recht einfach zu definieren: Selbstbewußtsein: Der Begriff ist positiv behaftet - und somit für mich auch das Auftreten. Arroganz: Der Begriff ist negativ behaftet - und somit auch das Auftreten. Alles was bei mir als unangenehm, überzogen und/oder aufdringlich empfunden wird, gehört daher bei mir schnell in die Kategorie Arroganz.

Meiner Erfahrung nach steckt hinter der Behauptung, jemand käme arrogant rüber, oft Neid. Ich war früher schüchtern und wurde öfters als arrogant angesehen, fand das sehr verletzend. Heute sehe ich das Negative, das seitens des Absenders dahintersteckt und würde es eher als Kompliment betrachten, würde mich jemand so bezeichnen ;) - ich weiß ja, dass ich es nicht bin.

Selbstbewusstsein ist für mich, wenn jemand sich annimmt, sich selbst akzeptiert, sich liebt, sich seiner Stärken, aber auch seiner Fehler, beziehungsweise seiner Unvollkommenheit bewusst ist. Sich seiner Selbst bewusst sein, schließt ja eben auch mit ein, dass ein Mensch weiß, dass er auch Schwächen hat. Arroganz schließt es aus, seine Schwächen zu sehen. Aber wie ein Mensch wahrgenommen wird, muss nicht das sein, was er wirklich ist. Oft kommen Menschen als arrogant herüber, die in Wahrheit eher unsicher sind. Sie schützen sich, indem sie die Rolle der Selbstbewussten spielen. Ebenso können von Natur aus eher ruhige Menschen, als schüchtern oder vielleicht arrogant herüber kömmen, bis man sie näher kennen lernt und merkt, dass sie ein gesundes Selbstbewusstsein haben.

[quote='Brit','http://das-dicke-forum.de/forum/index.php?thread/&postID=91598#post91598']Meiner Erfahrung nach steckt hinter der Behauptung, jemand käme arrogant rüber, oft Neid. Ich war früher schüchtern und wurde öfters als arrogant angesehen, fand das sehr verletzend. Heute sehe ich das Negative, das seitens des Absenders dahintersteckt und würde es eher als Kompliment betrachten, würde mich jemand so bezeichnen ;) - ich weiß ja, dass ich es nicht bin.[/QUOTE] Neid worauf? Darauf, dass jemand evt. Schüchternheit durch Arroganz überspielen muss? Deine Aussage versteh ich nicht so ganz. Da hätte ich eher Mitleid.

Nein, natürlich nicht neidisch auf Schüchternheit, ich hab mich da offenbar unklar ausgedrückt; der zweite Absatz bezieht sich nicht auf den ersten. Neid auf das, was eben in den Augen anderer beneidenswert erscheint, meinte ich; es gibt doch vieles, das Neid erregen kann. Die Schüchternheit oder Unsicherheit hat übrigens kaum jemand bemerkt, ich wirkte eben nur recht still - und arrogant. Wer mich kannte, wusste schon, dass ich es nicht war, aber andere ließen sich täuschen.

Ein von Natur aus stiller Mensch muss nicht schüchtern oder ohne Selbstbewusstsein sein und ein eher extrovertierter Mensch nicht arrogant. Jeder Mensch ist anders. Ehe man nur nach dem Augenschein urteilt, sollte man sich die Mühe machen, einen Menschen kennen zu lernen. Das geht leider nicht immer und leider ertappe ich mich - wie wahrscheinlich die meisten Menschen - auch dabei, dass ein Mensch, der einen arroganten [I]Eindruck[/I] macht , in meinem Kopf auch als Arrogant wahrgenommen wird. Ebenso wie alle anderen Eigenschaften, die man vermeintlich auf den ersten Blick wahrnimmt. Aber ein Mensch ist eine Million mal mehr, als das, was man auf den ersten Blick sieht. Ich vergleiche einen Menschen gern mit einem Buch, welches nie beendet ist, also auch nie ausgelesen. Immer spannend, mit unendlich vielen Kapiteln, immer wieder überraschend und neu. Ein abschließendes Urteil kann man sich erlauben, wenn man dieses Buch ganz gelesen hat. Da es aber unendlich lang ist, kann man es nie mit einem abschließenden Urteil belegen.

Es stimmt, ich habe selbst schon ganz oft Korrekturen des ersten Eindrucks vornehmen müssen, und manchmal bin ich NACH diesen Korrekturen irgendwann DOCH wieder da gelandet, wo ich am Anfang war. Ein Mensch ist wirklich ein sehr komplexes Wesen, und nicht allzu viele machen sich ja überhaupt die Mühe, bewusst hinter die Fassade, hinter die Masken, die Mauern des Selbstschutzes zu blicken. Mag ja auch sein, dass für so manchen, der selbst unsicher ist, ein stabiles Selbstbewusstsein schon eine Arroganz beinhaltet, die der Träger des selbstbewussten Verhaltens an sich selbst nicht wahrnimmt. So hab ichs bisher nie gesehen ... hm ...