Auseinandersetzung mit den Eltern?

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  • [font=Comic Sans MS][color=DarkGreen]Dann werde ich wohl mal die ernsten Themen eröffnen :rolleyes: Wenn man davon ausgeht, dass der Grundstein für unsere Essstörungen in der Kindheit und in den meisten Fällen auch im Elternhaus gelegt wurde, stellt sich mir eine Frage: Kann man die Essstörung überwinden, ohne sich mit seinen Eltern auseinander zu setzen? Dass dies nicht mehr möglich ist, wenn die Eltern bereits verstorben sind, ist klar. Aber was ist, wenn die Eltern noch leben? [b]Muss[/b] ich mich (um meiner selbst Willen) mit ihnen auseinander setzten, sprich Gespräche führen oder kann ich das Thema auch still für mich aufarbeiten? Wieso ich auf diese Überlegung komme: Ich habe ein sehr gestörtes Verhältnis zu meinem Vater. Gestern war ich enorm schlecht gelaunt und so richtig auf dem Kriegspfad und da er mich um einen Rückruf gebeten hatte, dachte ich mir: „So! Jetzt ruf ich ihn zurück. Und wenn er mir nur einmal doof kommt, sag ich ihm ein paar Takte dazu und leg dann einfach auf. Das geb ich mir nicht mehr.“ Ich war wirklich höllisch aufgebracht, hatte mir meine Worte auch schon zurecht gelegt. Ich rief ihn also an und was geschah? Er fragte mich, wie es mir ginge und als ich sagte: „Nicht so gut.“ nahm er mich ernst. Sonst habe/hatte ich immer das Gefühl, dass er nur eine immer glückliche, problemlose Tochter akzeptiert, aber gestern war es anders und letztendlich hatten wir ein tolles Gespräch, das fast eine Stunde dauerte. Als ich auflegte, war ich nahezu glücklich. Das letzte Mal gesehen hatten wir uns vor einiger Zeit, als wir 3 Stunden spazieren waren und auch danach fühlte ich mich gut. Und da wird mir wieder bewusst, wie gerne ich ein gutes, unbefangenes Verhältnis zu meinem Vater hätte. Aber sobald wir längere Zeit keinen Kontakt haben, steigt die Wut in mir wieder hoch. Was denkt ihr? Werde ich jemals Ruhe finden und meinen Frieden mit ihm schließen können oder muss ich ihm irgendwann mal alles an den Kopf werfen? Ich weiss echt nicht, was hier der beste Weg ist...... Habt ihr Erfahrungen gemacht? Babs, die sich hier endlich wieder wie in einem geschützten Raum fühlt :)[/color][/font]
  • Hallo Babs, ich denke, daß es jeder für sich aufarbeiten muß. Egal, ob die Eltern noch leben oder nicht. Zumindest habe ich das in meiner Theraphie gelernt. Noch habe ich ihnen nicht alles verziehen (mein Vater lebt auch nicht mehr), aber einen Teil, und es hat mit gut getan. Eine meiner Erfahrungen, mein Therapeut bat mich, herauszufinden, warum eine gewisse Sache, so in meiner Kindheit abgelaufen war. Also fragte ich damals meinen Vater, er sagte erbost "da mußt Du Deine Mutter fragen" und 2 Tage später hatte er einen Herzinfarkt. Er behauptete, dieser sei meine Schuld, weil ich ihn sowas gefragt hätte. Also habe ich ihn nicht mehr mit "solchen Fragen" belästigt. Und versucht, meinen Frieden mit ihm zu schließen. Ebenso wie mit meiner Mutter. Und das ohne die beiden. Was bringen denn jetzt noch Schuldzuweisungen? Das ist halt mein persönlicher Weg.
  • [QUOTE=MissSilver]Was bringen denn jetzt noch Schuldzuweisungen? [/QUOTE] [font=Comic Sans MS][color=DarkGreen]Ich spreche auch nicht von Schuldzuweisungen. Es ist nur so, dass mein Vater z. B. nicht versteht, dass ich eine schwere Essstörung habe. Für ihn bin ich immer 'sein kleines, dickes Mädchen'. Und da frage ich mich: "Wäre es wichtig, dass er versteht, was ich habe und warum ich so dick geworden bin oder lasse ich es auf sich beruhen und versuche, alleine damit klarzukommen und mich dann über das 'kleine, dicke Mädchen' nicht mehr zu ärgern." Ich möchte mit meinen Sorgen von ihm ernst genommen werden. Er hat aber ein großes Problem damit, mich so zu sehen, wie ich heute bin. Eine erwachsene Frau, die nicht mehr alles schluckt und immer das glückliche Kind spielt. Ich weiss nicht, was hier der richtige Weg ist. Hmmm....iss wohl schwer zu erklären :( Babs [/color][/font]
  • Liebe Babs, ein schwieriges Feld. Vielleicht schildere ich einfach mal meine Erfahrungen. Bei mir ist vor allem meine Mutter der Knackpunkt in meiner Essstörung. Das ist mir zum ersten Mal richtig bewusst geworden, als ich 1990/91 zweimal in einer Stationären Therapie war. In dieser Zeit habe ich sehr viel geredet und sehr viel geschrieben. Auch an meine Eltern. Die waren damals Anfang 60. Ich will dir auf keinen Fall den Mut nehmen, aber ... bei mir war es, geradeheraus gesagt, sinnlos. Zumindest was die Außenwirkung betrifft. Mein Vater, ein Mensch, der nie gewöhnt war, über Gefühle zu reden (und es auch zeitlebens nicht getan hat ... er ist 1995 gestorben), hat dazu geschwiegen. Meine Mutter war einfach nur hilflos. Ich dachte zuerst, das ist nur eine Anfangsreaktion, irgendwann kommen wir schon noch ins Gespräch. Dem war aber nicht so. Heute, 15 Jahre nach diesen ersten Versuchen, ist mein Fazit: Ich habe wirklich alles versucht. Ich habe geredet und geschrieben, ich habe geweint und gebrüllt, ich war traurig, ich war aggressiv ... alles vergeblich. Meine Essstörung muss ich allein be- und verarbeiten. Oft bin ich darüber sehr, sehr wütend gewesen. Es ist, als renne ich gegen eine unsichtbare Mauer. Die einzige Reaktion, zu der meiner Mutter sich hin und wieder hinreißen ließ, war ein trotziges "ja, ich weiß, ich hab alles falsch gemacht". Damit kommt man natürlich auch nicht weiter. Und schon gar nicht ins Gespräch. Aber weil ein Kind nie aufgibt, das von seinen Eltern haben zu wollen, was es nie bekommen hat (auch wider besseres "Erwachsenen"-Wissen), wage ich auch heute noch manchmal einen Versuch. Erst letztes Wochenende wieder, als meine Mutter zum Geburtstag meiner Tochter hier war. Aber die Mauer stand wieder sehr schnell. "Essstörung" - sowas gibt es in der Generation meiner Eltern nicht. Das muss ich immer wieder erkennen. Es geht einfach über den Horizont meiner Mutter sich vorzustellen, dass man nicht frei entscheiden kann, was man isst und was nicht. Ein Stück weit habe ich ihr auch verziehen und meinen Frieden mit ihr gemacht. Sie kann auch nicht aus ihrer Haut. Und sie wird nicht ewig leben. Ich versuche, die Zeit, die wir jetzt miteinander verbringen, zu genießen. Was kann ich dir raten? Im Grunde nur das: tu was du fühlst. Wenn dir nach Reden ist, rede. Wenn dir nach Heulen ist, heul. Wenn dir nach Brüllen ist, brüll. Es wird dir ein bisschen Luft verschaffen. Aber erwarte nicht zu viel. Es kann funktionieren, dass ihr ins Gespräch kommt - muss aber nicht. Das Gute daran ist aber, dass man wenigstens in dem Bewusstsein lebt, dass man es versucht hat. Denn wenn die Eltern erstmal gestorben sind, ist diese Möglichkeit weg. Erwachsen werden, sich um sich selbst kümmern, die Essstörung überwinden, das kann man auch allein. Meistens muss man es sogar. Ich weiß nicht, ob es weniger schwierig wäre, wenn meine Eltern mitgezogen hätten. Vermutlich ja. So muss ich diesen Weg allein gehen. Aber ich gehe ihn. Und darauf bin ich auch ein bisschen stolz.
  • Liebe Babs, die Frage habe ich mir auch schon gestellt. Immer wieder. Und bis jetzt bin ich noch nicht zu einem wirklich zufriedenstellenden Ergebnis gelangt.:genervt: Vielleicht ist es eine Mischung aus beidem? Ich habe das Problem ja mit meiner Mutter (Vater kannte ich nicht) und habe schon öfter mal versucht, über meine Kindheit und die Eßstörung mit ihr zu sprechen. Allerdings enden diese Gespräche ausnahmslos mit Vorwürfen meinerseits und Rechtfertigungen und Gegenvorwürfen ihrerseits. Weil mir die Themen sehr nahe gehen, kann ich dabei auch nicht wirklich cool bleiben, leider. Denn dadurch schafft es meine Mutter immer, mich in die Rolle des überempfindlichen, trotzigen Kindes zu drängen und am Ende habe ICH die Schuldgefühle, daß ich eine solch grausame Tochter war. Trotzdem bin ich der Ansicht, daß ich meiner Mutter sagen muß, was [u]meiner Meinung nach[/u] nicht gestimmt hat bei uns. Ich brauche das für mich, um einiges - wenigstens teilweise - "loszuwerden". Was wir dann beide daraus machen, ist wieder eine andere Geschichte und liegt in unserer eigenen Verantwortung, d.h. da ist dann jeder für sich. War das einigermaßen verständlich? :gruebel: [i]Aufarbeiten[/i], denke ich, mußt du die Vergangenheit eher für dich. Aber du bist [b]nicht[/b] allein dafür verantwortlich, wie euer Verhältnis [i]heute[/i] aussieht. Daran müßt ihr beide arbeiten.:) Liebe Grüße Micha [size=8]die jetzt erst mal 'nen Kaffee braucht[/size] :kaff:
  • Für mich persönlich würde es wohl nichts bringen, das Gespräch mit meinen Eltern zu suchen. Wir haben seit Jahren keinen Kontakt mehr, aus unterschiedlichen Gründen. Als ich meinem Vater vor einigen Wochen einen Brief schrieb und ihm meine Sicht der Dinge (wegen einer anderen Sache, meine Brechsucht kam gar nicht zur Sprache) ein bisschen nahelegen wollte, antwortete er mir und entschuldigte sich bei mir. Das freute mich zwar einerseits, andererseits aber habe ich mich nicht geöffnet, um eine Entschuldigung zu bekommen. Deshalb werde ich wohl mein eigentliches Hauptproblem nicht mit meinen Eltern besprechen können. [QUOTE=frauvonheute][font=Comic Sans MS][color=DarkGreen]Ich spreche auch nicht von Schuldzuweisungen. [/color][/font][/QUOTE] Mir geht es auch nicht um Schuldzuweisungen, sondern einfach um das offene Gespräch, erklären, wer man ist, was man ist, warum man so ist. So sachlich wie möglich. Aber alleine die Erfahrung mit dem anderen Thema, das mich noch beschäftigt zeigt mir, dass mein Vater Schuldzuweisungen verstehen wird, auch wenn ich ihm keine Vorhaltungen machen möchte. Ohne es zu wollen, würde ich ihn in eine Verteidigungsposition bringen, aus der ich ihn wieder hervorholen müsste. Und ich fürchte, das wäre noch viel schwieriger für mich zu bewältigen, als die Situation, wie sie jetzt ist, anzunehmen und unter die Vergangenheit für mich ohne weitere Auseinandersetzung mit den Eltern einen Schlussstrich zu ziehen.
  • [QUOTE]Wir haben seit Jahren keinen Kontakt mehr, aus unterschiedlichen Gründen.[/QUOTE] Sowas macht mich immer wahnsinnig traurig ... genauso wenn ich höre, dass Geschwister keinen Kontakt mehr haben. Ich weiß, dass es manchmal der bessere Weg ist, den Kontakt abzubrechen ... auch um sich selbst zu "retten" ... aber traurig finde ich es doch. Es war doch mal eine Familie. Und ich habe trotz aller Verwerfungen immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Blut eben doch dicker ist als Wasser. Geht da wirklich gar nichts mehr bei euch?
  • [QUOTE=Sally]Geht da wirklich gar nichts mehr bei euch?[/QUOTE] Ich würde schon gerne wieder Kontakt aufnehmen, insbesondere da ich mir meiner eigenen Grenzen bewusst bin und auch klar abgesteckt habe, wer diese wie weit betreten darf.
  • [font=Comic Sans MS][color=DarkGreen]Danke für eure Gedanken und dir, Sally, für deinen langen Erfahrungsbericht. Ich finde es interessant, dass die meisten von euch Probleme mit ihren Müttern haben/hatten. Meine Mutter ist – Gott sei Dank – seid 4 Jahren in Therapie und hat dort ebenso viel gelernt wie ich in meiner. Wir haben ein fantastisches Verhältnis und können über alles reden. Sie wünscht sich auch, dass ich mich mit meinem Vater verstehen würde, drängt mich aber nicht in diese Richtung. Ich bin immer wieder am Überlegen, ob ich zu meinem Vater den Kontakt abbreche und ob es mir dann besser ging. Aber dann reden wir miteinander und nichts kommt so, wie ich es erwartet habe. Meine Therapeutin sagt immer „Wenn sie etwas bewegen, muss der Rest der Familie mitmachen. Oder sich zurück ziehen.“ Er hat sich nicht zurück gezogen, ganz im Gegenteil. Mein Vater sucht vermehrt Kontakt zu mir und dieser Spaziergang zusammen kam von ihm. Wir sind dort das erste Mal – soweit ich mich zurück erinnern kann – alleine unterwegs gewesen. Sonst war immer meine Mutter als „Puffer“ dabei. Ich hatte richtiggehend Angst vor dem Treffen, habe ihn dann aber todesmutig auf einige Dinge angesprochen und er hat toll reagiert. Ist es an der Zeit, meine negativen Gefühle zu überarbeiten? Liegt es hauptsächlich an mir, dass ich mit ihm so ein Problem habe? Geht er vielleicht mittlerweile ganz offen auf mich zu, ich kann es aber noch nicht sehen und anerkennen? Muss ich ihn vom mir errichteten Sockel stürzen, um zu sehen, dass er nicht mehr angsteinflößend auf die erwachsene Babs wirkt? Ich weiss, dass ich ihm immer wieder – wie du, Micha – Kleinigkeiten „beibringen“ muss. Sonst lässt es mir keine Ruhe. Dafür muss er lernen, dass sein altes Bild von mir nicht mehr mit der heutigen Babs überein stimmt. Und da weiss ich nicht, inwieweit er dazu bereit ist. Aber ich muss wohl abwarten und mich weiter langsam vorarbeiten..... und das fällt mir so schwer :( Babs die gleich Therapie hat und jetzt schon weiss, was das Thema sein wird[/color][/font]
  • [QUOTE][font=Comic Sans MS][color=#006400]Aber ich muss wohl abwarten und mich weiter langsam vorarbeiten..... und das fällt mir so schwer [/color][/font][img]http://das-dicke-forum.de/forum/images/smilies/frown.gif[/img] [/QUOTE] Weißt du was? Mich erinnert das so sehr an mich und den Wunsch (oder fast schon Zwang:cool2: ), die [i]Kontrolle[/i] zu haben. Oder anders gesagt, daß meine Mom so reagieren könnte, wie ich es mir seit meiner Kindheit so sehnlich wünsche. [QUOTE][font=Comic Sans MS][color=#006400]Er hat sich nicht zurück gezogen, ganz im Gegenteil. Mein Vater sucht vermehrt Kontakt zu mir und dieser Spaziergang zusammen kam von ihm. Wir sind dort das erste Mal – soweit ich mich zurück erinnern kann – alleine unterwegs gewesen. Sonst war immer meine Mutter als „Puffer“ dabei. Ich hatte richtiggehend Angst vor dem Treffen, habe ihn dann aber todesmutig auf einige Dinge angesprochen und er hat toll reagiert. [/color][/font] [/QUOTE] Das bringt mich auf einen Gedanken (vielleicht liege ich aber auch ganz und gar daneben:peinlich: ): Könnte es sein, daß die für dich neue Reaktion deines Vaters das ist, was dich eigentlich noch mehr ängstigt als das "normale" Verhältnis? Auch wenn das belastend war/ist, hast du doch lange Zeit gelernt, damit umzugehen und bist daran gewöhnt. Das Neue ist dagegen sehr verwirrend; und auch wenn es im Grunde ja sehr positiv ist, vielleicht auch ängstigend? Darauf komme ich, weil ich in meinem Klinikaufenthalt vor 1 1/2 Jahren von meiner Mutter zum allerersten Mal umarmt wurde (jedenfalls seit ich denken kann). Und das war für mich sehr befremdlich. Ich wußte überhaupt nicht, wie ich mit dieser Situation umgehen sollte.:(
  • [QUOTE=Pandora] Könnte es sein, daß die für dich neue Reaktion deines Vaters das ist, was dich eigentlich noch mehr ängstigt als das "normale" Verhältnis? Auch wenn das belastend war/ist, hast du doch lange Zeit gelernt, damit umzugehen und bist daran gewöhnt. Das Neue ist dagegen sehr verwirrend; und auch wenn es im Grunde ja sehr positiv ist, vielleicht auch ängstigend?[/QUOTE] [font=Comic Sans MS][color=DarkGreen] Oh Gott, ja, das könnte stimmen. Ich kenne die alten Muster, habe sie die letzten 30 Jahre gelebt. Der Kontakt zu meinem Vater lief immer nur über meine Mutter, wir haben kaum je direkt miteinander gesprochen und wenn, fühlte ich mich immer unwohl und irgendwie unterlegen. Jetzt ist er plötzlich da. Immer noch nicht in großem Maße, aber es nimmt zu. Auf der einen Seite freu ich mich darüber, denn ich habe das erste Mal das Gefühl, dass er sich für mich interessiert. Auf der anderen Seite weiss ich nicht wirklich damit umzugehen. Ich traue ihm nicht. Ich habe nicht gelernt, frei mit ihm umzugehen und sein jetziges Verhalten als normales Verhalten zu werten. Das macht mir Angst. Ich bin jedes Mal angespannt, wenn ich ihn sehe und dann wird doch alles gut und ich frage mich, warum ich so angespannt war. Wo ich doch selbst bei ihm jetzt oft dagegen halte, wenn er etwas - in meinen Augen - Doofes von sich gibt. Puh, Micha, da hast du mir was zu denken gegeben...... Ich bin grad ziemlich verwirrt... Danke Babs[/color][/font]
  • [QUOTE=frauvonheute][font=Comic Sans MS][color=DarkGreen] Der Kontakt zu meinem Vater lief immer nur über meine Mutter, wir haben kaum je direkt miteinander gesprochen und wenn, fühlte ich mich immer unwohl und irgendwie unterlegen. Jetzt ist er plötzlich da. Immer noch nicht in großem Maße, aber es nimmt zu. Auf der einen Seite freu ich mich darüber, denn ich habe das erste Mal das Gefühl, dass er sich für mich interessiert. Auf der anderen Seite weiss ich nicht wirklich damit umzugehen. ... Ich habe nicht gelernt, frei mit ihm umzugehen und sein jetziges Verhalten als normales Verhalten zu werten. Das macht mir Angst. Ich bin jedes Mal angespannt, wenn ich ihn sehe und dann wird doch alles gut und ich frage mich, warum ich so angespannt war. [/color][/font][/QUOTE] Sag ihm das. Was kann dir passieren? Ich habe die Gelegenheit nie genutzt ... und erst nach dem Tod meines Vaters festgestellt, dass ich als erwachsene Frau nie mit ihm eine Zeit allein verbracht habe, nie einen Spaziergang gemacht, nie Essen gegangen, noch nicht mal ein Telefonat geführt, ohne dass meine Mutter aus dem Hintergrund dazwischenredete. Deswegen: Nutze die Chance! Ich bin sicher, es lohnt sich.
  • Liebe Babs, also ich schließe mich den meisten hier an, dass man wohl eher für sich alleine aufarbeiten sollte. Glücklich ist natürlich derjenige, der so ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat, dass auch eine gemeinsame Aufarbeitung möglich ist. Aber ich denke, das ist eher selten der Fall und auch nicht unbedingt notwendig. Ich persönlich habe den Gedanken und den Wunsch aufgegeben, mit meinen Eltern irgendetwas zu klären, was meine Esssucht angeht. Es hat ewig gedauert, bis ich überhaupt ein paar Dinge aus meiner Mutter heraus hatte, die für mich ziemlich entscheidend klingen für meine seit der Kindheit bestehende Esssucht. Sie erzählte mir zum Beispiel, immer mit einem leichten Vorwurfston in der Stimme, dass ich schon als Baby alles Gesunde abgelehnt hätte. Ich mochte angeblich kaum einen Obstbrei und habe höchstens süßen Bananbrei gegessen. Alles andere hätte ich nicht angenommen. Was aus meiner Sicht völliger Blödsinn ist, denn ein Baby isst irgendwann das Angebotene... wenn der Hunger nur groß genug ist. Sie aber hat mir meinen Willen gelassen... als Baby, als Kleinkind und Kind. Außerdem gibt sie auch zu, dass ich ein anstrengendes Kind war und dass sie mich oft nur mit einem Stück Schokolade hatte ruhig stellen können. Ich war ein schweres Baby, ein moppeliges Kleinkind und ich wurde ein dickes Kind. Und ich wurde recht bald damit konfrontiert, dass ich, so wie ich war, nicht in Ordnung war. Man schleppte mich zu Ärzten, zu den Weight Watchers, zur Akupunktur und sogar Belohnungen wurden mir angeboten fürs Abnehmen. Nun ja...wenn all das was geholfen hätte, wäre ich wohl heute nicht hier unterwegs. :-o Jedenfalls habe ich vor vielen, vielen Jahren versucht, sachlich mit meiner Mutter über die Zusammenhänge zu reden, die ihr Verhalten und mein Körpergewicht haben könnten. Aber mir wurde schnell klar, dass das nichts bringt. Sie fühlt sich sofort zutiefst angegriffen, obwohl ich betonte, dass ich nur nach Erklärungen für mich suche und es mir nicht um Schuldzuweisungen geht. Ich bin überzeugt, sie hat getan, was sie für das Beste für mich hielt. Gespräche dieser Art endeten dann aber gerne in diesem Angriff von ihr: "Mag ja sein, dass ich nicht alles richtig gemacht habe. Aber du willst mich doch nicht etwa dafür verantwortlich machen, was du dir heute so alles in den Mund schiebst, oder? Niemand zwingt dich, zuviel zu essen, dafür bist du ganz allein verantwortlich." Ende der verbalen Ohrfeige. :mad: Bei solchen Gesprächen kann ich nur verlieren. Nicht, weil meine Eltern die besseren Argumente hätten... sondern weil es mir danach nur schlechter geht als vorher. An der Vergangenheit ändern können wir alle nichts mehr. Und ich denke nicht, dass meine Eltern einen Einfluss auf meine Heilung haben könnten. Vorwürfe für die Vergangenheit mache ich ihnen nicht. Weil ich fest überzeugt bin, dass sie nach besten Wissen und Gewissen gehandelt haben. Wofür könnte ich ihnen also böse sein? In dem Sinne habe ich also, um deine Frage abschließend zu beantworten, meinen Frieden mit ihnen geschlossen, ja! Dir wünsche ich alles Gute auf deinem Weg der Aufarbeitung. Deli
  • Wollte noch anmerken, daß das mit den Schuldzuweisungen so gemeint war, daß es wahrscheinlich nur ganz ganz wenige Eltern gibt, die ein solches Gespräch nicht gleich so empfinden. Und schon ist man wieder in der Rechtfertigungs-/Opferrolle. Ihr habt das schon so schön erklärt. Genau so meinte ich es.
  • ich habe zwar keine Essstörung, hoffe aber, hier trotzdem was posten zu dürfen ... Ich habe mit meinen Eltern auch kein Glück. Meine Mutter ist emotional eher wie "Scotch on Ice" - unfähig, Gefühle zu zeigen (obwohl es deutlich besser geworden ist im Gegensatz zu früher. Aber vielleicht bin ich bloß "erwachsen" und nicht mehr ganz so abhängig von dem, was sie mir an Gefühl entgegenbringt - oder eben auch nicht), emotional recht verkümmert. Mein Vater ist zwar ein sehr jovialer Typ aber absolut unfähig, irgendetwas auf die Reihe zu bekommen. Ich mag ihn - habe aber trotzdem seit 2 Jahren keinerlei Kontakt mehr zu ihm. Da sind Sachen gelaufen, die ich so einfach nicht mehr hinnehmen konnte und wollte. Für mich war es also (so rein vom wohlbefinden her) besser, den Kontakt abzubrechen. Ob das für immer so bleiben wird - keine Ahnung. Darum mache ich mir im Moment keinen Kopf. Mit meiner Mutter habe ich mich arrangiert - ich kann sie eh nicht ändern. Ich habe mir oft gewünscht, sie wäre ganz "normal", würde mir Herzlichkeit und "sichtbare" Liebe entgegenbringen, aber das kann sie einfach nicht. Wir haben mal vor ein paar Jahren ein paar sehr gute Gespräche gehabt an dene ich ihr alles vor den Dez geknallt habe, was bei mir seelische Narben hinterlassen hat - seitdem geht es mir besser. Ich habe meinen Frieden mit ihr und ihrer Art gemacht und seitdem Ko-Existieren wir ganz gut. Für meinen Vater empfinde ich keinen Hass oder so - es ist nur so, das ich ohne ihn besser dran bin. Obwohl er mir manchmal fehlt, denn ich habe viele Charactereigenschaften von ihm *g* Aber dafür ist der Bruch (noch) zu heftig. Ok - was ich eigentlich sagen will ist, das ich es mit mir alleine (und meinem Mann und meiner Chefin - die ist nämlich Verhaltenstherapeutin) ausgemacht habe. Ich komme nämlich auch aus Verhältnissen, die die Ein - oder Andere Störung durchaus begünstigen könnten. Das ich nicht in eine Drogensucht, Esssucht, Alkoholismus oder sonstiges gerutscht bin (und es gab dafür Tendenzen), dafür kann ich mir selbst auf die Schulter klopfen - und den paar Leuten, die sich als ich Kind war, um mich und meine Belange gekümmert haben. Und das waren nicht meine Eltern. Meiner Meinung nach muß man (und kann es nur)es alleine packen! Es ist hart. Es ist schmerzhaft. Aber es lohnt sich. Ich bin eine sehr gefestigte Persönlichkeit und die letzten Jahre haben einiges dazu beigetragen. Also - nie den Mut verlieren. Hoffe, ich habe mich verständlich ausgedrückt ... [img]http://das-dicke-forum.de/forum/images/smilies/rolleyes.gif[/img]
  • Ohhh ja, das Mutter-Thema... Auch ich habe mich lange mit der Frage gequält, ob ich Geschehnisse in meiner Kindheit ansprechen soll, das ganze Verhältnis aufzurollen und ihr meine momentane Situation schildern soll. Lange habe ich mich vor diesem Weg geträubt, dann wieder war ich mir sicher, dass ich ihn gehen muss... Und irgendwann habe ich mich gefragt, was will ich denn wirklich, nicht, was erwarte ich von den Treffen sondern was will ich tief in meinem Herzen... Zitat von Sally: [quote]Aber weil ein Kind nie aufgibt, das von seinen Eltern haben zu wollen, was es nie bekommen hat (...) [/quote] Und da kam die Antwort: Ich will geliebt werden, bedingungslos, akzeptiert werden, einfach nur deshalb, weil es mich gibt... Und der Teil in mir, der sich danach sehnt wie verrückt ist das kleine Kind in meinem Herzen und meiner Seele. Das was ich wirklich will, ist nicht mehr zu bekommen, denn die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Ich hätte diese Liebe, Zuneigung und Stärkung [B]damals[/B] gebraucht, als kleines, einsames und unsicheres Kind, das nur weniger sichere Anker hatte und nicht das bekommen hat, was ihm zustand und zusteht. Heute kann ich als starke, erwachsene Frau dieses kleine Kind in den Arm nehmen und trösten, ihm eine sichere und liebevolle Heimat geben, ihm ein Nest bauen voller Wärme. Die Wärme meiner Mutter brauche ich nicht mehr. Wie unser Verhätnis heute ist... total seltsam. Über Dinge, die tiefer gehen als die aktuelle Wetterlage, sprechen wir nicht, da habe ich auch kein Bedürfnis. Ab und zu setzt sie noch ihre Nadeln, sobald ich darauf aber nur leicht offensiv / patzig reagiere, rudert sie zurück, denn das wichtigste in unserer Familie war schon immer, "den Schein zu wahren". Keine Konflike, kein Streit, keine Fehler... das gibt es nicht. Mittlerweile wohne ich mehrere 100 km von meinem Geburtsort entfernt, und es ist gut so. In den letzten Jahren hat sie begonnen, mich zu umarmen, wobei dies echt eine komische Umarmung ist, eher ein steifes "auf Distanz halten". Dann wird sie plötzlich weinerlich, weil ich nun doch so weit entfernt wohne.. die ganzen Jahre, als ich nur 20 km entfernt wohnte, hat sie mich immer nur im tross mit meiner ganzen Verwandtenschar zu Geburtstag besucht, ein offizieller Pflichttermin also, sonst außer diesem Termin kein einziges Mal. Mein Herz sagt zu mir, dass sie nicht weint, weil ich weg bin, sondern sie weint, weil sie merkt, dass vieles in ihrem Leben schiefgelaufen ist und sie mir mittlerweile die Schuld nicht mehr dafür geben kann. Das tut mir leid für sie, denn ich denke, für ein Umdenken ist es nie zu spät, sie könnte ihr Leben wirklich nochmal aufarbeiten, aber das ist nicht meine Sache sondern ganz persönlich ihre, und ich habe damit eigentlich nichts zu tun. Das mag sich nun hart anhören, aber eigentlich empfinde ich es nicht so. Je älter ich werde, desto mehr löst sich die Verbitterung und desto mehr wünsche ich ihr, dass sie ihren "Lebensabend" glücklich und zufrieden verbringen kann. Ich weiss aber auch, dass sie da zuerst bei sich anfangen muss. ...tat gut, das mal niederzuschreiben *lächel* Jesse
  • Oh, man, Babs.... :boah: wieder mal ein Volltreffer.... :keule1: Mein Vater ist auch mein größter Knackpunkt. Das hat sich im Laufe meiner Therapie (bis jetzt) stark herauskristallisiert. Er hat mich nie akzeptiert so wie ich bin. Ich war (noch bis letztes Jahr) der Meinung, dass ich eine fantastische Erziehung genossen hab. Mittlerweile hat meine Therapeutin mir hin und wieder mal den Spiegel hingehalten und ich war schlicht entsetzt. Beispiel: Ich hab in meiner Jugendzeit nie eine Zeit mitbekommen, wenn ich abends wegging. Es hieß immer: Komm nach Hause, wenn es vorbei ist. Ich musste immer meine eigenen Entscheidungen treffen. Es hieß: Das musst Du selbst wissen. Entscheide Du! Damals fand ich das klasse. Sehr modern. In der Therapie bin ich dazu bewegt worden mal darüber nachzudenken, ob ich nicht auch mit allem alleine gelassen worden bin. Meine beiden jüngeren Brüder sind nämlich anders aufgewachsen. Die haben immer eine Zeit mitbekommen, wann sie zuhause sein sollten. Oder: Mein Vater hat mir irgendwann (in meiner Teenie-Zeit) mal gesagt (ich stand wieder mal am Beginn einer Diät): Und wenn Du dann abgenommen hast, dann findest Du auch einen Freund. Das hat mir mehr als alles andere vermittelt, das ich, so wie ich bin, nicht liebenswert bin und hat dazu geführt, dass ich eigentlich nie eine wirklich richtige vernünftige Beziehung geführt hab. Weil ich ja nicht liebenswert bin. :( In unserer Familie ist es nicht üblich Gefühle zu zeigen. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass ich als Kind in den Arm genommen worden bin. Das meine Eltern sich geküsst haben, dass habe ich das erste Mal mit offenem Mund auf ihrer Silberhochzeit gesehen... :boah: Ist das nicht furchtbar? Ich mache mir immer klar, dass meine Eltern nur das Beste wollten - das glaube ich auch. Aber leider hat da so einiges nicht hingehauen. :nee: Als mir so langsam klar wurde, das meine Eltern, speziell mein Vater wahrscheinlich die „Wurzel allen Übels“ (mir ist schon klar, das da auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen) ist, kam die Panik. Ich glaubte, ich muss mit ihm sprechen, alle Dinge aus der Welt schaffen, reden. Das war für mich ganz furchtbar. Weil ich mit meinem Vater nicht reden kann. Wenn ich lese Babs, dass Du mit Deinem Vater spazieren gehst, krieg ich den Horror - wenn ich mit meinem Vater spazieren gehen würde, würden wir uns anschweigen - wir hätten uns nichts zu sagen... Gottseidank hat meine Therapeutin mich beruhigt. Ich [B]MUß[/B] nicht mit meinen Eltern darüber reden. Wichtig ist, dass ich für mich selbst einen Weg finde, herauszufinden wo der Kasus Knaxus liegt und lerne damit umzugehen... Ich [B]KANN[/B], wenn ich will und die Kraft habe, mit Ihnen reden, aber ich muss es nicht. Damit geht’s mir besser. Und je weiter ich mit der Therapie komme, desto mehr kann ich mich mit dem Gedanken anfreunden, vielleicht eines Tages doch mit meinen beiden alten Herrschaften darüber zu reden. Mit meiner Mutter nur viel, viel eher, als mit meinem Vater. Meine Mutter ist da zugänglicher. Mein Vater würde das als Quatsch und meine Einbildung abtun. Und ich merke, dass ich im Moment noch nicht die Kraft habe und das mir die Argumentation total entgleiten würde.... Aber vielleicht kommt das ja noch.... :-o
  • Ich hab versucht mit meinen Eltern zu reden als mir bewußt wurde, dass ich essgestört bin. Das war im letzten Sommer, nachdem ich dieses Forum entdeckte und damit auch diese "dunkle" Seite von mir. Heraus kam, dass es meinen Eltern sehr weh tat, weil sie sich angegriffen fühlten, dass sie aber auch nicht alles verstehen bzw. nachvollziehen konnten, weil ich es auch nicht so gut erklären konnte. Was ich für mich dabei erkannt habe: Meine Eltern haben es wirklich gut gemeint mit mir, ich bin mir sicher, dass sie mich lieben und mir nicht schaden wollen. In vielen Dingen, die in meiner ganz frühen Kindheit falsch gelaufen sind (ich sag nur, bei jedem Weinen meinerseits als Baby wurde mir sofort eine Flasche in den Mund geschoben, bin ich als Kleinkind mal hingefallen, bekam ich zum Trost was Süßes), haben sie einfach aus Unsicherheit oder Unwissen falsch gehandelt. Auch in späteren Jahren ist einiges falsch gelaufen, was ihnen nicht bewußt war, dass es falsch ist - sie sind halt auch "nur" Menschen und Menschen machen Fehler (einer dieser Fehler war z.B. dass sich meine Mutter immer zu dick fand und dauernd auf Diät war bzw. heimlich gegessen hat - ein Fehler, den ich leider genauso wiederholt hab in Anwesenheit meines Sohnes, den ich aber inzwischen versuche wieder gutzumachen - Diät kommt für mich nicht mehr in Frage). Dann sind da noch andere Dinge, bei denen ich mich oft frage, ob vielleicht meine Wahrnehmung falsch ist oder meine Erinnerungen. Es sind keine greifbaren Fakten, sondern unterschwellige Gefühle. Z.B. das Gefühl gar nicht wirklich Teil der Familie zu sein, sondern ein fremdes (adoptiertes?) Kind. Das Gefühl ist rein sachlich gesehen Schwachsinn, ich bin das gemeinsame Kind meiner Eltern - aber es ist da, so lang ich mich zurückerinnern kann (und ich hab meine frühesten Erinnerungen im Alter von 2,5 Jahren!) Ich weiß nicht, was ich gegen diese Gefühle machen soll/kann, aber ich weiß, dass es keinen Sinn hätte, mit meinen Eltern darüber zu reden - ich würde sie damit wahnsinnig verletzen. Auch das Gefühl für meine Eltern nicht "genug erreicht zu haben" ist ständig da. Dabei weiß ich, dass meine Eltern sehr stolz auf mich sind, dass sie sich freuen, weil ich in meinem Beruf so engagiert bin - sie sagen das nicht nur zu mir, sondern auch gegenüber Bekannten/Verwandten. Prinzipiell ist es also so, dass meine Gefühle irgendwie im Widerspruch zu den Fakten stehen, ich aber nicht weiß, wie ich das zusammenbekomme. Während ich das so niederschreibe, denke ich, dass ich da grad 'nen Schlüssel zu meiner ES gefunden hab. Die Frage ist nun nur, wie ich diesen Schlüssel nutzen kann - aber das gehört dann wenn in einen eigenen Thread. Also - langer Rede kurzer Sinn - nein, ich rede mit meinen Eltern nicht mehr über meine ES. Darcy
  • Oh, Eltern... Meine Erfahrungen sind äußerst durchwachsen. Meine "Therapie" bestand daraus, jahrelang keinen Kontakt zu meinen Eltern zu haben, nachdem meine Kindheit nicht rosig war. Zwischen 19 und 29 hatte ich keinen Kontakt, seit ein paar Jahren wieder mit meiner Mutter, aber keinen mit meinem Vater. Mein Vater, puh, eine Geschichte mit vielen Schuldigen und viel Elend und Verletzungen. Nachdem er meine Kindheit durch Cholerik und dergl. nicht nur körperlich zur Hölle machte, warf ich ihm später Mißbrauch vor - aus meiner damaligen Situation, ohne das ich konkrete Erinnerungen hatte, kam er als einziger Schuldiger in Frage, denn er war die große Haß- und Angstperson meiner Kindheit. Nun weiß ich es besser, es waren 2 andere Personen, bei denen ich mittlerweile auch wieder konkrete Dinge weiß, aber damals war mein Vater die alles überschattende Person. Allerdings war der Kontaktabbruch mit ihm nicht schwer, da er schon seit meiner Kindheit nicht mehr mit mir und meinen Geschwistern sprach, weil er und für völlig beschissene Menschen hielt, unglaublich, daß wir ausgerechnet seine Kinder sein sollten. Nun habe ich mich vor 2 Jahren bei ihm brieflich für diesen Vorwurf des Mißbrauches entschuldigt. Von ihm kam keine direkte Reaktion, nur vorsichtig über meine Mutter (die beiden sind nach wie vor gut verheiratet), daß der Brief wohl nicht schlecht angekommen sei. Mein Vater überschattet mich manchmal auch heute noch, das ist eine der Wunden, über die nie genug Haut wächst, damit sie nicht sofort aufreißt. Mit meiner Mutter komme ich soweit zurecht, unsere Beziehung wird enger, allerdings sind wir sehr vorsichtig und reden nur über die vergangenheit, wenn wir beide sicher sind, uns nicht einfach sinnlos anzugreifen, denn wir beide möchten den Kontakt und es geht uns mit dem Kontakt besser als ohne. Sorry, ich schreibe hier und schreibe, dabei war das nicht Thema, aber es mußte mal raus. Mir geht es besser durch den Kontakt mit meiner Mutter, denn unter anderem ich bin nicht mehr nur auf meine eigene Erinnerung, die riesige Lücken von Jahren hat und völlig verzerrt ist, angewiesen. Mit meinen Geschwistern besteht kein Kontakt, schade, ich würde gerne noch andere Versionen meiner Kindheit hören, die ich nun nie erfahren werden. Was ich allerdings bei meinem Vater hoffe, will, fürchte? Ich weiß es selber nicht. Einerseits finde ich es unglaublich, wie er mit mir umging, was für Dinge er gemacht hat mit mir, andererseits habe ich auch ziemlich endgültig zurückgeschlagen. ABER: Kann man das gegeneinander aufwiegen? Oder ist nur unendlich mehr Leid getan worden? Manchmal würde ich gerne ein wenig nach vorne schauen können. Meine Kinder kennen und lieben ihre OMa, aber ich selber kann sie nicht besuchen, wenn ich komme, geht mein Vater für immer aus der Wohnung. Ich verstehe das alles auch nicht. Manchmal weiß ich nicht, woher ich den Mut habe, selber Kinder zu haben! Liebe Grüße Angua, die jetzt mal eine Runde heult
  • [QUOTE=Delisine] Sie erzählte mir zum Beispiel, immer mit einem leichten Vorwurfston in der Stimme, dass ich schon als Baby alles Gesunde abgelehnt hätte. ... Sie aber hat mir meinen Willen gelassen... als Baby, als Kleinkind und Kind. Außerdem gibt sie auch zu, dass ich ein anstrengendes Kind war und dass sie mich oft nur mit einem Stück Schokolade hatte ruhig stellen können. Ich war ein schweres Baby, ein moppeliges Kleinkind und ich wurde ein dickes Kind. Und ich wurde recht bald damit konfrontiert, dass ich, so wie ich war, nicht in Ordnung war. Man schleppte mich zu Ärzten, zu den Weight Watchers, zur Akupunktur und sogar Belohnungen wurden mir angeboten fürs Abnehmen. ... Jedenfalls habe ich vor vielen, vielen Jahren versucht, sachlich mit meiner Mutter über die Zusammenhänge zu reden, die ihr Verhalten und mein Körpergewicht haben könnten. Aber mir wurde schnell klar, dass das nichts bringt. Sie fühlt sich sofort zutiefst angegriffen, obwohl ich betonte, dass ich nur nach Erklärungen für mich suche und es mir nicht um Schuldzuweisungen geht. Ich bin überzeugt, sie hat getan, was sie für das Beste für mich hielt. Gespräche dieser Art endeten dann aber gerne in diesem Angriff von ihr: "Mag ja sein, dass ich nicht alles richtig gemacht habe. Aber du willst mich doch nicht etwa dafür verantwortlich machen, was du dir heute so alles in den Mund schiebst, oder? Niemand zwingt dich, zuviel zu essen, dafür bist du ganz allein verantwortlich." Ende der verbalen Ohrfeige. :mad: [/QUOTE] Wieso warst du bei uns zu Hause? Damals gab es doch noch gar keine moderne Abhörtechnik ... *seufz* Aber im Ernst: Manchmal erschreckt es mich zutiefst, wie sehr sich die Geschichten ähneln. Nur taucht dann irgendwann die Frage auf: Ich kann es nicht ungeschehen machen, also - was lerne ich daraus?
  • [QUOTE=Delisine]Gespräche dieser Art endeten dann aber gerne in diesem Angriff von ihr: "Mag ja sein, dass ich nicht alles richtig gemacht habe. Aber du willst mich doch nicht etwa dafür verantwortlich machen, was du dir heute so alles in den Mund schiebst, oder? Niemand zwingt dich, zuviel zu essen, dafür bist du ganz allein verantwortlich." Ende der verbalen Ohrfeige. :mad: [/QUOTE] Oh je, den Spruch kenne ich auch, ich habe immer, seit ich 12 war, zu hören bekommen, daß ich nun selbst verantwortlich sei, und wenn ich meine, mich totfressen zu müssen, sei daß nicht Schuld meiner Mutter, denn ich bin ein eigenständiger Mensch. Ja, na, mit 12, klar... Liebe Grüße Angua
  • [QUOTE=Sally] Nur taucht dann irgendwann die Frage auf: Ich kann es nicht ungeschehen machen, also - was lerne ich daraus?[/QUOTE] Gute Frage! :gruebel: Vielleicht - selbst nicht so zu werden wie unsere Eltern? Die Fehler nicht zu wiederholen? Unsere Kinder anders zu erziehen - der Kritik immer aufgeschlossen gegenüberzustehen? Zu REDEN (nicht nur) mit den Kindern? Ich denke das ist ein Anfang. Ich für meinen Teil habe zwar keine Kinder, aber ich versuche meiner Freundin, die eine moppelige Tochter hat (mein Patenkind) zu vermitteln, was ich gerade in der Therapie lerne, was mir geschadet hat und was es in mir angerichtet hat. In der Hoffnung, dass sie diese Fehler nicht macht. Bis jetzt bin ich ganz zufrieden.... :ja:
  • [font=Comic Sans MS][quote=Jesse] Und da kam die Antwort: Ich will geliebt werden, bedingungslos, akzeptiert werden, einfach nur deshalb, weil es mich gibt... Und der Teil in mir, der sich danach sehnt wie verrückt ist das kleine Kind in meinem Herzen und meiner Seele. , denn das wichtigste in unserer Familie war schon immer, "den Schein zu wahren". Keine Konflike, kein Streit, keine Fehler...[/quote] [color=DarkGreen] Ich finde in dem, was du geschrieben hast, meine Worte, meine Gedanken, meine Erinnerungen :-o[/color] [quote=Rubensweib]Ich MUß nicht mit meinen Eltern darüber reden. Wichtig ist, dass ich für mich selbst einen Weg finde, herauszufinden wo der Kasus Knaxus liegt und lerne damit umzugehen... Ich KANN, wenn ich will und die Kraft habe, mit Ihnen reden, aber ich muss es nicht.[/quote] [color=DarkGreen] Das kleine Kind in mir wünscht sich so sehr, auch zu seinem Papa einen guten Draht zu haben. Und die erwachsene Frau wünscht es sich vielleicht nicht ganz so verzweifelt, aber sie weiss, dass sie ihrem Vater so ähnlich ist und es so viel an ihm gibt, was sie interessiert. Ich MUSS nicht mit meinem Vater ins Reine kommen, aber ich MÖCHTE. Und wahrscheinlich sind wir auf einem sehr guten Weg. Wenn ich von euch lese, dass ihr teilweise gar keinen Kontakt zu Familienmitgliedern habt, bin ich erschüttert. Dann schaue ich mir meine Eltern an und denke: „Bei all dem Mist in meiner Kindheit, was habe ich dennoch für ein Glück, diese Eltern zu haben.“ [/color] [quote=Rubensweib] Vielleicht - selbst nicht so zu werden wie unsere Eltern? Die Fehler nicht zu wiederholen? Unsere Kinder anders zu erziehen - der Kritik immer aufgeschlossen gegenüberzustehen? Zu REDEN (nicht nur) mit den Kindern? Ich denke das ist ein Anfang. [/quote] [color=DarkGreen] Gerade der Punkt „reden“ ist es! Ich lebe in keiner stummen Partnerschaft und ich würde mir auch keine stumme Familie für meine Kinder wünschen. Ich überlege oft, wie ich meine Kinder erziehen würde. Sicherlich würde ich auch genügend Fehler machen, aber es gäbe auch viele Dinge, die ich anders als meine Eltern machen würde. Ich möchte keine geduckten, von Angst zerfressenen Kinder. Ich möchte meinen Kindern so viel „Gesundheit“ wie möglich mit auf den Weg geben. Und dass ich das schaffe, dafür sorge ich zur Zeit. Babs die höllisch aufgewühlt ist[/color][/font]
  • [QUOTE=frauvonheute][font=Comic Sans MS] [color=darkgreen] [/color][color=darkgreen] Ich möchte keine geduckten, von Angst zerfressenen Kinder. Ich möchte meinen Kindern so viel „Gesundheit“ wie möglich mit auf den Weg geben. Und dass ich das schaffe, dafür sorge ich zur Zeit. [/color][/font][/QUOTE] Ich finde das so schwer. Meine eigenen Muster aus meiner Kindheit sagen immerzu, ich solle einfach zuschlagen bei jedem Widerspruch und jeder vermeindlichen Frechheit. Ich kämpfe so sehr dagegen an, meine Kinder zu schlagen, ich will das nicht. Es ist bei meiner älteren Tochter passiert, aber ich habe die Notbremse gezogen und habe mich heute ziemlich unter Kontrolle. Aber das kostet mich sooo viel Kraft und ich kann nie sicher sein, es einfach zutiefst überwunden zu haben. Immer sitzt es auf dem SPrung, mich einfach zu überrennen als angeblich einfache Lösung. Es kostet mich so viel Kraft, so viel Aufmerksamkeit, soooo viel Lebensmut. Ich will keine angstvollen Kinder, wie ich eines war, Kinder, die nur woanders einen Hauch Freiheit verspüren. Nein, ich schlage meine Kinder nicht, meine kleine Tochter hat niemals auch nur einen Klaps bekommen, meine große auch lange schon nicht mehr, aber ich empfinde den Kampf dagegen als eine unglaubliche Bürde, die ich tragen muss, weil meine Eltern sich nicht unter Kontrolle hatten. Huh, ich kann nicht mehr schreiben
  • [QUOTE=Angua]Ich finde das so schwer. Meine eigenen Muster aus meiner Kindheit sagen immerzu, ich solle einfach zuschlagen bei jedem Widerspruch und jeder vermeindlichen Frechheit. [/QUOTE] [font=Comic Sans MS][color=DarkGreen]Und bei mir war es so, dass Widerspruch/Ärgernisse/Gefühlsausbrüche mit Schweigen bestraft wurde. Meine Mutter war Meisterin darin. Wenn ich etwas "verbrochen" hatte, sprach sie nicht mehr mit mir und wartete, bis ich "um gut' Wetter bat". Und mein Vater animierte mich sogar dazu. "Komm, geh zur Mama und entschuldige dich. Dann ist alles wieder gut." Was für eine Scheiße!!!! :mad: Ich wünschte, ich könnte mehr schreiben, Angua, aber ich habe keine Erfahrungen mit Schlägen. DAS haben meine Eltern nicht getan und ich neige auch nicht zu Gewalt. Heute schreie ich, wenn mir was nicht passt... Bist du in Therapie? Ach Mensch, ich fühl mich grad sehr unbeholfen :(, deshalb nur dies für dich: :troest: Babs [/color][/font]